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Putin intensiviert seine Offensive gegen die Infrastruktur der Ukraine: Die Reparaturarbeiten beider Kriegsparteien laufen auf Hochtouren.
Kiew – Nach den verheerenden russischen Angriffen auf die Ostukraine ist auch das Gebiet Kirowograd betroffen: Fünf weitere Siedlungen liegen dort nach einem Angriff auf die Energieversorgung im Dunkeln. Das berichtet Ukrainska Pravda unter Berufung auf den Leiter der regionalen Militärverwaltung, Andrii Raikovych.
Nach zahlreichen Raketenangriffen auf die Energieinfrastruktur der Ukraine ist in weiten Teilen des Landes der Strom ausgefallen. Auch Kiew liegt teilweise im Dunkeln. (Archivbild) © Sergei Chuzavkov/imago-images.de
„Der Feind zerstört weiterhin kritische Infrastruktureinrichtungen im Gebiet. Diesmal in den Hromadas Dolynska und Nova Praha.“ Einige Gebäude seien beschädigt worden – fünf Siedlungen ohne Strom, erklärte Raikovych auf Telegram. Die Brände seien gelöscht, Opfer gebe es ersten Angaben zufolge nicht. Die Rettungskräfte seien weiterhin im Einsatz.
Putin rächt sich für Angriffe auf Russlands Wirtschaft im Ukraine-Krieg
Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerte sich in der Nacht auf Telegram zu den Angriffen. Russland habe seinen „Luftangriff auf unsere Städte und unsere Infrastruktur fortgesetzt“. Das Hauptziel sei die Energieversorgung des Landes. Weiter berichtete er von „96 Angriffsdrohnen“, von denen die meisten abgeschossen worden seien – „aber leider nicht alle“. Besonders verurteilte er den Angriff auf ein Krankenhaus in Charkiw: „Ein absolut terroristischer, zynischer Angriff auf einen Ort, an dem Leben gerettet werden.“
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Auch in der Region Kirowograd sei zivile Infrastruktur getroffen worden, darunter Eisenbahnlinien. In den Gebieten Sumy und Donezk habe Russland Energieanlagen und Unternehmen angegriffen. „Überall, wo es nötig ist, sind jetzt die erforderlichen Dienste im Einsatz“, so Selenskyj. Erneut appellierte der Präsident an westliche Partner, die Ukraine stärker mit Luftabwehrsystemen auszustatten. Nur so könne man „den Luftraum vor Raketen, Drohnen und Präzisionslenkwaffen schützen“. Sein Fazit: „Die Welt muss Moskau zwingen, sich an den Verhandlungstisch zu setzen. Nur Frieden durch Stärke kann zu einem Ergebnis führen.“
Trump unterstützt ukrainische Offensive gegen Russlands Wirtschaft
Wie zentral die westliche Unterstützung im Ukraine-Krieg inzwischen geworden ist, zeigt die jüngste Strategie Kiews: gezielte Angriffe auf russische Ölraffinerien. Nahezu täglich meldet die Ukraine Treffer gegen Putins Energieinfrastruktur – mit spürbaren Folgen für Russlands Wirtschaft. Viele Anlagen stehen still oder arbeiten nur noch eingeschränkt.
Am 11. Oktober bestätigte der ukrainische Geheimdienst SSU eine weitere erfolgreiche Operation: Eine Raffinerie sei binnen eines Monats bereits zum dritten Mal getroffen worden. Nach Recherchen mehrerer Medien, darunter CNN, wurden inzwischen mindestens 16 der 38 russischen Anlagen attackiert – über eine Million Barrel täglicher Raffineriekapazität sind betroffen.
Auch die US-Regierung in Washington soll an den Angriffen beteiligt sein. Laut einem Bericht der Financial Times unterstützen US-Geheimdienste die ukrainischen Operationen mit gezielten Informationen über russische Energieanlagen. Die Zusammenarbeit habe sich im Sommer deutlich intensiviert – ein Kurswechsel, der direkt auf US-Präsident Donald Trump zurückgeht.
Trumps wechselhaftes Verhältnis zu Wladimir Putin
Seit seiner Amtseinführung am 20. Januar 2025 zeigt US-Präsident Donald Trump einen wechselhaften Kurs im Umgang mit dem Kreml. Nach einem Eklat mit Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus (28. Februar) kappte Trump zunächst die US-Militärhilfe (3. März) und kurz darauf auch die Satellitenaufklärung für die Ukraine (5. März). Doch beim überraschenden Alaska-Gipfel mit Wladimir Putin am 15. August demonstrierte Trump demonstrative Nähe zu Moskau. Umso bemerkenswerter die jüngste Kehrtwende, beispielsweise in seiner jüngsten Befürwortung eines Abschusses von russischen Drohnen.
