Die Waffenruhe im Gazastreifen hält bis jetzt wie vereinbart. Vor diesem Hintergrund reist der amerikanische Präsident Trump nach Israel und nimmt danach in Ägypten an einem «Friedensgipfel» teil. Ob er dort ein Kriegsende verkünden kann, bleibt jedoch fraglich.

12.10.2025, 21.47 UhrAktualisiertEin Plakat in Tel Aviv, das Donald Trump mit dem persischen Herrscher Kyros II. aus dem 6. Jahrhundert vor Christus vergleicht.Ein Plakat in Tel Aviv, das Donald Trump mit dem persischen Herrscher Kyros II. aus dem 6. Jahrhundert vor Christus vergleicht.

Hannah Mckay / Reuters

In Israel laufen die Vorbereitungen auf die Rückkehr der Geiseln und den Besuch von Donald Trump auf Hochtouren. Die israelische Regierung geht davon aus, dass die Hamas die verbliebenen 20 noch lebenden Verschleppten am frühen Montagmorgen an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) übergibt. Am Freitagabend besuchte Benjamin Netanyahu das grösste Spital Israels, wo die Geiseln sofort nach der Übergabe behandelt werden. Bis die Hamas die sterblichen Überreste der 28 weiteren Geiseln lokalisiert hat, soll es länger dauern.

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Am Montagmorgen, um 9 Uhr 20 Ortszeit, wird der amerikanische Präsident auf dem Flughafen Tel Aviv landen. In der Knesset wird Trump Benjamin Netanyahu und Angehörige der Geiseln treffen. Um 11 Uhr spricht er zum israelischen Parlament. Im Anschluss fliegt Trump zum ägyptischen Badeort Sharm al-Sheikh, wo ein «Friedensgipfel» stattfindet, an dem arabische und europäische Regierungschefs über die Zukunft des Gazastreifens diskutieren sollen.

Es könnte das letzte Mal sein, dass sie sich auf dem «Platz der Geiseln» versammeln, um zu demonstrieren: Protestierende am Samstagabend in Tel Aviv.Es könnte das letzte Mal sein, dass sie sich auf dem «Platz der Geiseln» versammeln, um zu demonstrieren: Protestierende am Samstagabend in Tel Aviv.

Hannah Mckay / Reuters

Bisher haben sich Israel und die Hamas nur auf die erste Phase der Waffenruhe geeinigt. Israelische Regierungsvertreter haben noch nicht offiziell von einem Kriegsende gesprochen und betonen, dass der jüdische Staat jederzeit wieder angreifen könne, falls die Hamas sich nicht an die Bedingungen halte. Diese sehen gemäss dem ursprünglichen Trump-Plan eine Entwaffnung der Islamisten vor. Verteidigungsminister Israel Katz sagte am Sonntag, dass Israel sich nach der Geiselrückführung darauf vorbereite, die verbliebenen Tunnel der Terrorgruppe im Gazastreifen zu zerstören. Dies solle sowohl direkt durch die israelische Armee geschehen als auch «mittels des internationalen Mechanismus, der unter Führung und Aufsicht der USA eingerichtet wird», teilt Katz mit.

Trump geniesst in Israel grosses Ansehen

Israels Strassenbild ändert sich in Erwartung der beiden Grossereignisse. Während am Sonntag am Rande der Autobahn zwischen Tel Aviv und Jerusalem amerikanische Flaggen gehisst wurden, verschwanden an anderen Orten die gelben Fahnen, die an das Schicksal der Geiseln erinnern. An mehreren Orten im Land wurden grosse Plakate von Trump aufgehängt. Darüber steht auf Englisch geschrieben: «Kyros der Grosse lebt!»

Die von der evangelikalen Organisation «Friends of Zion» finanzierte Plakataktion spielt auf König Kyros II. an, der im sechsten Jahrhundert vor Christus das Persische Reich bis ans Mittelmeer ausdehnte. Laut der Bibel hat Kyros die Juden aus babylonischer Gefangenschaft befreit, ihnen die Rückkehr in ihr Heimatland gestattet und ihnen geholfen, den zweiten Tempel in Jerusalem zu bauen.

Dass Trump bei vielen Israeli grosses Ansehen geniesst, wurde am Samstagabend auf dem «Platz der Geiseln» in Tel Aviv klar, als Steve Witkoff, Jared Kushner und Trumps Tochter Ivanka zu Zehntausenden Israeli sprachen. Die Menge schrie immer wieder «Thank you, Trump» und «Thank you, Witkoff». Als der amerikanische Sondergesandte Witkoff allerdings auf der Bühne Benjamin Netanyahu dankte, brachen die Demonstranten in laute Buhrufe aus. Viele der Protestierenden werfen ihrem Ministerpräsidenten vor, den Krieg aus politischen Gründen verlängert und die Rückkehr der Geiseln so verzögert zu haben.

«Friedensgipfel» mit unklarem Ausgang

Die Waffenruhe im Gazastreifen, die seit Freitag, 12 Uhr Ortszeit, in Kraft ist, hat bisher gehalten. Gemäss der Vereinbarung, die Israel und die Hamas getroffen haben, zogen sich die israelischen Soldaten auf eine zuvor definierte Linie zurück. Gemäss eigenen Angaben kontrolliert das Militär immer noch 53 Prozent der Fläche des Gazastreifens. Nach dem israelischen Abzug sind Tausende vertriebene Palästinenser aus dem Süden in den Norden des Gazastreifens und in die Stadt Gaza zurückgekehrt. Viele von ihnen kommen zu einer Schuttwüste zurück, ihre Häuser sind nur noch Ruinen.

Die Kriegsparteien müssen noch über die nächsten Phasen des Waffenstillstands verhandeln. Am Ende der Gespräche soll neben der Entwaffnung der Hamas auch eine neue Verwaltung des Gazastreifens stehen. Israelische Sicherheitsexperten und Regierungsangehörige arabischer Staaten halten es für unwahrscheinlich, dass die islamistische Gruppe aus Gaza all ihre Waffen abgeben wird.

Es ist wegen der immer noch grossen Differenzen zwischen Israel und der Hamas fraglich, ob Trump beim «Friedensgipfel» in Sharm al-Sheikh ein Durchbruch gelingt. Laut dem ägyptischen Präsidenten Abdelfatah al-Sisi, der gemeinsam mit Trump das Treffen ausrichtet, hat die Zusammenkunft zum Ziel, den Krieg im Gazastreifen zu beenden sowie «eine neue Ära der regionalen Sicherheit und Stabilität einzuleiten». Wie das allerdings am Montag gelingen soll, ist unklar. Denn obwohl bis zu 20 Staats- und Regierungschefs aus Europa und dem Nahen Osten teilnehmen sollen, sind keine Vertreter aus Israel geladen.