Wenn Karsten Siebert – besser bekannt als „KAE ONE“– zur Dose greift, wird aus grauem Beton plötzlich Farbe, Form und Ausdruck. Seit fast vier Jahrzehnten prägt der Fuldaer Sprayer die regionale Graffiti-Szene – mit knalligen Styles, klaren Botschaften und jeder Menge Leidenschaft. – Fotos: Marvin Myketin
FULDA
Zufällig am Aldi getroffen
14.10.25 – Plötzlich macht es Klack Klack Klack, man hört ein Sprühen in der Nähe und der Duft von Chemie liegt in der Luft: Wenn Karsten Siebert – besser bekannt als „KAE ONE“– zur Dose greift, wird aus grauem Beton plötzlich Farbe, Form und Ausdruck. Seit fast vier Jahrzehnten prägt der Fuldaer Sprayer die regionale Graffiti-Szene – mit knalligen Styles, klaren Botschaften und jeder Menge Leidenschaft. OSTHESSEN|NEWS hat ihn am Donnerstag zufällig in Fulda am Horaser Weg, in der Nähe vom Aldi, an einer Wand getroffen – und direkt einmal gefragt, was er hier wieder erschaffen möchte.
„Ich sprühe mittlerweile seit 38 Jahren – vor allem an den legalen Wänden in Fulda. …Fotos: Marvin Myketin
Bereits 2013 stellte sich das Graffiti-Urgestein den Fragen unserer Redaktion und erzählte, dass er seine Kunst nutzt, um Jugendlichen einen kreativen Ausdruck zu ermöglichen. In Workshops zeigt er ihnen, wie Sprühen als Ventil dienen kann – besonders für introvertierte junge Menschen, die sich sonst schwer im Rampenlicht sehen. Während er das Organisationstalent illegaler Sprayer-Gruppen anerkennt, warnte er zugleich vor den Risiken solcher Aktionen, etwa bei Bahnanlagen. Heute sprüht KAE ONE legal, etwa bei Hip-Hop-Events in der Jugendkulturfabrik, und erhält auch Aufträge von Firmen und Privatpersonen. Doch Akzeptanz für Graffiti ist in Fulda nicht selbstverständlich – einmal wurde er beim Malen sogar mit einer Waffe bedroht. Trotz dieser Kontroversen sieht er Streetart als vielfältige Kunstform, die Freiraum für Kreativität und gesellschaftliche Botschaften bietet.
„Ich sprühe mittlerweile seit 38 Jahren – vor allem an den legalen Wänden in Fulda. Eine davon ist die bekannte Fläche an der Feuerwache, eine weitere befindet sich in der Jugendkulturfabrik. Das ist von der Stadt genehmigt“, erklärt er. „Ich habe eine Anfrage gestellt, und da ich auch für die Stadt Fulda arbeite – etwa bei Aufträgen und Workshops – durfte ich diese Platten, die jetzt zur Verkleidung angebracht sind, frei gestalten.“ Er befindet sich dabei direkt vor der alten Rhönmöbelfabrik, aus der künftig eine Kindertagesstätte werden soll.
International unterwegs
Sein Projekt versteht KAE ONE als fortlaufende Arbeit: „Hier entstehen nach und nach freie Werke, die ich immer wieder übermale und weiterentwickle. Vielleicht lade ich mir auch mal Gäste aus anderen Regionen ein – ich bin ja international gut vernetzt, war auch schon in New York unterwegs.“ Der große Vorteil einer solchen Fläche: Die Kunst bleibt länger sichtbar. „Im Gegensatz zu öffentlichen Wänden wird hier nicht gleich am nächsten Tag drübergemalt. So kann man aufwendigere Projekte planen und umsetzen.“
Der 55-Jährige arbeitet an seinem ersten Motiv auf der neuen Wand. „Ich male immer im Freestyle, also ohne feste Skizze. Ich gehe direkt an die Wand, lasse mich vom Material inspirieren und entwickle das Werk im Prozess. Auf der ersten Platte will ich nur meinen Schriftzug – KAE – wie einen Aufkleber auftragen. Ich fange jetzt hier an mit dieser dreckigen Platte, weil ich das sehr interessant fand im Zusammenspiel mit diesem verbitterten Holz. Ich werde auch nicht großartig streichen. Durch den Seidenglanz hebt sich das später von der matten Holzfläche ab – mit diesem Kontrast will ich spielen.“
OSTHESSEN|NEWS ist gespannt, wie die Platte in einigen Monaten aussieht – wir werden vorbeischauen!
(ms) +++ ![]()

