
AUDIO: Volksentscheid für frühere Klimaneutralität in Hamburg erfolgreich (1 Min)
Stand: 12.10.2025 23:58 Uhr
Hamburg soll fünf Jahre früher als bislang geplant klimaneutral werden – nämlich bereits 2040. Beim „Hamburger Zukunftsentscheid“ hat sich dafür die Mehrheit der Hamburgerinnen und Hamburger ausgesprochen, die ihre Stimme abgegeben haben.
Nach Angaben des Statistikamtes Nord stimmten 303.936 Hamburgerinnen und Hamburger für den „Zukunftsentscheid“, das entspricht 53,2 Prozent. 46,8 Prozent oder 267.495 Menschen sprachen sich dagegen aus. Die Abstimmungsbeteiligung lag bei 43,6 Prozent.
Beim sogenannten Zukunftsentscheid geht es um die Frage, ob Hamburg bereits bis 2040 klimaneutral sein soll – und nicht erst 2045, wie vom Senat geplant. Der Gesetzentwurf der Initiative „Hamburger Zukunftsentscheid“ sieht dabei unter anderem verbindliche jährliche Obergrenzen zum Kohlendioxid-Ausstoß und eine deutliche Reduzierung des Autoverkehrs vor.
Tschentscher: „Senat wird Volksentscheid umsetzen“
Nach dem erfolgreichen Volksentscheid hat Hamburgs Erster Bürgermeister, Peter Tschentscher (SPD), dessen Umsetzung angekündigt. Das sei durch Verfassung und Rechtslage geboten. Der Senat werde den Hamburger Klimaplan an die neuen Vorgaben anpassen. Es gelte eine Übergangsfrist von zwei Jahren.
Schritte und Konsequenzen, die sich aus einem geänderten Klimaschutzgesetz ergeben, werde der Senat prüfen. Der Senat werde auch die Maßgabe der Initiative beachten, dass Klimaschutz bezahlbar und sozialverträglich erfolgen müsse. Allerdings könne das Ziel der Initiative „Hamburger Zukunftsentscheid“, die Klimaneutralität der Stadt von 2045 auf 2040 vorzuziehen, nur erreicht werden, wenn entsprechende Voraussetzungen auf Bundesebene geschaffen würden. Dafür werde sich der Senat konsequent einsetzen.
Jährliche Zwischenziele und Monitoring
Zusätzlich zum Ziel, bereits 2040 klimaneutral zu sein, sollen unter anderem jährliche Zwischenziele verabredet und durch ein regelmäßiges Monitoring überprüft werden. Sollten diese nicht erreicht werden, muss mit Sofortprogrammen gegengesteuert werden. Außerdem dürfen die Kosten, etwa für die energetische Sanierung von Wohnungen, nicht vollumfänglich an Mieterinnen und Mieter weitergereicht werden.
Thering: „Kurs schadet der Stadt“
Nach dem gewonnenen Volksentscheid für eine frühere Klimaneutralität in Hamburg hat CDU-Fraktionsvorsitzender Dennis Thering vor Folgen gewarnt. „Durch das Zustandekommen des sogenannten Zukunftsentscheids wird ein Kurs eingeschlagen, der unserer Stadt in vielerlei Hinsicht schadet“, so der Oppositionsführer in einer Mitteilung. Er sieht unter anderem die Gefahr für steigende Mieten. Er warf insbesondere Bürgermeister Tschentscher und der SPD vor, diesen Volksentscheid unterschätzt zu haben. „Die Strategie, darauf zu hoffen, dass das Quorum nicht erreicht wird, hat sich als teurer Irrglaube herausgestellt. Das war politisch naiv und strategisch fahrlässig.“
Industrieverband Hamburg warnt vor Jobverlusten
Der Volksentscheid über die vorgezogene Klimaneutralität Hamburgs wird nach Einschätzung von Wirtschaftsverbänden ansässige Unternehmen schwächen. „Produktionsverlagerungen und Arbeitsplatzabbau unserer im weltweiten Wettbewerb stehenden Unternehmen lassen sich nun nicht mehr ausschließen“, so der Vorstandvorsitzende des Industrieverbands Hamburg, Andreas Pfannenberg. „Es ist zu befürchten, dass der Standort Hamburg durch diese unsicheren Rahmenbedingungen im Wettbewerb um Investitionen, Arbeitsplätze und Innovationen zurückfällt“, äußerte der Präses der Handelskammer Hamburg, Norbert Aust. Der Präsident der Handwerkskammer, Hjalmar Stemmann, sagte, die Betriebe müssten sich auf Unsicherheiten einstellen, die Investitionen in den Standort hemmten. Die wirtschaftliche Lage sei ohnehin schwierig.
