„Die psychische und seelische Gesundheit muss einen ebensolchen Stellenwert haben wie die körperliche“, so Katharina Reinhold. Die designierte Landrätin war am Freitag nach Kaarst gekommen, um in der Buchhandlung Kaarst die „Woche der seelischen Gesundheit“ zu eröffnen. Der Rhein-Kreis sei an der bundesweiten Aktionswoche seit vielen Jahren beteiligt – und zum ersten Mal ist auch Kaarst dabei. Der runde Tisch für Inklusion Kaarst, kurz RuTiK genannt, hat hier ein spannendes Programm auf die Beine gestellt.

Seelische Erkrankungen seien meist auf den ersten Blick nicht erkennbar, so die CDU-Politikerin Reinhold: „Es gilt, Tabus zu brechen und gleichzeitig zuversichtlich zu sein.“ Reinhold lenkte den Blick auch auf das Thema Essstörungen bei Teenagern. Die Fallzahlen hätten sich in 20 Jahren bundesweit verdoppelt. Eine wichtige Hilfe sei dabei eine stark aufgestellte Sozial- und Gesundheitspolitik im Rhein-Kreis.

Für den Runden Tisch für Inklusion in Kaarst erklärte Ulrike Brinkmann (LEA-Leseclub) – mit Mona Morgenstern von der Graf-Recke-Stiftung Initiatorin der Aktionswoche –, die Mitglieder wollten „Bewusstsein für mehr Inklusion in Kaarst“ schaffen. Der erste Abend der Aktionswoche in der Buchhandlung von Petra Esser war dazu ein starker Auftakt.

Buchhändler, Germanist und Anglist Thomas Reichling hatte sich das Thema „Unsichtbares sichtbar machen. Seelische Gesundheit im Spiegel der Literatur“ vorgenommen. Am 15. Oktober beginnt die Frankfurter Buchmesse. Bei den Titeln, die für den Deutschen Buchpreis 2025 nominiert sind, fand Thomas Reichling in sechs von 20 Romanen psychische Themen. Diese starke Häufung machte er sich in seinem Vortrag zunutze, um nach einem Parforceritt durch Antike, Mittelalter, Renaissance und 19./20. Jahrhundert auf Neuerscheinungen einzugehen.

An den Anfang stellte er das Buch „Haus an der Sonne“ von Thomas Melle, das auf der Shortlist steht. Der Autor – mit eigener bipolarer Störung – bietet einen schonungslosen Einblick in eine psychisch kranke Seele. In „Junge Frau mit Katze“ erzählt Daniela Dröscher von einer jungen Frau, die endlich Verantwortung für das eigene Glück übernimmt. In „e“ von Jekona Kicay geht es um traumatische Erlebnisse im Kosovo-Krieg und auf der Flucht. Leon Engler schreibt in „Botanik des Wahnsinns“ über den Abfall der eigenen Familiengeschichte. Den Autoren und Musiker Thorsten Nagelschmidt ereilt jedes Jahr eine Weihnachts-Depression. Wie er ihr auf Gran Canaria zu enteilen versucht, beschreibt er in „Nur für Mitglieder“. Und das Resümee für Ulrike Brinkmann? „Heute ist ein Anfang gemacht, tiefer einzusteigen. Wir müssen zuhören können, was andere empfinden.“