Kiel. Eine ganze Flotte großer Fähren, die früher einmal auf der Ostsee zwischen Deutschland, Schweden und Norwegen verkehrten, hat eine neue Verwendung in der Straße von Gibraltar gefunden. Nach ihrer Ausmusterung im Norden sind diese Schiffe Teil des boomenden Afrikaverkehrs.

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„Die neuen Linien nach Afrika sind sehr gut angelaufen. Wir haben hier ein starkes Wachstum im Reiseverkehr. Das gilt auch für die Linien nach Algerien und Marokko“, sagt Matteo Catani, Chef der italienischen Fährreederei GNV. Zuletzt kam am 1. Oktober die Passagier-Route Sète-Algier dazu.

Bei der Abschlussbilanz des Sommers konnte GNV-Chef Catani auf ein starkes Sommergeschäft verweisen. „Natürlich ist der Frachttransport sehr stark, aber auch im Passagiersegment gibt es positive Entwicklungen in Afrika“, sagt er.

Stena Line mischt im Afrika-Geschäft mit

Die zur MSC-Gruppe gehörende Reederei hat nicht nur ein Neubauprogramm mit acht Fähren gestartet, sie hat auch viele aus Nordeuropa stammende Fähren in die Flotte geholt. Dazu gehört die 2001 in Kiel gebaute „Superfast V“ und die 1987 gebaute „Kronprins Harald“, die jetzt als „GNV Allegra“ für GNV fährt. Von 1991 bis 2007 fuhr sie für die Colorline zwischen Kiel und Oslo.

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Drehkreuz im Fährverkehr nach Nordafrika ist der Hafen Tanger Med an der Straße von Gibraltar. Der erst 2007 eröffnete Megahafen hat einen Jahresumschlag von 142 Millionen Tonnen, womit er Hamburg übertrifft. Dort wurden 2024 immerhin 111 Millionen Tonnen umgeschlagen.

Tanger Med verzeichnete auch ein kräftiges Wachstum im Fährverkehr. 2024 gab es mit 3,04 Millionen Fahrgästen ein Plus um 13 Prozent gegenüber 2023. Treiber bei den Fähren ist der Güterverkehr mit 516.000 Lkw.

Die Straße von Gibraltar ist ein strategischer Standort für Passagiere zwischen Afrika und Europa sowie für den Welthandel.

Niclas Mårtensson

Stena Vorstand

Diese Wachstumsperspektiven haben auch die beiden größten nordeuropäischen Fährgesellschaftes DFDS (Kopenhagen) und Stena Line (Göteborg) erkannt. Die Stena Line ist 2024 bei der 2016 gegründeten marokkanischen Reederei Africa Morocco Link (AML) eingestiegen. „Wir sind stets auf der Suche nach neuen Geschäftsmöglichkeiten, die uns langfristig Bestand und Widerstandsfähigkeit sichern. Die Straße von Gibraltar ist ein strategischer Standort für Passagiere zwischen Afrika und Europa sowie für den Welthandel“, sagt Stena-Chef Niclas Mårtensson.

Die Fähre "Kaunas" von DFDS fuhr früher die Route Kiel-Klaipeda. Jetzt ist sie im Fährdienst zwischen Marokko und Spanien unterwegs.

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Im Fokus des Wachstums ist die Linie zwischen dem spanischen Hafen Algeciras und Tanger Med in Marokko. Als größtes Schiff wurde die „Stena Europe“ in den AML-Dienst geschickt. Die 1981 gebaute Fähre fuhr früher als „Kronprinsessan Victoria“ zwischen Kiel und Göteborg. Zusätzlich ist seit dieser Woche die „Stena Vision“ für Testläufe auf der Route eingetroffen. Sie wäre dann die größte Fähre in der Straße von Gibraltar. Bis 2010 fuhr sie als „Stena Germanica“ zwischen Kiel und Göteborg.

Flensburger Schiffe sind auch dabei

Neben den Stena-Fähren fährt auch die bis 2014 für DFDS auf der Route Kiel-Klaipeda eingesetzte „Kaunas“ für AML nach Marokko. Mit dabei ist dort auch noch die „Morocco Star“, die bis 2016 als „Prins Joachim“ für die Reederei Scandlines zwischen Rostock und Gedser pendelte.

Die Reederei DFDS übernahm von der Flensburger Reederei FRS die Iberia-Maroc-Tochter mit den Fähren „Kattegat“ und „Tanger Express“. Sie fahren jetzt unter der Flagge von DFDS im Afrika-Dienst.

Alle Fähren aus der Ostsee haben vor dem Start in der Afrikafahrt einige Anpassungen erhalten. Dazu gehören ein Raum zum Beten, neue Küchen und weniger Bars. Auch die „Stena Germanica” wird im Dock in Gibraltar entsprechend überarbietet. Die Reederei GNV hat sieben ihrer 22 Fähren mit Räumen fürs Gebet ausgestattet.

KN