Wenn Manuela Uhl über den Tod spricht, schweift ihr Blick in die Ferne. Sie ist nachdenklich, in sich gekehrt und lässt sich bei ihren Antworten Zeit. Dennoch ist da nichts Ernstes an der Art, wie sie spricht. Nur der Wunsch, das auszudrücken, was ihr Ehrenamt ihr selbst vermittelt hat. Die gelernte Finanzrechtswirtin arbeitet seit 2022 einmal pro Woche als Hospizbegleiterin im St.-Vinzenz-Hospiz in Augsburg. Steuerrecht und Sterbehilfe? Das schließt sich für Uhl nicht aus und bereitet ihr beides auf seine Weise Freude. Dennoch sagt sie selbst über ihr Ehrenamt: „Das ist eine ganz andere Thematik, mit der man sich beschäftigt. Das geht viel tiefer.“
Diese Tiefe lässt sich fühlen, im ganzen Hospiz und besonders in dem Raum, in dem das Gespräch stattfindet. Er nennt sich „SeelenZeitRaum“ und wurde von dem Künstler Martin Knöferl genau dafür erdacht: Um Ruhe zu finden und nachdenken zu können. An der Wand ist ein goldener Lichtstrahl, der den Riss symbolisiert, den der Tod dem Leben verleiht. Zugleich soll das Licht Hoffnung spenden, auf das Leben danach. Eine simple Botschaft, die für alle da ist, nicht nur für Christen. Das St.-Vinzenz-Hospiz gehört zum Bistum Augsburg, nimmt aber jeden unabhängig von seiner Religion auf. Ein Grundsatz, der zum Motto des Welthospiztages an diesem Samstag passt: Heimat für Alle.
Hospiz in Augsburg: Die betreuten Menschen werden hier Gäste genannt
Auch Manuela Uhl hat schon die unterschiedlichsten Menschen betreut. Im Hospiz werden sie „Gäste“ genannt. Wie viele Gäste sie dabei schon hatte, kann sie nicht sagen. Es gibt welche, die nur ein paar Tage im Hospiz verbringen und manche, die länger da sind. Wie intensiv der Kontakt sei, hänge auch von der Person selbst ab und wie viele Sorgen diese beispielsweise noch in sich trage. Eine Frau aus ihren Anfängen wird ihr immer im Gedächtnis bleiben: „Sie hat mir oft geschildert: ‚Ich habe Angst, ich sehe da ein großes Tor. Es erdrückt mich fast und ich muss da durch.‘“ Daraufhin malte Manuela Uhl ihr zu Hause ein Bild von einem Tor mit vielen Rosen darum. Danach war die Vorstellung für die Patientin etwas erträglicher. „Ich denke, das war für sie das Tor zum Tod. Und ich habe das Gefühl gehabt, dass es für sie dadurch vielleicht ein kleines Stück leichter war.“
Es sind Situationen, die Manuela Uhl als Hospizbegleiterin immer wieder begegnen. Wie kommt man auf die Idee, diese nicht immer leichte Arbeit zu übernehmen? „Ich bin ein sehr dankbarer Mensch, für all das Leben, das ich bisher hatte. Ich habe mir gedacht, irgendetwas muss ich da zurückgeben.“ Online stieß sie auf das Thema Hospizarbeit und die Ausbildung zur ehrenamtlichen Hospizarbeiterin. Diese leistete sie im Kloster Bühl bei Baden-Baden ab. Eine eindrucksvolle Zeit für sie: „Da geht es viel um das eigene Leben. Das Große, das ich dort gelernt habe – und dieser Spruch hängt auch bei mir zu Hause – ‚Gehe mit leeren Händen hin.‘“ Ein Satz, der noch oft während des Gespräches fällt. Es gehe darum, den Menschen nicht zu bewerten, sondern offen hinzugehen: mit leeren Händen eben. Und dann? „Die größte Aufgabe sehe ich für mich im Zuhören und Wahrnehmen“, sagt Uhl. Manchmal wird auch gar nicht geredet, sondern sie sitze neben dem Gast und sei einfach da. Schlicht, um ihm zu vergewissern, dass er nicht allein ist.
Augsburger Hospizbegleiterin: „Mir wurde das Leben weiter geschenkt“
Was Manuela Uhl bei ihrer Arbeit hilft, ist ihr Glaube. Sie selbst ist in ihrem Leben schon zweimal mit dem Tod in Berührung gekommen, beide Male bei Autounfällen: „Ich glaube, mir wurde das Leben weiter geschenkt. Das trage ich in mir.“ Daneben findet sie Ausgleich im Tanzen. Sie ist seit 35 Jahren aktiv, früher im Rock’n’Roll, heute zusammen mit ihrem Mann beim Boogie-Woogie. Zudem ist sie ausgebildete Tanztherapeutin und bietet Kurse an der VHS an. Man spürt, sie hat Freude am Leben. Das liegt auch an ihrem Ehrenamt: „Für mich ist das hier wie ein heiliger Ort. Die Probleme, die draußen stattfinden, gibt es hier nicht. Auch keine Eile. Es ist so eine schöne Atmosphäre hier. Das kann man gar nicht richtig beschreiben.“
Dennoch ist die Arbeit nicht immer leicht. Manchmal kämen ihr doch die Tränen, was sie vor den Patienten zu verbergen versucht: „Ich versuche, mich sehr zurückzunehmen. Es ist unwichtig, wie es mir geht. Es ist wichtig, wie es dem Gast geht.“ Außerdem herrschen im Hospiz nicht nur Trauer und Leid, sondern auch lustige Momente. Ein Beispiel ist der kurze Besuch bei einem Gast. Uhl beschreibt ihn als sehr humorvoll. Und in der Tat, als sich der Fotograf über den Gast beugt, sagt dieser schelmisch: „Sie brauchen keine Angst vor mir zu haben.“ Manuela Uhl lacht.
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Kathrin Heimlich
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