Besonders betroffen sind zivile Entwicklungsprogramme. Laut „Moscow Times“ werden etwa die Mittel für die ländliche Entwicklung um 30 Prozent gekürzt, die für die Luftfahrtindustrie um fast 30 Prozent, die für das Energieprogramm um mehr als ein Viertel. Der Bereich der medizinischen Grundversorgung soll von 123,3 auf 53,2 Milliarden Rubel halbiert werden.
Die wirtschaftlichen Folgen sind bereits sichtbar. Während das russische Bruttoinlandsprodukt in den Jahren 2023 und 2024 durch hohe Rüstungsausgaben noch kräftig wuchs, rechnet das Wirtschaftsministerium für 2025 nur noch mit einem Wachstum von einem Prozent. Auch für 2026 erwartet die Regierung laut Expertin Prokopenko ein „schwaches Wachstum“ von rund 1,3 Prozent. Die Inflation bleibt hoch, die Zentralbank hält den Leitzins bei 17 Prozent – Investitionen werden dadurch erschwert, Kreditvergaben gehemmt.
Vor diesem Hintergrund erscheint auch die Kürzung der Militärausgaben in anderem Licht: Sie ist weniger ein Signal der Entspannung als vielmehr eine Anpassung an wirtschaftliche Grenzen. Laut „New York Times“ will Moskau den Krieg „größtenteils mit Soldaten führen, die effektiv als Söldner agieren und nur wegen der relativ hohen Bezahlung kämpfen“. Diese Strategie habe das Haushaltsdefizit vergrößert, nun müsse der Staat gegensteuern.
Die Ursachen für die finanzielle Schieflage liegen auch im Rückgang der Einnahmen: Die Öl- und Gaseinnahmen sollen 2025 laut „New York Times“ auf etwa 100 Milliarden Dollar sinken – ein Rückgang um rund 35 Milliarden im Vergleich zum Vorjahr. Der Krieg, die westlichen Sanktionen und Preisnachlässe für Exporte nach China und Indien belasten das Budget zusätzlich.
Auch strukturell hat sich die Wirtschaft verändert. Die hohe Auslastung von Produktionskapazitäten und Arbeitsmärkten limitiert weiteres Wachstum. „Es gibt keine freien Arbeitskräfte mehr, und die Produktionskapazitäten – auch die militärischen – sind nahezu vollständig ausgelastet“, schreibt Alexandra Prokopenko in ihrer Analyse. Ohne Produktivitätssteigerungen sei kein weiteres Wachstum möglich.
Trotz der Kürzung bleibt das Budget klar auf Kriegsführung ausgerichtet. Ein Ende der militärischen Priorisierung ist nicht in Sicht – im Gegenteil: Ab 2027 sollen die Ausgaben für Verteidigung und Sicherheit wieder steigen.