Stand: 13.10.2025 07:58 Uhr

Sieben Entführte hat die militant-islamistische Hamas schon an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz übergeben. 13 weitere Geiseln sollen folgen – so sieht es die Einigung zwischen Israel und Hamas vor.

Die Freilassung der verbleibenden von der militant-islamistischen Hamas im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln hat begonnen. Mehrere israelische Medien berichteten, dass sieben der aus Israel entführten Menschen dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) übergeben wurden, die Organisation bestätigte dies.

Bei den Freigelassenen handelt sich demnach um Alon Ohel, Matan Angrest, Guy Gilboa-Dalal, Eitan Mor, Gali und Ziv Berman sowie Omri Miran. Alon Ohel, Gali und Ziv Berman sind auch Deutsche. Sie waren insgesamt 738 Tage in Geiselhaft.

Insgesamt sollen heute 20 lebende Geiseln freikommen – auch ein weiterer Deutsch-Israeli: Rom Braslavski. Eine zweite Freilassungsrunde wurde um 10.00 Uhr (9.00 Uhr MESZ) erwartet.

Israels Militär geht nicht davon aus, dass die Hamas auch alle 28 toten Geiseln heute – und damit innerhalb der im Rahmen der Waffenruhe vereinbarten 72-Stunden-Frist – übergeben kann.

Keine Veröffentlichung von Fotos geplant

„Das IKRK hat eine mehrphasige Operation gestartet, um die Freilassung und Überstellung von Geiseln und Häftlingen im Rahmen eines Waffenruheabkommens zwischen Israel und der Hamas zu erleichtern“, teilte die Organisation mit. „Das IKRK wird auch die Überführung der sterblichen Überreste der Verstorbenen erleichtern, damit die Familien ihre Angehörigen in Würde beerdigen können.“

Das IKRK weist auf eine Rolle als neutraler Vermittler hin, der in die Verhandlungen über die Freilassung nicht beteiligt gewesen sei. Es sei Aufgabe der Parteien, für Sicherheit und Würde zu sorgen.

Das IKRK werde aus Respekt vor den Betroffenen weder Bilder von den Freigelassenen noch Videos von der Übergabe veröffentlichen, teilte es mit. Das IKRK hat seit dem Massaker von Terroristen aus dem Gazastreifen in Israel am 7. Oktober 2023 die Übergabe von 148 Geiseln und 1.931 palästinensischen Häftlingen aus israelischen Gefängnissen koordiniert.

Berichte über Folter

Am Freitag war im Rahmen eines von US-Präsident Donald Trump initiierten Friedensplans eine Waffenruhe im Gaza-Krieg in Kraft getreten. Israel soll im Gegenzug für die Übergabe der Geiseln rund 2.000 palästinensische Häftlinge freilassen. Zu ihnen zählen bis zu 250, die zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt wurden. 

Die israelische Armee hatte sich mit Beginn der Waffenruhe auf eine vereinbarte Linie zurückgezogen. Die Armee hat aber immer noch die Kontrolle über etwa die Hälfte des von Israel abgeriegelten Küstenstreifens. Die Geiseln wurden unter grausamen Bedingungen festgehalten. Zuvor freigelassene Geiseln hatten von Folter und schweren Misshandlungen berichtet. In von Terrororganisationen veröffentlichten Videos waren stark abgemagerte Geiseln zu sehen. 

Krieg laut Trump vorbei, Netanjahu machte gegenteilige Angaben

Nach Auffassung von US-Präsident Trump ist der Krieg ungeachtet der noch ausstehenden weiteren Friedensverhandlungen vorbei. „Der Krieg ist zu Ende“, sagte der Republikaner an Bord der Air Force One zu Journalisten auf dem Weg nach Israel. Er gehe davon aus, dass die Waffenruhe halte.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte dagegen zuvor gesagt, der Kampf sei noch nicht vorbei. „Es liegen noch große Sicherheitsherausforderungen vor uns.“ Einige Feinde versuchten, sich zu erholen, um erneut anzugreifen, hatte der israelische Regierungschef gesagt.

Netanjahu sprach am Vorabend der Übergabe der Geiseln von einem „historischen Ereignis“. Es sei „der Beginn eines neuen Weges. Ein Weg des Aufbaus, ein Weg der Heilung“, sagte er in einer Videoansprache. Der Tag werde neben der Freude über die Rückkehr der entführten Geiseln aber auch von Trauer über „die Freilassung der Mörder“ geprägt sein, fügte er mit Blick auf die freizulassenden palästinensischen Häftlinge hinzu. 

Zahlreiche Staats- und Regierungschefs erwartet

Trump will am Vormittag (Ortszeit) in Israel zunächst Angehörige der Geiseln treffen und dann vor der Knesset – dem israelischen Parlament – eine Rede halten. Am Nachmittag will er zu einer „Nahost-Friedenszeremonie“ anlässlich des von ihm vermittelten Abkommens zwischen Israel und der Hamas in den ägyptischen Küstenort Scharm el Scheich weiterreisen. Dort werden mehr als 20 Staats- und Regierungschefs erwartet, unter anderem aus Europa und der arabischen Welt. Anreisen wird auch Bundeskanzler Friedrich Merz. 

Nach zwei Jahren Krieg ist die Lage für die Palästinenser in dem von Israel abgeriegelten Gazastreifen verzweifelt. Hunderttausende Menschen müssen sich in einer zu weiten Teilen zerstörten, vermutlich von Blindgängern übersäten Trümmerlandschaft zurechtfinden, in der sie nur durch dauerhafte Hilfe von außen überleben können.

Seit Beginn der Waffenruhe hat Israel die Einfuhr von mehr Hilfsgütern in das Gebiet erlaubt: Täglich sollen rund 600 Lastwagen einfahren. Das ist nach UN-Angaben die Mindestmenge, um die Bevölkerung zumindest mit dem Nötigsten zu versorgen. Laut israelischen Sicherheitskreisen soll etwa auch die Reparatur von Wasserleitungen, Abwassersystemen und Bäckereien möglich sein. 

Streitpunkte bleiben

Es ist jedoch nicht absehbar, ob das Abkommen zu einem längerfristigen Ende der Kämpfe in Gaza führen wird. Zwei der größten Streitpunkte bleiben die Entwaffnung der Hamas, die in Trumps Friedensplan vorgesehen ist, und der komplette Abzug von Israels Armee aus dem Gebiet. Nach einem vereinbarten Rückzug hält sie weiterhin etwa die Hälfte Gazas besetzt. Die Hamas spricht Israel zudem weiterhin das Existenzrecht ab, Netanjahu und seine rechtsextremen Regierungspartner wollen die Hamas restlos zerschlagen.

Auslöser des Gaza-Kriegs war das Massaker, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Palästinenserorganisationen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt haben. Auf israelischer Seite wurden dabei etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln nach Gaza verschleppt. Israel reagierte darauf mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde kamen dabei bislang mehr als 67.000 Menschen ums Leben.