Vom Weg zurück ins Leben: Dresdens ehemaliger Stadtschreiber Peter Wawerzinek schrieb „Rom sehen und nicht sterben“ – unser Buch der Woche.

Dresden. Peter Wawerzinek nennt den Krebs einen Überfall auf seine Person. In seinem Körper finde ein Hausfriedensbruch statt. Der Schriftsteller wehrt sich auf die ihm einzig mögliche Weise. Mit Worten. Man müsse dem Schlimmen nur einen neuen Namen verpassen. So nehme man ihm die Allmacht.

Das hat ihm die Großmutter beigebracht. Wawerzinek spricht nicht von Krebs, sondern von Krepel, Kerbe, Krepp, Knubbel, Kummerbeule oder Schietkrätz. Das zerkleinere den Schrecken. Der ist immer noch groß genug angesichts von Chemotherapie, OP-Saal und Intensivstation. Die Sätze bleiben oft unvollständig, wie mit angehaltenem Atem geschrieben.

Erstaunlich lebensbejahender, kraftvoller Text

Die Diagnose gab den Anstoß zu einem Roman. Der Titel „Rom sehen und nicht sterben“ kehrt die Redewendung „Neapel sehen und sterben“ trotzig ins Positive. Auf erstaunliche Weise gelingt dem Autor ein lebensbejahender, kraftvoller Text. Mit Selbstironie und schrägem Humor rettet er sich immer wieder aus der Verzweiflung, die diese Erkrankung begleitet, aus Schmerz, Schwindel, Haarausfall, aus Müdigkeit, Mutlosigkeit und Appetitlosigkeit. Und wenn Wawerzinek in seinem Schneckenhaus der selbst gewählten Einsamkeit tatenlos auf Totenfloß reimt, so fällt ihm doch auch auf, dass im Wort Krebskranker ein Anker steckt. Wer von der Küste kommt, muss das als Zeichen nehmen.