Ob sich die Ergebnisse auch auf den Menschen übertragen lassen, muss erst noch geklärt werden.Ob sich die Ergebnisse auch auf den Menschen übertragen lassen, muss erst noch geklärt werden. Bild: MabelAmber/Pixabay Lisa Seyde Lisa Seyde 09.10.2025 – 15:51 Uhr 4 min

Menschen werden immer älter, doch nicht alle verbringen ihre zusätzlichen Lebensjahre in guter Gesundheit. Daher wird zunehmend daran geforscht, wie wir gesund alt werden können. Schweizer Forschende haben nun einen Mechanismus entdeckt, der wichtige Hinweise liefern könnte. Eine milde Form von Stress, ausgelöst durch bestimmte Bestandteile in der Nahrung, scheint den Alterungsprozess positiv zu beeinflussen – zumindest bei Fadenwürmern.

Als Lebensdauer wird die Zeitspanne von der Geburt bis zum Tod verstanden. Die Gesundheitsspanne hingegen umfasst die Lebensjahre, die wir gesund erleben.

Das Team um Prof. Dr. Anne Spang vom Biozentrum der Universität Basel konnte zeigen, dass winzige RNA-Moleküle, die in der Nahrung der Tiere vorkommen, ihre Gesundheitsspanne verlängern.

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„Diese Moleküle verhindern, dass sich schädliche Proteinablagerungen bilden, die typischerweise mit dem Altern oder Krankheiten zusammenhängen“, erklärt Spang. Die Studie erschien im Fachjournal Nature Communications.

Ernährung als Schlüsselfaktor des Alterns

Schon lange ist bekannt, dass die Zusammensetzung der Nahrung Einfluss auf die Alterung hat. Mit zunehmendem Alter verliert der Körper jedoch die Fähigkeit, beschädigte oder fehlerhafte Proteine zu beseitigen. Diese verklumpen dann und sammeln sich in den Zellen an, wodurch diese wiederum zerstört werden.

Proteinaggregate gelten als Mitverursacher neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson.

Die Basler Forschenden untersuchten den mikroskopisch kleinen Fadenwurm Caenorhabditis elegans, ein bewährter Modellorganismus der Altersforschung. Dabei fanden sie heraus, dass die Würmer durch ihre Nahrung, die aus Bakterien bestehen, doppelsträngige RNA-Moleküle aufnehmen.

Eine ausgewogene Ernährung hält den Fadenwurm C. elegans im Alter fit und gesund.Eine ausgewogene Ernährung hält den Fadenwurm C. elegans im Alter fit und gesund. Bild: Jachen Solinger/Biozentrum, Universität Basel

Die Moleküle aktivieren im Körper eine Art Frühwarnsystem. „Diese Nahrungs-RNAs werden im Darm aufgenommen und aktivieren Qualitätskontrollmechanismen, die vor zellulärem Stress schützen“, erläutert Emmanouil Kyriakakis, Erstautor der Studie.

Milde Belastung als Schutzprogramm

Das Prinzip klingt paradox: Ein leichter Stressreiz hält die Zellen länger gesund. „Der Stress auf niedrigem Level bereitet den Körper besser darauf vor, mit Proteinschäden umzugehen“, sagt Kyriakakis. Die Forscher konnten beobachten, dass durch die RNA-haltige Nahrung ein Prozess namens Autophagie verstärkt wird – ein zellulärer Selbstreinigungsmechanismus, bei dem beschädigte Proteine abgebaut und recycelt werden.

Uns hat überrascht, dass der Darm dabei offenbar mit anderen Organen kommuniziert.

„Die schützenden Effekte sehen wir nicht nur lokal, sondern im gesamten Organismus, etwa in den Muskeln“, so Kyriakakis. Damit löst die Ernährung eine systemische Schutzreaktion aus, die verschiedene Organe erfasst und so den gesamten Körper widerstandsfähiger macht.

Länger gesund – auch bei Menschen?

Insgesamt zeigten die Fadenwürmer mit ausgewogener, RNA-reicher Ernährung im Alter eine deutlich höhere Fitness. „Die RNA-Moleküle in der Nahrung lösen eine systemische Reaktion im Organismus aus, der bestimmte Alterungsprozesse verlangsamt“, fasst Kyriakakis zusammen.

Die Fadenwürmer altern gesünder, ihre Gesundheitsspanne verlängert sich.

Die Studie liefert somit einen weiteren Beleg dafür, dass Ernährung die zelluläre Gesundheit beeinflusst. „Einzelne Nahrungsbestandteile können den Körper dazu bringen, seine Schutzmechanismen zu aktivieren“, erklärt Spang. „Ein wenig Stress ist also gut.“

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Ob ähnliche Effekte auch beim Menschen auftreten, ist noch unklar. Doch die Forschenden halten es für plausibel, dass bestimmte Nährstoffe auch beim Menschen die zellulären Abwehrmechanismen anregen. Klar ist schon jetzt: Was wir essen, bestimmt, wie gesund wir die Jahre erleben.

Quellenhinweis:

Kyriakakis, E., Medde, C., Ritz, D., Fucile, G., Schmidt, A., & Spang, A. (2025): Bacterial RNA promotes proteostasis through inter-tissue communication in C. elegans. Nature Communications.