Sarreguemines steht unter Schock: Die Emotionen waren in Sarreguemines nach dem mutmaßlichen Selbstmord einer Neunjährigen mit Händen zu greifen. Ihre Mutter hatte sie am Samstagmorgen tot im Zimmer ihres Bruders aufgefunden. Das Mädchen hinterließ einen Abschiedsbrief. Sie soll sich seit Beginn des Schuljahrs im September beklagt haben, in der Schule ständig gehänselt zu werden, berichteten französische Medien.

Sie hat jeden Tag geweint

„Im Unterricht hat sie oft geweint, weil andere Kinder sie als dick und hässlich beleidigt haben“, sagte ein Klassenkamerad des Mädchens. „Das war oft nicht im Unterricht, sondern nach der Schule“, sagte er französischen Medien und fügte hinzu: „Sie haben sich über sie lustig gemacht.“ Eine Klassenkameradin sagte dem Fernsehsender TF1 laut FAZ, dass sie wegen ihres Gewichts geärgert wurde. „Sie weinte jeden Tag“, so das Mädchen. Sie habe ihr gesagt, dass sie es satthabe, dass sie die Hänseleien nicht mehr aushalte. „Ich sagte ihr, dass das aufhören würde, aber es hörte nicht auf“, berichtete die Klassenkameradin.

Wie die französische Presse berichtete, ahnten die Eltern nichts von den seelischen Qualen ihrer jüngsten Tochter. Die Familie sei fassungslos. Die Neunjährige wuchs mit sechs älteren Geschwistern auf.

Weiße Rosen als Zeichen der Trauer

Vor Unterrichtsbeginn versammelten sich am Montag Väter und Mütter vor der Grundschule „Montagne Supérieure“ im sozialen Brennpunkt Beausoleil und legten weiße Rosen vor das Schultor. Sie kamen nach eigener Aussage zusammen, um die Familie des Kindes zu „unterstützen”, aber auch, um ihre „Besorgnis” und ihre „Wut” nach diesem Drama auszudrücken, das diese Stadt mit 20 000 Einwohnern unweit der saarländischen Grenze erschüttert hat.

Brüder räumen die Blumen ab

Am Montag tauchten Berichten zufolge zwei ältere Brüder der Verstorbenen vor dem Schultor auf und entfernten die Blumensträuße und Kerzen, die als Zeichen der Anteilnahme abgelegt worden waren. Die Brüder verlangten, dass ein Schild am Schultor angebracht wird mit den Worten: „Die Familie möchte nicht, dass Sie Blumen niederlegen.“

Die Behörden haben eine offizielle Untersuchung eingeleitet, um die Umstände des Dramas aufzuklären. Bereits am Sonntag äußerten sich der Schulrektor und der akademische Direktor der Bildungsbehörde (Dasen) des Départements Moselle „bestürzt” über den Tod der Schülerin, „die sich das Leben genommen hat”. Sie versicherten, dass das Bildungsministerium, die verschiedenen staatlichen Stellen und die Gemeinde Sarreguemines „den Schülern und Mitarbeitern der Einrichtung sofortige und angemessene Unterstützung gewährleisten würden”. Eine Beratungsstelle mit zehn Schulpsychologen wurde eingerichtet, um Schüler, Eltern und Mitarbeiter zu betreuen.

„Unsere Kinder werden nicht genug gehört“

Viele Eltern waren wütend, weil ihre Kinder in der Schule nicht genug Gehör finden. „Wenn unsere Kinder nach Hause kommen und uns erzählen, dass sie gehänselt wurden, können wir ihnen noch so oft sagen, sie sollen es dem Lehrer oder der Lehrerin erzählen, es ändert sich nichts. Polizeiquellen bestätigten, dass die Neunjährige laut Angaben ihrer Mutter von ihren Klassenkameraden wegen ihres Übergewichts gehänselt wurde. Die Staatsanwaltschaft verfügte allerdings über „keinerlei Informationen, die darauf hindeuten, dass sie einen möglichen Selbstmordversuch angedeutet hätte“, und sie sei hinsichtlich einer möglichen Mobbing-Situation „sehr vorsichtig“.

Das Viertel Beausoleil in Sarreguemines wurde ab 1960 errichtet, es ist ein sozialer Brennpunkt. 1300 Menschen leben in diesem Viertel, das bis an die Autobahn Richtung Straßburg angrenzt. Der Ort Beausoleil grenzt an den Ort Roth, der wegen seines Badeweihers auch in Saarbrücken bekannt ist. 57 Prozent der Bewohner in Beausoleil leben unterhalb der Armutsgrenze. Ein Viertel der Menschen hat einen Migrationshintergrund, die Jugendarbeitslosigkeit beträgt 35 Prozent.

Menschen, die unter Depressionen leiden und Suizidgedanken haben, finden bei der Telefonseelsorge online oder telefonisch unter den kostenlosen Hotlines (08 00) 1 11 01 11 und (08 00) 1 11 02 22 rund um die Uhr Hilfe.