Ukraine bringt Russlands Wirtschaft weiter in Schieflage – Putin reagiert
Die zerstörten Ölraffinerien dürften die Sorge um Russlands Wirtschaft bei Präsident Wladimir Putin weiter verstärken. Schon in den vergangenen Monaten griff der Kremlchef zu immer drastischeren Maßnahmen, um die Kriegskasse zu füllen: Ein großer Goldproduzent sollte enteignet werden, Gazprom erhöhte die Gaspreise, und selbst der staatliche Reservefonds wurde bereits angezapft. Auch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer galt lange als wahrscheinlich. Doch gerade der Ölsektor – Putins wichtigste Einnahmequelle – gerät nun ins Wanken. Die gezielten ukrainischen Angriffe auf Raffinerien treffen Russland an einer empfindlichen Stelle.
Als Reaktion lockerte Putin per Dekret die Regeln für staatliche Treibstoffsubventionen. Die neuen Bestimmungen, am 12. Oktober 2025 veröffentlicht, erlauben Raffinerien staatliche Hilfen selbst dann, wenn die Großhandelspreise für Benzin und Diesel über den bisherigen Schwellen liegen. Die Regelung gilt vom 1. Oktober 2025 bis 1. Mai 2026 und soll die Versorgung des Binnenmarkts sichern, obwohl Exporte profitabler wären.
Im Jahr 2024 zahlte der Staat rund 1,8 Billionen Rubel (22 Milliarden US-Dollar) an Subventionen. 2025 sind die Hilfen drastisch gesunken – auf 716 Milliarden Rubel in den ersten neun Monaten. Die ukrainischen Angriffe verringerten Russlands Förder- und Raffineriekapazität um mehr als ein Fünftel und ließ die Treibstoffpreise im Inland steigen.
Ukraine-Krieg: Selenskyj kritisiert Putins „zynischen und kalkulierten Angriff“
Russland fand indes andere Hebel, um den Druck auf die Ukraine zu erhöhen, und zielte vor dem Winter erneut massiv auf die Energieinfrastruktur der Ukraine. Das russische Militär zielte dabei auf die Hauptstadt Kiew: Nach einem kombinierten Raketen- und Drohnenangriff fiel in den östlichen Stadtteilen der Strom aus. Auch die Wasserversorgung wurde unterbrochen, teilte Bürgermeister Vitali Klitschko auf Telegram mit. Zwölf Menschen wurden verletzt, acht von ihnen mussten ins Krankenhaus. Mehrere Wohnhäuser brannten.
Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem „zynischen und kalkulierten Angriff“. Moskaus Armee habe in der Nacht mehr als 450 Kampfdrohnen und über 30 Raketen abgefeuert. Nach seinen Angaben kam ein Kind ums Leben, mehr als 20 Menschen wurden verletzt. In neun Regionen, darunter Kiew, Donezk, Tscherkassy, Charkiw, Sumy und Odessa, kam es zu weitreichenden Stromausfällen. Auch Saporischschja, Kirowograd und Cherson meldeten schwere Schäden an der zivilen Infrastruktur. Der ukrainische Präsident kritisierte den verheerenden Angriff Russlands auf die zivile Energieinfrastruktur, die nach seinen Angaben vor Beginn der Heizperiode zum Hauptziel geworden sei, wie er bei Telegram schrieb.
Stromversorgung eingeschränkt: Selenskyj reagiert auf Putins Taktik
Die jüngsten Angriffe veranlassten die Ukraine dazu, ihre Stromversorgung in sieben Regionen einzuschränken. „Aufgrund der komplizierten Lage im vereinten Energiesystem der Ukraine, die durch die vorherigen russischen Angriffe verursacht worden ist, wurde die Stromversorgung in sieben Regionen notfallmäßig unterbrochen“, teilte das Energieministerium am Montag mit. Betroffen sind vor allem die zuletzt attackierten Gebiete im Zentrum und Osten des Landes, darunter Donezk.
In Saporischschja gelten die Beschränkungen laut Ministerium nur für Industriebetriebe, in Kirowohrad teilweise auch für Privathaushalte. Die jüngste Welle von Drohnen- und Raketenangriffen gilt als die schwerste seit Monaten. (Quelle: Ukrainska Pravda, Telegram, Financial Times, CNN, dpa, afp frühere Berichterstattung) (kox)