Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hat der Hamas wegen der schleppenden Übergabe getöteter Geiseln mit einer Fortsetzung der Angriffe im Gazastreifen gedroht. „Wenn die Hamas sich weigert, das Abkommen einzuhalten, wird Israel in Abstimmung mit den Vereinigten Staaten die Kämpfe wieder aufnehmen“, kündigte Katz nach Angaben seines Büros an. Er habe das Militär mit der Ausarbeitung eines umfassenden Plans zur Bekämpfung der Hamas beauftragt, heißt es in der Mitteilung weiter. 

US-Präsident Donald Trump unterstützte die Drohung. Er könne Israel das Weiterführen der Kämpfe jederzeit wieder erlauben, wenn die Hamas die Bedingungen des Friedensabkommens nicht einhalte, sagte er dem Sender CNN. „Israel wird auf diese Straßen zurückkehren, sobald ich das Wort spreche“, sagte er.

Die Terrororganisation Hamas hatte bis Mittwoch zehn Leichen an Israel überstellt. Bei einer von ihnen handelte es sich nach Erkenntnissen israelischer Forensiker allerdings nicht um eine Geisel. Zwei der übergebenen Leichen sind noch nicht identifiziert.

Der bewaffnete Arm der Hamas teilte mit, er habe alle „erreichbaren“ Geiselleichen übergeben. Für die Bergung der verbleibenden Leichen seien große Anstrengungen und spezielle Ausrüstung nötig. Israel hingegen behauptet mit Verweis auf Geheimdienstinformationen, dass die Hamas mindestens zehn weitere bergen könne. Das berichten die Nachrichtenseiten Axios und ynet. Laut dem Waffenruheabkommen hätte die Hamas schon am Montag die Leichen aller 28 verstorbenen Geiseln übergeben müssen.

IKRR warnt vor Zusammenbruch der Waffenruhe

Mirjana Spoljaric Egger, die Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), warnte vor einer neuen Eskalation im Gazastreifen. „Gaza liegt in Trümmern, kaum ein Gebäude ist nicht zerstört oder beschädigt. Es gibt keine Basisinfrastruktur, kein überlebensfähiges Umfeld mehr. Es braucht massive humanitäre Hilfe, bevor an Wiederaufbau zu denken ist“, sagte Spoljaric Egger im Interview mit dem Spiegel. 

Die größte Sorge der weltweit wichtigsten Hilfsorganisation sei im Moment, „dass diese Waffenruhe zusammenbricht“. Zu viele Menschen seien ihrer Menschenwürde beraubt worden. „Wenn noch einmal Krieg mit der bisherigen Intensität ausbricht, dann habe ich wenig Hoffnung dafür, dass es irgendwann nochmal wieder gut werden könnte“, sagte sie und appellierte an die internationale Gemeinschaft, die humanitäre Hilfe zu verstärken. „Die Kosten steigen, während die Budgets schrumpfen. Ohne ausreichende Mittel können wir unsere Arbeit nicht fortsetzen“, sagte Spoljaric Egger.

Hamas will sich laut Beratern an das Abkommen halten

Israel wirft der radikalislamischen Gruppe vor, sich nicht an das Abkommen zu halten, weil sie nicht sofort die sterblichen Überreste aller Verschleppten ausgehändigt hat. Wie die Nachrichtenagentur AFP aus US-Beraterkreisen erfuhr, habe die Hamas aber vor, sich an das Abkommen zu halten.

© Lea Dohle

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Das Gazaabkommen war am vergangenen Freitag in Kraft getreten, nachdem Israel und die Hamas dem ersten Teil eines US-Friedensplans zugestimmt hatten. Der von Trump vorangetriebene und von zahlreichen Staaten unterstützte 20-Punkte-Plan zur Beendigung des Gazakriegs sieht in einer ersten Phase die Übergabe aller Hamas-Geiseln aus dem Gazastreifen und die Entlassung inhaftierter palästinensischer Gefangener aus israelischen Gefängnissen vor.

Die letzten 20 überlebenden Hamas-Geiseln kamen wie vereinbart am Montag frei. Daraufhin entließ Israel knapp 2.000 palästinensische Häftlinge und Gefangene, darunter 250 wegen tödlicher Attentate Verurteilte.

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