Die Mieten sind hoch in Frankfurt. Aber in den vergangenen Jahren sind die Einkommen zeitweise stärker gestiegen als die Kosten für die Mietwohnung. Wie aus einer Übersicht des Maklerunternehmens Colliers hervorgeht, mussten in Frankfurt bei der Neuanmietung einer Wohnung 2020 im Schnitt fast 39 Prozent des Haushaltseinkommens aufgewendet werden. Drei Jahre später waren es nur noch etwas mehr als 35 Prozent. Bis zum ersten Halbjahr 2025 ist dieser Wert wieder auf mehr als 37 Prozent gestiegen.
Das Beispiel zeigt: Bei der Beurteilung der Lage auf dem Wohnungsmarkt kommt man je nach Betrachtungszeitraum zu unterschiedlichen Ergebnissen. Das kann Folgen haben, zum Beispiel für die Mietpreisbremse. Sie gilt nur in Städten und Gemeinden mit einem angespannten Wohnungsmarkt. Dort darf die Miete bei Neuvermietungen höchstens zehn Prozent über der im Mietspiegel festgelegten ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Außerdem darf bei bestehenden Verträgen die Miete um maximal 15 Prozent innerhalb von drei Jahren erhöht werden. In anderen Kommunen liegt diese Grenze bei 20 Prozent.
Derzeit gilt die Mietpreisbremse in Hessen in 49 Städten und Gemeinden. Am 25. November läuft die Regelung aus, der Bundestag hat die Rechtsgrundlage aber bis 2029 verlängert. Um diese Möglichkeit zu nutzen, hat die Landesregierung ein Gutachten beim Institut für Wohnen und Umwelt (IWU) in Darmstadt in Auftrag gegeben, das im Sommer den Kommunen zugegangen ist. Der Kreis der Städte und Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt hat sich demnach verändert. Die Stadt Gießen etwa hat unter Verweis auf das Gutachten bereits öffentlich verkündet, dass die Mietpreisbremse künftig auch dort gilt.
Untersuchung mit neuen Daten
Doch das ist zunächst nicht der Fall. Denn das Gutachten enthält auch ein überraschendes Ergebnis. Wie zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen der F.A.Z. berichteten, kommt es zu dem Schluss, dass Frankfurt nicht mehr zum Kreis der Städte mit angespanntem Wohnungsmarkt zählt. Das hätte zur Folge, dass die Mietpreisbremse dort Ende November ausläuft.
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Politisch wäre das nur schwer zu vermitteln. Deshalb soll jetzt „die Gebietskulisse der angespannten Wohnungsmärkte anhand neuer statistischer Daten evaluiert“ werden, wie es in einem Entwurf einer Verordnung von Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) heißt, die der F.A.Z. vorliegt. Mit dieser Verordnung soll die bisherige Regelung zunächst um ein Jahr verlängert werden. Der Entwurf enthält keine substanziellen Änderungen gegenüber der Fassung von 2020. So ändert sich der Kreis der betroffenen Kommunen nicht. Die Begründung, die sich auf Untersuchungen des Zeitraums von 2013 bis 2018 bezieht, wird beinahe wortgleich übernommen. Am 25. November 2026 läuft diese Übergangsregelung aus.
Kabinettsbeschluss in Vorbereitung
Der Kabinettsbeschluss zur Verlängerung der Mietpreisbremse um ein Jahr befinde sich derzeit in Vorbereitung, teilte das hessische Wirtschaftsministerium auf Anfrage mit. Die Evaluierung der Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten solle im Lauf des nächsten Jahres abgeschlossen werden. Zum IWU-Gutachten, dessen Ergebnisse offenbar nicht verwendet werden sollen, äußerte sich das Ministerium nicht.
Die Mietpreisbremse wird unterschiedlich beurteilt. Der Frankfurter Dezernent für Planen und Wohnen, Marcus Gwechenberger (SPD), hatte sich schon Ende vergangenen Jahres vehement dafür eingesetzt, die Regulierung zu verlängern. In Frankfurt spiele die Mietpreisbremse eine „zentrale Rolle, um bezahlbaren Wohnraum zu sichern“, sagte er bei einer Debatte im Stadtparlament.
Younes Frank Ehrhardt, Geschäftsführer des Eigentümerverbands Haus & Grund Hessen, hält die Verlängerung der Mietpreisregelung hingegen für ein falsches Signal. „Die bestehenden Preisregulierungen führen zu einer Angebotsverknappung, Marktverzerrungen und einem Rückgang dringend notwendiger Investitionen in den Wohnungsmarkt“, teilte er mit. Die seit zehn Jahren geltende Mieterschutzverordnung habe keine Verbesserung gebracht. Die Wirkungslosigkeit der Mietpreisbremse sei zuletzt im Jahresgutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung bestätigt worden.
„Ein Instrument, das seit Jahren nachweislich nicht funktioniert und mit unserem Grundgesetz nur schwer vereinbar ist, nun verschärfen zu wollen, widerspricht allen ökonomischen und politischen Vernunftkriterien“, so Ehrhardt. Stattdessen müssten mehr neue Wohnungen gebaut werden. Durch die Regulierung würden jedoch Investoren abgeschreckt.