Kiel. „Oh, Grün. Schaffe ich es noch schnell über die Straße?“ Bei dieser Frage sollen sogenannte Countdown-Ampeln helfen. Mit ablaufenden Sekunden zeigen sie die verbleibende Zeit der Grün- und Rotphasen an und sollen so für mehr Verkehrssicherheit sorgen. 2005 führte Hamburg die erste Fußgängerampel mit Countdown-Anzeigen in Deutschland ein. Im Ausland sind sie laut ADAC weit verbreitet, in Europa weniger. Nun fordert der Junge Rat sie für Kiel.
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Der Junge Rat möchte, dass die Stadt an stark frequentierten Kreuzungen in Schulnähe solche Countdown-Ampeln einführt. Als Pilotprojekt solle das zunächst an einigen Ampeln getestet und anschließend ausgewertet werden, heißt es in ihrem Antrag. Der Mobilitätsausschuss befasst sich damit am kommenden Dienstag.
Warum der Junge Rat gerne Countdown-Ampeln in Kiel hätte
„Wir hören oft, dass Kinder und Jugendliche sich im Verkehr in der Innenstadt nicht sicher fühlen“, sagt Meltem Söbütay, Vorsitzende des Jungen Rates Kiel. „Vor allem vor Schulen gehen viele mit der Gruppe im Trott oder sind durchs Handy abgelenkt. Wir wollen das Bewusstsein steigern.“
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Sie befragten Jugendliche, ob sie durch eine Zeitangabe an der Ampel eher stehen bleiben würden. Die Antwort: „Ich würde mich schon eher beeilen.“
Der ADAC verweist in einem Standpunktpapier zum Thema auf ein Studienergebnis aus Hamburg: Demnach haben Countdown-Ampeln einen positiven Effekt auf Fußgänger, in der Hansestadt nahm die Zahl der „Rotläufer“ deutlich ab. Bei Autofahrern hingegen hatte die Zeitanzeige einen negativen Einfluss – der Aufwand stehe in keinem Verhältnis zum Nutzen.
„Vor Schulen mit lebhaften Bushaltestellen wie an der Hummelwiese wäre es sicher gut“, sagt Söbütay. Sie ist optimistisch, dass der Antrag auf positive Resonanz stoßen wird.
Ralf Kretschmer (CDU), Vorsitzender vom Mobilitätsausschuss, ist noch unentschlossen. „Auf der einen Seite ist das Konzept umstritten.“ Etwa in Berlin sei der Kosten-Nutzen-Faktor nicht erfüllt worden. „Das muss unsere Verwaltung in Zeiten einer herausfordernden Haushaltslage erstmal prüfen.“
Die Idee ist charmant.
Ralf Kretschmer (CDU)
Vorsitzender vom Mobilitätsausschuss
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„Andererseits halte ich es für ein sinniges und unterstützenswertes Pilotprojekt. Die Idee ist charmant.“ Etwa an der Humboldtschule im Knooper Weg, der Goetheschule am Westring oder den Schulen am Ostring in Gaarden könne es Effekt haben.
Präventive Maßnahme: Was bringen die Ampeln?
Am Lübscher-Baum, Dreiecksplatz, der Bergstraße, am Wilhelmsplatz, Exerzierplatz, rund um das Sophienblatt sowie in der Gutenbergstraße und der Holtenauer Straße hat es laut Statistischem Bundesamt im vergangenen Jahr häufig Unfälle mit Fahrradbeteiligung gegeben. Fußgänger hingegen wurden in Kiel deutlich seltener gefährdet. Während 2024 fast 1800 Autos in Kiel in einen Unfall verwickelt waren, waren es 643 Radfahrer und nur 124 Fußgänger. Die Unfälle mit Kindern waren auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren.
Christian Jopen (SPD), zweiter stellvertretender Vorsitzende des Mobilitätsausschusses, sieht in Kiel kein Problem der Verkehrssicherheit an Ampeln, aber Entwicklungspotenzial. „Wir haben immer noch Verkehrstote. Jeder ist einer zu viel und alles, was auf eine Verbesserung abzielt, ist mir recht“, sagt er. 2024 gab es nach Angaben der Stadt vier Verkehrstote in Kiel. Wenn die Countdown-Ampeln aber keinen spürbaren Effekt zeigen, so Jopen, sei eine Investition an anderer Stelle besser – wie etwa Querungshilfen an Fußgängerüberwegen.
Die Stadt Kiel sieht den Einsatz von Countdown-Ampeln als „nicht sinnvoll“ an. Der Grund: Bei Nichtbeachtung würden sie nicht nur den Verkehrsablauf behindern und den ÖPNV ausbremsen, sondern auch die Verkehrssicherheit gefährden. Die Räumzeit, also die Zeit zwischen rotem Licht für Fußgänger und grünem Licht für Autos, sei lang genug und ermögliche ein sicheres Überqueren der Reststrecke. Zudem reize ein Countdown zu einem möglichen Frühstart.
KN