Wie Räume für die Pädagogik des 21. Jahrhunderts aussehen sollten, damit beschäftigt sich die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft in Bonn seit ihrer Gründung. Der Neubau für die Jenaplanschule Weimar Staatliche Gemeinschaftsschule, der im September übergeben wurde, ist nun das erste fertig gestellte Modellprojekt, mit dem die Stiftung unter dem Titel „Schulbau Open Source“ das Wissen für alle Beteiligten aus den Ländern und Kommunen, aus Planung und Pädagogik frei zugänglich macht.

Die Pläne lieferten gernot schulz : architektur aus Köln, die mit Ernst2 Architekten (Stuttgart), Hausmann Architektur (Aachen), dem Ingenieurbüro Hausladen (München), Rabe Landschaften (Hamburg) und Station C23 (Leipzig) zusammenarbeiteten. Die Beteiligten wurden 2020 durch ein VgV-Verfahren ausgewählt. Die Planungsgeschichte der Schule – deren Name auf das pädagogische Konzept Jenaplan hinweist und die über drei Bauten an zwei Standorten für insgesamt 850 Schüler*innen verfügt – begann jedoch bereits bevor die Büros beauftragt waren.

2015 waren es zunächst Eltern, Lehrer*innen und Schüler*innen, die mit Studierenden der Bauhaus-Universität Weimar über Konzepte für den Umbau ihrer Typenschule aus DDR-Zeiten nachdachten. Als StadtLandSchulLabor wurde die Initiative ein Projekt der IBA Thüringen. 2016 wählte die Montag Stiftung die Initiative im Wettbewerb „Inklusive Schulen planen und bauen“ für eine begleitete Phase Null aus. Die Planung und Umsetzung des Ersatzneubaus für die Typenschule begleitete die Stiftung anschließend bis zur Fertigstellung vor wenigen Monaten.

Entsprechend dem Motto „research by design“ wurde der Entwurf immer wieder angepasst. Unter dem Motto „Standards hinterfragen, um neue Standards zu schaffen“ haben alle Beteiligten im von Normen und Vorschriften dominierten Schulbauwesen eine kleine Revolution angezettelt und viele pandemiebedingte Verzögerungen sowie Probleme mit gestiegenen Baukosten überstanden.

Der Neubau besteht aus drei kubischen Häusern mit geschosshohen, rund 400 Quadratmetern umfassenden sogenannten Lernlofts, in denen nun 380 Schüler*innen der Primar- und Sekundarstufe I und II in jeweils drei jahrgangsgemischten Gruppen lernen. Mauerwerk und Beton bleiben unbehandelt, Installationen werden offen geführt, Raumhöhe und -tiefe sind so proportioniert, dass – außer in der Mensa – eine natürliche Lüftung möglich ist. Statt mechanischem Sonnenschutz verschatten die Fenster umlaufende Balkone, die sogar betreten werden können.

Auch die Treppenhäuser stehen vor der Fassade. Sie erschließen die Dreigeschosser an den Giebelseiten und halten die stützenfreien Räume für künftige Umbauten frei. Damit die Möblierung der pädagogischen Entwicklung flexibel angepasst werden kann, ist der Innenausbau vom Rohbau klar getrennt. Um Kostensteigerungen im Rohbau und beim technischen Ausbau aufzufangen, fertigte die Schulgemeinschaft mit Schüler*innen, Eltern und Lehrkräften unter Anleitung einen Teil der Möbel für den Neubau sogar selbst. Statt eines versiegelten Schulhofes umgibt die Schule ein parkähnlicher Freiraum, der auch für die Nachbarschaft zugänglich ist. (fm)

Fotos: Thomas Müller

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