Flausen hat er keine im Kopf, vielmehr einen genauen Plan von dem, was er sich für seine Zukunft wünscht. Nazar Maidanskyi ist 19, wirkt aber weit reifer. Nicht optisch, sondern so, wie der junge Mann auftritt. Konzentriert, zielgerichtet, abgeklärt. Anders, als viele in seinem Alter und anders, als viele Künstler.
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Seit drei Jahren lebt Nazar in Deutschland, „2022 bin ich mit meiner Familie aus der Ukraine geflüchtet. Da wütete der Krieg bereits seit zwei Monaten“. Mit dem Auto sind seine Eltern und seine jüngeren Brüder (die beiden sind heute fünf und zehn Jahre alt) aus der Nähe von Kiew nach Deutschland gefahren, haben mittlerweile in Hagen gut Fuß gefasst.
Einzel- und Gruppenunterricht
„Seit ich denken kann, mache ich Musik“, lächelt Nazar, „es gibt keine bessere Möglichkeit, Empfindungen auszudrücken“. In der Ukraine hat er acht Jahre lang an einer Musikschule Einzel- und Gruppenunterricht bekommen, „und im zweiten Fach Klavier. Mein Lehrer und ich, wir waren auf einer Wellenlänge. Er war mein Mentor, hat mich zu vielen Veranstaltungen und Konzerten in Kiew und Umgebung mitgenommen. Dadurch konnte ich schon früh auftreten“.
Mein Lehrer und ich, wir waren auf einer Wellenlänge. Er war mein Mentor, hat mich zu vielen Veranstaltungen und Konzerten in Kiew und Umgebung mitgenommen. Dadurch konnte ich schon früh auftreten.
Nazar Maidanskyi , der junge Sänger und Pianist lebt seit drei Jahren in Hagen
Der junge Bariton Nazar Maidanskyi begleitet sich selbst auf dem Klavier.
© WP | Michael Kleinrensing
Dann kam die Flucht nach Deutschland und damit ein krasser Bruch in Nazars Leben. Er belegte Deutschkurse, besuchte das Cuno-Berufskolleg, mietete sich irgendwann eine eigene Wohnung in Altenhagen.
Ein glücklicher Zufall
Durch einen Zufall (Nazar: „Obwohl ich eigentlich nicht an Zufälle glaube.“) kam er bei der Chorakademie am Konzerthaus in Dortmund unter, erhält dort auf hohem Niveau Gesangsunterricht und die Möglichkeit, als Bariton in Konzerten mitzusingen.
Ausbildung zum Physiotherapeuten
„Aber hauptsächlich kümmere ich mich um meine Ausbildung zum Physiotherapeuten. Ich bin im zweiten Lehrjahr und mache im nächsten Jahr meine Prüfung.“ Auch für die Zeit danach hat Nazar – natürlich – einen festen Plan, „ich hoffe, dass ich 2026 an der Musikhochschule in Münster für das Fach Gesang einen Platz bekomme. Das wäre mein Traum“. Er wolle dann auf jeden Fall nach Münster pendeln, „die Mieten dort sind ja unerschwinglich“, sagt der realistisch denkende 19-Jährige.
Außerdem liefe es für ihn als Sänger in Hagen mittlerweile recht gut. Beispiele? „Ich habe ein Weinseminar, zu dem Domenico Di Paolo in seinem Restaurant ,Enotria‘ eingeladen hatte, musikalisch untermalt. Ich hab‘ gesungen und mich selbst am Klavier begleitet. Und ich werde für Privatkonzerte bei Leuten zu Hause gebucht.“
Liebt klassische Musik: Nazar Maidanskyi (19).
© WP | Michael Kleinrensing
Bei seinem letzten „Wohnzimmerkonzert“ habe er Arien aus der Oper „Carmen“ gesungen, „Opern werden nie sterben, darin kann man alle Emotionen finden“, schwärmt Nazar. Er möge Opern sehr gern, sänge auf Konzerten aber auch Jazz-, Blues- und Swingstücke von Frank Sinatra oder Dean Martin, „und auch tanzbare Stücke und italienische Songs von Eros Ramazzotti, Adriano Celentano oder Andrea Bocelli“.
Langsam profitiere er vom Domino-Effekt, „nach einem Privatkonzert werde ich häufig im jeweiligen Bekanntenkreis weiterempfohlen. Das macht mich schon ein wenig stolz“, sagt Nazar bescheiden.