Die Teile sind klitzeklein – und doch wird, wenn es kräftig vorangehen soll, gerne von einem „Quantensprung“ gesprochen. Und tatsächlich könnten die Quanten -unteilbare kleinste „Pakete“ von Materie oder Energie – die Wirtschaft kräftig voranbringen, ihr sozusagen einen „Quantensprung“ verpassen. „Quantencomputing ist eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts“, meint denn auch die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut.

Über dem Stand schwebt eine Drohne

Was mit Quanten alles gemacht werden kann, ließ sich auf der Stuttgarter Messe „Quantum Effects“ betrachten oder erahnen. Über einem der größeren Stände schwebt eine Drohne. An dieser ist ein Quantensensor angebracht, der Änderungen des Magnetfeldes der Erde messen kann. „Dadurch kann festgestellt werden, ob möglicherweise unter der Erde Rohstoffe liegen,“ erklärt Wibke Lies von der Bosch-Tochtergesellschaft Bosch Quantum Sensing GmbH in Ludwigsburg.

Drohne mit Quantensensor Foto: Uli Schreyer

Doch mit dem Messen von Änderungen im Magnetfeld ist weit mehr möglich. So können Piloten etwa ihre Position bestimmen. Auch dabei hilft die Quantenphysik. „GPS kann ausfallen oder gestört werden, unsere Magnetfeldmessungen kann niemand stören“, sagt Lies. Wann welche Anwendungen auf den Markt kommen – dafür gibt es noch keine Angaben.

In der Medizintechnik aber könnten vielleicht schon in einigen Jahren Ärztinnen und Ärzte zugreifen. Das Unternehmen ist vorangekommen mit seinen Magnetokardiographie-Geräten. Bisher muss der Patient für EKG-Herzuntersuchungen verkabelt werden. „Dank der Quantensensorik werden solche Untersuchungen künftig kontaktlos ablaufen“, sagt Lies vorher. Das Gerät wird einfach vor das Herz gehalten und misst, was sich im Herzen tut.

Auf der Suche nach Daten ist auch Benjamin Rudolph von Stuttgart Instruments. Das Unternehmen produziert mit seinen inzwischen zehn Beschäftigten Laserquellen für Untersuchungen von Material und Oberflächen. „Mit dem Laserlicht lassen sich die chemische Zusammensetzung und molekularen Eigenschaften von Materialien untersuchen“, sagt Rudolph. Mit diesen Erkenntnissen könnten neue Werkstoffe entwickelt werden, sie könnten aber auch Grundlagen für Anwendungen in der Biomedizin, der medizinischen Diagnostik oder der Quantenforschung sein.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt zeigt auf seinem Messestand ein Modell eines autonomen Shuttles, das mit einem anderen Fahrzeug zusammenkracht. „Das Institut für Fahrzeugkonzepte forscht daran, wie ein Auto konstruiert sein muss, damit es bei einem Crash keine oder möglichst geringe Verletzungen gibt“, berichtet Ralf Sturm. „Es geht darum welche Materialien in welcher Geometrie und Dicke wo eingesetzt werden müssen“, sagt Sturm. Und dabei kommt auch der Quantencomputer ins Spiel, kann er doch diese Aufgaben mit ihren vielfältigen Parametern schnell berechnen. Der Ingenieur bekommt dann Daten, mit denen er an der weiteren Verbesserung der Fahrzeugkonstruktion arbeiten kann.

Spielerisch Wissen vermitteln

Spiele sind das Element des Stuttgarter Unternehmens Studio Merkas. Die vor zehn Jahren gegründete Softwareschmiede mit ihren zehn Beschäftigten bietet Computerspiele an, „um komplexe Themen wie Quantenphysik spielerisch und verständlich zu vermitteln“. So jedenfalls beschreibt das Firmenchef Nikolas Merkas. Die Spiele könnten auch in Unternehmen verwendet werden. Mögliche Kunden seien Maschinenbauer, aber auch große Konzerne. Durch die Spiele könnten Wissen und Lernen aktiv erprobt statt nur passiv aufgenommen werden. Maite Maurer vom Munich Quantum Valley zeigt auf einem Tablet wie sie Schülerinnen und Schülern die schwierige Materie nahebringen will. „In diesem virtuellen Labor sind viele Rätsel enthalten, die auf der Quantenphysik basieren“ sagt sie mit einem Blick auf ihren Bildschirm. Durch die richtige Platzierung und Bedienung unterschiedlicher Objekte auf dem Bildschirm könnten die Rätsel gelöst werden.

Kooperation mit Frankreich

Die baden-württembergische Wirtschaftsministerin jedenfalls hat zum Start der „Quantum Effects“ eine weitere Förderung bekanntgegeben: 8,5 Millionen Euro erhält das „Kompetenzzentrum Quantenmechanik Baden-Württemberg“, ein Zusammenschluss verschiedener Forschungseinrichtungen. Zudem hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann kürzlich eine Absichtserklärung für eine Kooperation mit Frankreich unterschrieben. Frankreich stellte erstmals aus, vertreten unter anderem mit drei großen und drei kleinen Start-ups am Landesstand.