Luisa Neubauer: „Wir haben Geschichte geschrieben“
Die Aktivistin Luisa Neubauer hat den erfolgreichen Volksentscheid für eine frühere Klimaneutralität in Hamburg begrüßt. Während die Bundesregierung in Sachen Klima den Rückwärtsgang einlege, gehe Hamburg nach vorne, schrieb sie auf der Plattform X. „Wir haben Geschichte geschrieben“, meinte die gebürtige Hamburgerin, die für den Volksentscheid geworben hatte.
Sprecherin der Initiative: „Senat in die Pflicht genommen“
Die Sprecherin der Initiative „Hamburger Zukunftsentscheid“, Annika Rittmann, sieht sich durch den Erfolg bestätigt. Die Mehrheit der Hamburgerinnen und Hamburger habe den Senat in die Pflicht genommen, sozialen Klimaschutz umzusetzen. Die Bürgerinnen und Bürger hätten erklärt, sie seien dazu bereit. „Also lasst uns diesen Weg gemeinsam gehen“, so Rittmann.
Kienscherf: „Ergebnis wird respektiert“
Im Vorfeld hatten nur die Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft die Volksinitiative offen unterstützt. Dirk Kienscherf, Fraktionsvorsitzender der regierenden SPD, sagte in einer ersten Reaktion, man werde das Ergebnis respektieren. Gleichzeitig betonte er, dass die Umsetzung wahrscheinlich Milliarden koste. Gejubelt wurde dagegen bei der Party der Klimainitiative, die unter anderem von „Fridays for Future“ und der Umweltschutzorganisation NABU unterstützt wird.
Video:
Erste Zahlen zu den Hamburger Volksentscheiden (7 Min)
Veit: „Starkes Zeichen für Demokratie“
Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) lobte die nach ihrer Einschätzung hohe Abstimmungsbeteiligung bei den beiden Volksentscheiden in Hamburg. Dies sei ein starkes Zeichen für eine lebendige Demokratie, sagte sie in einer Mitteilung. „Die unterschiedlichen Ergebnisse bei beiden Entscheiden zeigen, dass viele Abstimmungsberechtigte sich mit den konkreten Vorschlägen auseinandergesetzt haben und die Hamburgerinnen und Hamburger durchaus differenziert abstimmen“, so Veit. Sie gratulierte den Initiatoren des Zukunftsentscheids. „Auch der Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen gebührt Respekt, denn sie hat in einem überaus komplexen Bereich einen ordentlichen Gesetzentwurf vorgelegt und auf ein wichtiges gesellschaftliches Thema aufmerksam gemacht“.
Zweiter Volksentscheid zu Grundeinkommen
In dem zweiten Volksentscheid „Hamburg testet Grundeinkommen“ konnten Hamburger am Sonntag darüber abstimmen, ob es einen Modellversuch zum Grundeinkommen geben soll. Die Mehrheit stimmte dagegen.
Die Ergebnisse für die einzelnen Bezirke und Stadtteile für beide Volksentscheide sind auch auf dem Ergebnisportal des Statistikamts Nord einzusehen. Die Volksentscheide gelten als gewonnen, wenn zum einen mindestens ein Fünftel der rund 1,3 Millionen Wahlberechtigte zustimmt und es zum anderen mehr Ja- als Nein-Stimmen gibt. Erfolgreiche Volksentscheide muss der Hamburger Senat verbindlich umsetzen.

Die Initiative „Hamburg testet Grundeinkommen“ bekam bei einem Volksentscheid am Sonntag keine Mehrheit.

Rund 1,3 Millionen Hamburgerinnen und Hamburger waren am Sonntag aufgerufen, bei den beiden Volksentscheiden ihre Stimme abzugeben.

Am Sonntag konnten rund 1,3 Millionen Wahlberechtigte darüber abstimmen, ob Hamburg schneller als geplant klimaneutral werden soll. Ein Bündnis rief zum „Nein“ auf.

Soll Hamburg fünf Jahre früher klimaneutral werden? In der Bürgerschaft wurde über die Ziele des Volksentscheids gestritten, der am Sonntag stattfindet.