Stand: 10.10.2025 20:23 Uhr

Das Studium soll eine der besten Zeiten des Lebens werden. Mit diesem Wunsch starten auch in diesem Jahr die „Erstis“ in Niedersachsen ins Studierenden-Leben. Doch die Realität sieht oft anders aus.

von Britta Nareyka

Lena Rottloff studiert mittlerweile im fünften Semester an der Leibniz Universität Hannover. Die 27-Jährige erinnert sich noch genau, wie sie vor zwei Jahren völlig euphorisch ihr Studium „Life Science“ begonnen hat und dann schnell auf dem Boden der Tatsachen gelandet ist. „Ich hatte immer das Gefühl, alles was ich mache, reicht nicht“, sagt die 27-Jährige. „Durch diesen ständigen Druck war halt auch irgendwann der Kopf dicht. Man hat gar nicht mehr geschafft, das alles zu lernen.“

Neue Stadt, neue Leute, neue Sorgen

Studentinnen Lena Rottloff und Diana Danilov vor der Uni Hannover

Lena Rottloff (links) und Diana Danilov (rechts) versuchen, dem Druck standzuhalten. Mit ihren Sorgen und Ängsten sind sie nicht allein.

Ihre Kommilitonin und Freundin Diana Danilov hat es ähnlich erlebt. Plötzlich sei sie völlig allein für alles verantwortlich gewesen: in einer fremden Stadt, ohne vertraute Menschen. Vor allem das Zeitmanagement fürs Lernen sei ihr anfangs extrem schwer gefallen. In der Schule habe der Lehrer klare Ansagen gemacht, jetzt sei sie plötzlich für sich allein verantwortlich. „Ich war total überfordert, hatte jedes Mal ein schlechtes Gefühl, wenn ich mir mal einen Lernpause gegönnt habe“, so die 22-Jährige.

Studie belegt: Lernstress nimmt zu

Dass Stress im Studium zum Problem werden kann, ist nicht nur ein Gefühl. Studien belegen: Der Druck ist real und er macht viele sogar krank. Fast die Hälfte aller Studierenden (44 Prozent) fühlt sich dauerhaft gestresst, wie der Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse von 2023 belegt. Im Vergleich dazu: Vor zehn Jahren waren es gerade mal 23 Prozent. Die Situation hat sich verschärft. Mittlerweile fühlen sich dem Report zufolge mehr als zwei Drittel der Studenten und Studentinnen erschöpft durch den Stress. Über regelmäßige Kopfschmerzen, Rückenschmerzen oder Konzentrationsprobleme klagt demnach mehr als jeder zweite Studierende.

Warum ist der Druck so groß?

Studentinnen Lena Rottloff und Diana Danilov blicken in ein Handy

Diana Danilov und Lena Rottloff unterstützen sich gegenseitig, um mit Stress und Leistungsdruck besser umzugehen.

Oft sei es ein Mix aus verschiedenen Komponenten, sagt Daniel Eckmann, Leiter der Psychologisch-Therapeutischen Beratung für Studierende an der Uni Hannover, zu den Gründen. Viele junge Studierende hätten das Gefühl, ständig abliefern zu müssen. Auch Geldsorgen oder Zukunftsängste beeinflussen das Wohlbefinden und sorgen für psychische Belastungen. „Ich habe auch immer wieder ein paar Tränen verdrückt, weil ich Angst hatte: Schaffe ich das überhaupt?“, beschreibt Studentin Lena Rottloff ihren Gemütszustand. Mittlerweile versucht sie, sich regelmäßige Lernpausen zu gönnen und ganz bewusst etwas für sich zu tun.

Hilfe direkt an den Unis

Viele Universitäten und Hochschulen in Niedersachsen bieten Sprechstunden oder andere Hilfsangebote an, um Studierende mit ihren Sorgen und Problemen nicht allein zu lassen. Vor allem in der Corona-Zeit habe es einen sprunghaften Anstieg des Bedarfs nach Beratung gegeben, heißt es zum Beispiel aus Osnabrück. Die Personalkapazität sei daraufhin ausgebaut worden, sodass der Beratungsbedarf seitdem gut bedient werden könne. In „Hochzeiten“ ließen sich aber auch längere Wartezeiten für ein Erstgespräch nicht vermeiden.

Beratung: Kapazitäten fehlen

Auch in der Beratungsstelle in Hannover hat der Bedarf nach Beratung schon vor einigen Jahren deutlich zugenommen und befindet sich aktuell auf einem sehr hohen Niveau, wie Daniel Eckmann berichtet. Etwa 25 Prozent der Anfragen müssten er und sein Team ablehnen, weil die personellen Kapazitäten nicht ausreichen. „Das ist schon nicht schön für jemanden, der eigentlich Hilfe anbieten will und Leute wegschicken muss“, sagt er. Ob der Leistungsdruck grundsätzlich gestiegen ist, könne er nicht beurteilen. Sicher sei jedoch: Es gebe deutlich mehr Studierende, die bereit sind, über ihre Probleme und Sorgen zu sprechen und Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Studenten sitzen in einem Hörsaal.

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Studierende sitzen in der Mensa der TU Clausthal und essen.

Kleine Uni, kurze Wege: In Clausthal lernen Studierende zwischen Wald, Marktplatz und Mensa – abseits der großen Städte.

Die Zentralmensa des Studierendenwerks auf dem Göttinger Campus.

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