Berlin – Heute rückten die Auto-Bosse beim Kanzler an. Die Bundesregierung hatte die Chefs von Herstellern und Verbänden am Nachmittag zum „Autogipfel“ geladen, es geht um mehr Schub für Deutschlands wichtigste Industrie. Immerhin einigte sich die Koalition in letzter Minute auf neue Kaufanreize für E-Autos. Doch die Stimmung in der Branche ist schlecht.
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Kurz vor dem wichtigen Termin bei Friedrich Merz (CDU) im Kanzleramt veröffentlichte das ifo-Institut seinen neuen Geschäftsklimaindex für die Autoindustrie. Ein Stimmungsindikator, der die Einschätzung der aktuellen und zukünftigen wirtschaftlichen Lage der Unternehmen erfasst – und der im September wieder deutlich gefallen ist (nachdem sich im Juli und im August die Stimmung noch verbessert hatte).
Konkret sank der Index auf minus 21,5 Punkte – nach minus 15,8 Punkten im August. Dieser Rückgang sei vor allem auf deutlich schlechtere Geschäftserwartungen zurückzuführen, erklärt ifo-Expertin Anita Wölfl: „Hier schimmern erste Anzeichen der Enttäuschung über die neue Bundesregierung durch.“
Die Auto-Unternehmen hätten bislang noch gehofft, dass die Regierung durch wesentliche Strukturreformen den Standort Deutschland wettbewerbsfähiger machen würde. „Diese Hoffnungen sehen sie bislang nicht bestätigt“, so Wölfl. Auch nicht nach dem Koalitions-Gipfel, der keine einheitliche Linie etwa beim Verbrenner-Aus ab 2035 brachte.
Ganze Branche steckt in der Krise
Immerhin: Die Exporterwartungen in der Autoindustrie stiegen laut ifo-Index auf 16,7 Punkte – den höchsten Wert seit April 2023. „Der Rückgang im Geschäftsklimaindex im September lässt sich also nicht auf die unsichere Situation im Außenhandel zurückführen, sondern spiegelt die anhaltende gesamtwirtschaftliche Schwäche in Deutschland wider“, warnt Expertin Wölfl.
Die deutschen Autohersteller stecken in der Krise
Foto: IMAGO/Berlinfoto
Klar ist: Die deutsche Autoindustrie (770.000 Beschäftigte) steckt schon seit Jahren in der Krise. Fast alle Hersteller haben mit Gewinneinbrüchen zu kämpfen, müssen Stellen streichen. Probleme gibt es durch sinkende Verkäufe insbesondere bei den E-Autos. Immerhin: Auf dem Koalitionsgipfel wurden neue Kaufanreize für Elektroautos beschlossen – sie sollen vor allem auf Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen zielen.
Kaufanreiz für E-Autos kommt
Zuvor hatte VDA-Präsidentin Hildegard Müller (58) in BILD mehr „Schwung“ für die E-Mobilität gefordert. Die Zulassungszahlen von E-Pkw seien auf unzureichende Lademöglichkeiten, teuren Ladestrom und die „mangelnde Planungssicherheit“ bei der Kfz-Steuer zurückzuführen. Müller fordert, die Kfz-Steuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge bis 2035 sicherzustellen.
Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer (74) wünscht sich ein Ende der Debatte ums Verbrennerverbot ab 2035 – für mindestens acht Jahre. Wie die Auto-Welt dann aussehe, könne man ohnehin noch nicht wissen. „Also sollten wir jetzt nicht mit einem Hin und Her die Autokäufer, die Autobauer und die Zulieferer verunsichern. Damit gefährden wir unseren Standort“, so Dudenhöffer zu BILD.
Zu den Personen
Anita Wölfl ist Fachreferentin am Münchener ifo Zentrum für Innovationsökonomik und digitale Transformation. Sie arbeitet dort u. a. an Untersuchungen zu Produktmarktregulierung, unternehmensnahen Dienstleistungen, Arbeitsproduktivität und digitaler Innovation.
Prof. Ferdinand Dudenhöffer ist Wirtschaftswissenschaftler und deutschlandweit anerkannter Auto-Experte. Er ist Gründer und ehemaliger Direktor des Center Automotive Research (CAR) in Bochum. Er arbeitete u. a. bei Opel, Porsche, Peugeot und Citroën.