Versammlungsfreiheit

Trotz Wegners Forderung keine schnelle Entscheidung beim Berliner Demo-Recht

Di 08.07.25 | 14:12 Uhr | Von Sabine Müller

Archivbild:Islamistische Gruppen protestieren in Solidarität mit Gaza vor der Ägyptischen Botschaft in Berlin am 05.07.2025.(Quelle:picture alliance/ZumaPress/M.Kuenne)Bild: picture alliance/ZumaPress/M.Kuenne

Nach einer islamistischen Kundgebung am Wochenende fordert der Berliner Regierende Bürgermeister Kai Wegner, solche Aufmärsche sollten künftig verhindert werden. Die Innenverwaltung ist aber noch nicht so weit. Von Sabine Müller

Bei der geplanten Änderung des Berliner Versammlungsfreiheitsgesetz liegt die zuständige Innenverwaltung deutlich hinter dem ursprünglichen Zeitplan. Wie die SPD-geführte Verwaltung dem rbb am Dienstag mitteilte, läuft aktuell noch die „Evaluation“ des Demo-Gesetzes. Diese sollte laut schwarz-roter Regierungsvereinbarung eigentlich schon Mitte vergangenen Jahres abgeschlossen sein.

Die Innenverwaltung erklärte die Verzögerung damit, die Koalition habe sich entschieden, zunächst „prioritär“ die Novelle des Polizeigesetzes anzugehen. Nach Angaben von Koalitions-Innenpolitikern laufen aktuell Gespräche zur Änderung des Versammlungsfreiheitsgesetzes, noch gibt es aber keine gemeinsame Linie.

Seit einer Demonstration am Samstag, bei der Judenhass verbreitet und ein islamischer Gottesstaat (Kalifat) gefordert wurde, wird die geplante Änderung verstärkt diskutiert. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte den Druck auf die Innenverwaltung erhöht und forderte sie in den sozialen Medien auf, zu prüfen, welche Änderungen notwendig seien, um Aufmärsche dieser Art künftig „wirksam“ zu verhindern. „Ein Kalifat – und die damit verbundene Ideologie – ist mit unserem Rechtsstaat und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar und hat in Deutschland nichts verloren“, so Wegner.


„Öffentlichen Ordnung“ soll wieder ins Versammlungsfreiheitsgesetz

CDU und SPD hatten in ihren Richtlinien der Regierungspolitik vereinbart, den Begriff der „öffentlichen Ordnung“ wieder ins Versammlungsfreiheitsgesetz aufzunehmen. Mit einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung könnten dann Verbote von Demonstrationen gerechtfertigt werden.

Während der CDU-Innenpolitiker Burkard Dregger davon ausgeht, dass ein solcher Verweis für Verbote ausreicht, ist der Koalitionspartner SPD skeptisch. Martin Matz, innenpolitischer Sprecher der Fraktion, sagte, er glaube, dass der Begriff „öffentliche Ordnung“ nur bei der Festlegung von Auflagen für eine Kundgebung helfen werde, nicht aber beim Vorabverbot. Matz begründet seine Einschätzung mit verschiedenen Entscheidungen von Landesverfassungsgerichten, unter anderem in Hessen. CDU-Mann Dregger verweist dagegen auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Dregger sagt, er schätze, dass eine geeinte Formulierung für eine Änderung am Versammlungsfreiheitsgesetz nach der Sommerpause vorliegen könnte. Ein Inkrafttreten sehe er Richtung Jahresende. Laut Matz fließt in die aktuelle Suche nach „wirksamen Formulierungen“ auch die Erfahrung mit der Niederlage vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ein.


Wegner kritisiert Oberverwaltungsgericht

Das Gericht hatte das von der Polizei verhängte Verbot der Demonstration am Samstag aufgehoben. Am Schöneberger Ufer versammelten sich dann laut Polizei bis zu 1.500 Menschen. Auf Bildern ist zu sehen, wie Frauen und Männer getrennt voneinander demonstrieren und Schilder mit Sprüchen wie „Sicherheit durch das Kalifat im Nahen Osten“ hochhalten.

Die Innenverwaltung betont, durch verschiedene Auflagen (unter anderem ein alternativer Ort und ein Verbot, durch die Straßen zu ziehen) habe die Versammlungsbehörde die Demonstration „sinnvoll“ beschränkt. Der Regierende Bürgermeister kritisiert es als „unverständlich“, dass das Oberverwaltungsgericht die Demo erlaubte, nachdem das Verwaltungsgericht das ursprüngliche Verbot zunächst bestätigt hatte.

Beitrag von Sabine Müller