Im Berufungsprozess im Fall Pelicot erhält ein Täter eine höhere Haftstrafe. Er hatte das Urteil aus erster Instanz angefochten – nun muss er allerdings für zehn statt neun Jahre ins Gefängnis. Vor Gericht zeigte er kein Schuldeingeständnis.
Im Missbrauchsfall Gisèle Pelicot in Frankreich hat einer der 51 verurteilten Täter in einem Berufungsprozess eine höhere Strafe erhalten. Das Gericht im südfranzösischen Nîmes verurteilte den 44-jährigen Mann zu zehn Jahren Haft, berichteten französische Medien aus dem Verhandlungssaal. Husamettin D. müsse sich zudem fünf Jahre lang in Behandlung begeben, ordnete der Vorsitzende Richter Christian Pasta an. In dem Berufungsprozess hatte die Staatsanwaltschaft zwölf Jahre Haft für den 44-Jährigen gefordert.
„Stehen Sie zu Ihren Taten“
Der im ersten Prozess zu neun Jahren Haft verurteilte Mann war der einzige von ursprünglich 51 Angeklagten, der auf einem Berufungsprozess bestanden und bis zuletzt seine Unschuld beteuert hatte. In dem viertägigen Prozess stritt er erneut eine Vergewaltigung ab, weil Pelicots Ex-Mann behauptet habe, seine Frau stelle sich nur schlafend, und es handele sich um ein Spiel. Er habe keine Gewalt angewendet. Der Mann zeigte sich vor Gericht weiterhin keiner Schuld bewusst.
Die zu einer feministischen Ikone gewordene Pelicot reagierte empört auf die Aussage des Angeklagten. „Zu welchem Zeitpunkt habe ich Ihnen meine Zustimmung gegeben? Niemals!“, hielt sie dem Angeklagten entgegen. „Stehen Sie zu Ihren Taten und hören Sie auf, sich hinter Ihrer Feigheit zu verstecken“, forderte die 72-Jährige.
Höchststrafe für den Ehemann
In dem aufsehenerregenden Fall waren Ende vergangenen Jahres 50 Männer zumeist wegen Vergewaltigung zu Haftstrafen zwischen drei und 15 Jahren verurteilt worden. Pelicots Ex-Mann Dominique hatte vor Gericht gestanden, seine damalige Frau fast zehn Jahre lang immer wieder mit Medikamenten betäubt, missbraucht und von Fremden vergewaltigen lassen zu haben. Er erhielt die Höchststrafe von 20 Jahren Haft.
Pelicot, die auf einem öffentlichen Prozess bestanden hatte, „damit die Scham die Seite wechselt“, war durch ihren Mut weltweit zu einer Symbolfigur für den Kampf gegen sexualisierte Gewalt geworden.
Zunächst wollten 17 der Verurteilten in Berufung gehen, nur der 44-jährige D. aber hielt daran fest. Dessen Tun hatte Pelicots Ex-Mann wie auch das der anderen Täter ausführlich auf Video festgehalten. 14 dieser Videos waren auch beim Verfahren in Nîmes als Beweise gezeigt worden. Der Vorsitzende Richter hatte das Publikum zuvor gewarnt und sensible Menschen gebeten, den Saal zu verlassen.