Eine Wunde sollte geheilt, der Breitenbachplatz wieder ein schöner Ort für die Anwohner werden. Seit den 1970er-Jahren war der Platz zwischen Steglitz, Dahlem und Schmargendorf von zwei Autobahnbrücken zerschnitten, das einstige Schmuck-Oval nicht mehr als Ganzes wahrnehmbar. Um das Relikt der „autogerechten Stadt“ zu beseitigen, hatte sich 2012 die Initiative Breitenbachplatz gegründet. Die Anwohner forderten den Abriss der Brücken, um ihren Platz und eine „menschengerechte Stadt“ zurückzubekommen.

Das Ziel ist erreicht, wenn auch nicht in allen Details und immer wieder mit zeitlichen Verzögerungen. Die Brücken werden abgerissen, das ist beschlossen. „Und hoffentlich die Pfeiler auch“, sagt Lutz Pietschker, Sprecher der Initiative Breitenbachplatz. Er hat jetzt offiziell verkündet: Die Initiative beendet ihre Arbeit. „Wir haben das Thema erfolgreich in die Politik getragen“, sagt der 72 Jahre alte Maschinenbauingenieur. Man sei erschöpft, denn fast alle verbliebenen Teammitglieder seien im Rentenalter und hätten andere Aufgaben und Herausforderungen. „Es war kein Nachwuchs in Sicht, der die Arbeit in unserem Sinne fortführen wollte oder konnte“, so Pietschker.

Vor sieben Jahren beschlossen, bis heute ist nichts passiert

Aber, so bilanziert er: Es habe Spaß gemacht, sich für die „Genesung“ des Platzes einzusetzen, vor allem die Kontakte mit Studierenden, die Entwürfe und Ideen für eine neue Gestaltung entwarfen und ausstellten, seien beeindruckend gewesen. „Unsere Hoffnungen waren groß, als sich 2018 SPD, CDU, Grüne und Linke in den beiden angrenzenden Bezirken Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf und im Abgeordnetenhaus einig waren, dass die Brücke wegsoll“, sagt der Anwohner. Dass nach sieben Jahren immer noch beide Brücken – in jede Richtung eine – da sind, enttäuscht ihn. „Alle wollen es, aber keiner tut was“, sagt Pietschker.

Breitenbachplatz

Fußgänger am Breitenbachplatz: Die Autobahnbrücken macht den gesamten Platzeindruck kaputt.
© Berliner Morgenpost | Norman Börner

Tatsächlich waren nicht nur der Abriss der beiden Brücken, sondern auch die Sanierung des Schlangenbader Tunnels bereits vom Land Berlin ausgeschrieben. Im April 2025 wurde die Baustelle eingerichtet und schließlich von einer Rampe schon etwas Asphalt entfernt. Das war es. Die Sanierung des Tunnels Schlangenbader Straße ist vorerst gestoppt, weil es eine Klage gegen das Vergabeverfahren gibt.

Auch für den Abriss der Brücken soll nochmal eine andere Firma gefunden werden, die Arbeiten werden neu ausgeschrieben. Beide Baustellen hängen zusammen, da der Schutt der Brücken wohl durch den Tunnel abtransportiert werden soll. „Wir gehen aber weiterhin davon aus, dass die Brücke innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre verschwindet – hoffentlich einschließlich der Pfeiler“, sagt der Sprecher der Initiative.

Breitenbachplatz, Lutz Pietschker von der Initiative Breitenbachplatz, die ihre Arbeit beendet

Das alte Foto vom Breitenbachplatz um 1930 hängt im U-Bahneingang. Zu sehen ist noch, dass der Platz mal ein Oval war.
© Katrin Lange | Katrin Lange

Lutz Pietschker ist Experte, was den Breitenbachplatz angeht. Bei einem Rundgang erzählt er über die Entwicklung des Ortes und gerät ins Schwärmen. Die erste Villa am Platz entstand etwa 1895. Dann wurden aber zuerst die Straßen angelegt, der Breitenbachplatz war schon um 1910 als Verkehrsknoten gedacht. Bevor weitere Häuser dazu kamen, stand 1913 zuerst die Eröffnung der U-Bahn-Station an. Um 1920 ging es weiter mit der Platzbebauung, ein neues Viertel entstand, unter anderem mit der Beamtensiedlung in der Milowstraße. Dazu kamen Musterhäuser in der Bauhaus-Phase.

Einst gab es am Breitenbachplatz ein Kino und eine Ausflugsgaststätte

Es gab ein Kino am Breitenbachplatz und eine Ausflugsgaststätte, die besonders beliebt war, wenn der Flieder auf dem Platz blühte. Das alles änderte sich in den 1970er-Jahren. Alle schauten damals nach Los Angeles, Kalifornien. Schnelle Highways – davon träumten auch die Berliner. Und dafür sollte ein schneller Stadtautobahnring entstehen. Im Flächennutzungsplan von 1965 war die Entscheidung für den Ausbau des „Steglitzer Stutzens“ in Form einer Stadtautobahn erstmals festgeschrieben. Verbunden damit war der Brückenbau über den Breitenbachplatz. Denn andere Ideen, wie der ebenerdige Verlauf durch eine Kleingartenkolonie, wurde verworfen.

Gebaut wurde die Stadtautobahn dann nur bis zum Breitenbachplatz. Sie sollte aber später, ebenfalls in Hochlage, durch die Schildhornstraße bis zur Westtangente weitergeführt werden. Diese Absicht wurde 1978 aufgegeben. Genau hier setzen die Kritiker an: Ohne Hochstraße hätte es auch nicht die Brücken am Breitenbachplatz gebraucht. Dennoch wurde die Schildhornstraße als Zubringer zur Westtangente genutzt, was zu einem für Anwohner kaum auszuhaltenden Durchgangsverkehr führte.

Breitenbachplatz, Lutz Pietschker von der Initiative Breitenbachplatz, die ihre Arbeit beendet

Lutz Pietschker vor der Baustelle: Ein bisschen Asphalt wurde schon von einer Fahrbahn entfernt.
© Katrin Lange | Katrin Lange

Der Breitenbachplatz litt unter den Brücken, Geschäfte gaben auf, kaum einer wollte sich dort länger aufhalten. Im Jahr 2012 reichte es Anwohner Ulrich Rosenbaum, er rief die Initiative Breitenbachplatz ins Leben, die er bis zu seinem Tod 2021 mit großer Energie gelenkt hatte. 2018 kam Lutz Pietschker dazu. Er hatte eine Veranstaltung der Initiative besucht und war von diesem Tag ein aktives Mitglied.

Bei dem Rundgang zeigt er auch, was genau abgerissen wird. „Alles, wo Luft drunter ist, kommt weg“. In Richtung Norden bleibt damit die Rampe und die Auffahrt von der Dillenburger Straße in den Schlangenbader Tunnel. In Richtung Schildhornstraße kommen die Autos direkt aus dem Tunnel auf die Hochstraße, die abgerissen wird. Anwohner fragten schon in Diskussionsrunden, ob die Autos dort aus dem Tunnel fallen sollen. Noch gibt es aber keine konkrete Verkehrsplanung für diese Stelle. Naheliegend ist, die Hochstraße nach unten zu versetzen und eine Rampe wie auf der anderen Seite zu errichten.

Lutz Pietschker appelliert an die junge Generation: „Was jetzt gebaut wird, wird einige Jahrzehnte lang das Aussehen unseres Viertels bestimmen – also engagiert euch und überlasst die Planung nicht alleine denjenigen, die bisher so wenig konkretes Interesse daran gezeigt haben.“