Unterschrift am 8. Oktober 

England-Bilanz von Thomas Tuchel: Ein Jahr bei den Three Lions

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Am Donnerstag (20:45 Uhr) steht der englische Nationaltrainer Thomas Tuchel gegen Wales bereits zum siebten Mal für die Three Lions an der Seitenlinie. Am heutigen Tag vor exakt einem Jahr unterschrieb der ehemalige Bayern-, Chelsea-, Paris- und BVB-Coach sein Arbeitspapier auf der Insel. Wenngleich der 52-Jährige erst im Januar 2025 offiziell sein Amt antrat, ist die Hälfte seiner Vertragslaufzeit bereits vorüber und auf der von der FA viel beschworenen „Road to 2026“ rückt das Ziel immer näher. Ein guter Zeitpunkt, um Bilanz zu ziehen. Experte Ben Littlemore, Content Manager UK bei Transfermarkt, ordnet die bisherige Entwicklung Englands unter Tuchel ein und wirft einen Blick in die Zukunft sowie auf die WM 2026 in Kanada, Mexiko und den USA.

Wie hat sich Englands Nationalmannschaft unter Tuchel entwickelt?

Ben Littlemore: „Die Reise unter Thomas Tuchel war bisher eine seltsame. Die Leistungen seiner Mannschaft waren insgesamt eher uninspiriert. Diejenigen, die sich nach Gareth Southgate eine Lockerung der Zügel gewünscht hatten, wurden ziemlich enttäuscht. Auch einige personelle Entscheidungen empfanden nicht wenige Anhänger zuletzt als fragwürdig: Newcastles Dan Burn scheint unter Tuchel Stammspieler zu sein, der zweifelsfrei in die Jahre gekommene Jordan Henderson ist weiterhin stark eingebunden und dass ein Spieler wie der aufstrebende Crystal-Palace-Youngster Adam Wharton nicht im aktuellen Kader steht, ist eine mutige Entscheidung. Das letzte Spiel gegen Serbien, ein 5:0-Sieg, war jedoch zweifellos eine enorme Verbesserung und fühlte sich wie ein großer Moment für Tuchel an – die mit Abstand beste Leistung seiner bisherigen Amtszeit.“

Wie wird Nationaltrainer Tuchel mittlerweile in England wahrgenommen?

Littlemore: „Es wird immer Leute geben, die behaupten, dass der englische Nationaltrainer unbedingt Engländer sein muss – das ist ein immer wiederkehrendes, vermeintliches Argument, das ich nicht teile. Dennoch resultiert die Tatsache, dass Tuchel Deutscher ist, darin, dass er unweigerlich schneller und kritischer unter die Lupe genommen wird, sobald die Dinge nicht gut laufen. Sein Standing hierzulande wird im Wesentlichen dadurch manifestiert werden, wie seine Mannschaft sich bei der Weltmeisterschaft schlägt. Klar ist: Die Erwartungen in England sind extrem hoch, vielleicht sogar unangemessen hoch. Ich denke, dass er stark unter Druck geraten wird, wenn er nicht den Titel holt.“

In welchen Bereichen haben Tuchels Three Lions Verbesserungsbedarf?

Littlemore: „Ich denke, Thomas Tuchel muss sich ein klares Bild von der Dynamik seines Mittelfelds machen – speziell darüber, wie er Declan Rice, Jude Bellingham und einen defensiven Mittelfeldspieler mit guter Ballführung in die Mannschaft integrieren kann. Zudem muss das Spiel der englischen Nationalmannschaft insgesamt flüssiger und temporeicher werden. Außerdem sollte er sich zeitnah festlegen, wer seine beiden Innenverteidiger sind. Burn hat für England gute Arbeit geleistet, ist meiner Meinung nach aber noch nicht bereit, bei einem großen Turnier in der Startelf zu stehen. Aber alledem ungeachtet bringt Tuchel den Pokal natürlich hoffentlich trotzdem nach Hause … (lacht).“