In Deutschland gibt es immer weniger Buchhandlungen – diese alarmierende Meldung ließ kurz vor dem Start der Frankfurter Buchmesse aufhorchen:. Im Jahr 2023 waren es nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund 3000 Bucheinzelhandlungen. Das ist ein neuer Tiefstand und entspricht einem Rückgang um knapp ein Viertel innerhalb von fünf Jahren – 2019 waren es noch knapp 4000 Buchhandlungen hierzulande. Auch die Zahl der im Buchhandel arbeitenden Personen ging laut der Behörde im Fünfjahreszeitraum um 19 Prozent auf rund 22.600 zurück. Eine Entwicklung, die auch an Köln nicht spurlos vorbeigeht: So gab es in der Domstadt 2012 noch 130 inhabergeführte Buchhandlungen – im Jahre 2023 waren es nur noch 75.

Mag der Trend auch negativ sein, viele Kölner Buchhändler sehen dennoch positiv in die Zukunft. Uli Ormanns betreibt seit 1998 die traditionsreiche Agnes-Buchhandlung auf der Neusser Straße. Er kennt viele Buchhändler in Köln und glaubt, dass in der Domstadt die Buchläden so schnell nicht aussterben: „Das klassische, haptische Buchgeschäft wird immer noch sehr geschätzt. Trotz der medialen Konkurrenz ist der Buchhandel in Köln und Deutschland immer wieder auferstanden, auch wenn er bereits totgesagt wurde“, betont der 55-jährige Geschäftsinhaber. Er beschäftigt acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und eröffnet demnächst eine neue Filiale auf dem Mauritiussteinweg.

Live-Veranstaltungen und soziale Medien

„Im vergangenen Jahr haben wir sowohl ein Umsatzplus auch ein Kundenplus verzeichnen können“, erklärt Ormanns. Das lebendigen Agnesviertel stehe dabei für eine jüngere Kundschaft. „Natürlich sahen die Zahlen seit der Pandemie nicht immer rosig aus. Die Inflation hat auch uns betroffen, wir haben hohe Beschaffungskosten.“ Durch die Buchpreisbindung haben Buchhändler keine Möglichkeit der Preisgestaltung. „In unserer Branche muss man kreativ sein, daher sind wir auf den sozialen Medien aktiv und bieten Lesungen und weitere Events an.“

Weitere Buchhandlungen in Köln wollen dem deutschlandweiten Trend trotzen – so zum Beispiel der kleine „Buchladen Kalker Hauptstraße“. Die Leitung des Geschäfts, das vom Verein Integrationshaus betrieben wird, hat Elizaveta Khan inne. Sie stellt nicht ohne Stolz fest: „Wir haben sehr viele Kunden.“ Jedoch: Einige ist zögerlicher geworden, was die Geldausgabe betrifft. Die Verkaufszahlen gehen aktuell leicht zurück. Viele sind nicht mehr bereit, 25 Euro für ein Hardcover auszugeben.“ Genau wie Ormanns will sie durch Veranstaltungen Kaufanreize bieten: „Wir hatten am Samstag eine Lesung mit 40 Gästen, die sich in unser kleines Ladenlokal gequetscht haben.“ Zudem biete sie viel Literatur für Familien und nichtdeutsche Leser an, konnte so ihre Umsätze wieder steigern.

Elizaveta Khan leitet den „Buchladen Kalker Hauptstraße“ – und Tochter Kiki hilft gerne.

Elizaveta Khan leitet den „Buchladen Kalker Hauptstraße“ – und Tochter Kiki hilft gerne.

Konkurrenz erwächst den Buchhändlern auch immer mehr aus der eignen Branche heraus. Denn die digitalen Bücher sind auf dem Vormarsch. Laut des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels greift bundeweit mittlerweile jeder zweite Leser mit Vorliebe zu digitalen Büchern. Kahn kann diesem Trend aber durchaus Positives abgewinnen. Das digitale Buch biete eine Chance, Jugendliche ans Lesen heranzuführen: „Wir ermuntern die Kids, auch am Smartphone oder Tablet zu lesen – für uns ist das kein Problem, denn das ist heutzutage der Standard. Allerdings erlauben wir ihnen keine ständige Handynutzung im Laden, das wäre kontraproduktiv.“, sagt sie.

Für Uli Ormanns sind digitales Lesen und TikTok-Trends weniger im Fokus: „Wir wollen nicht auf jeden Zug aufspringen. Das haptische Erlebnis sollte für Leser wichtiger sein – und wir bemerken, dass viele Leser lieber ein Buch in der Hand halten, als digital zu lesen“, ist sein Eindruck.

Thalia beobachtet mehr junge Menschen

Überleben die kleinen Buchhandlungen besser als die großen, weil sie Nischen besetzen? Das Hagener Unternehmen Thalia hatte 2019 die Filialen der Mayerschen Buchhandlung in Köln übernommen und zahlreiche Filialen eingerichtet oder ausgebaut. Im abgelaufenen Geschäftsjahr machte das Unternehmen in der DACH-Region 2,2 Milliarden Euro Umsatz, was eine Steigerung von 14 Prozent zum Vorjahr bedeutete. Pressesprecherin Daniela Bluhm stellt fest: „Wir beobachten bei jungen Menschen zwischen 12 und 29 Jahren die stärksten Wachstumsraten, vor allem bei weiblicher Kundschaft.“ Auch in Köln brumme das Thalia-Geschäft: „Unsere Filialen sind bei unseren Kundinnen und Kunden sehr beliebt. Daher investieren wir auch weiter in die Modernisierung und Vergrößerung unserer Standorte im Kölner Stadtgebiet“, so die Sprecherin. Vor wenigen Monaten erst wurde die Mayersche am Neumarkt teils umgestaltet.

Ein drängenderes Problem als die Kundengewinnung sieht Uli Ormanns in der Ausbildung zukünftiger Buchhändler: „Fast alle Ladeninhaber in Köln sind zwischen 50 und 70 Jahren alt – das könnte tatsächlich zu einem Aussterben führen, wenn keine jungen Kräfte nachkommen. Es gibt nur noch eine echte Berufsschule für den Buchhandel in Nordrhein-Westfalen.“ Auch dürfe man die entspannte Situation in Köln nicht unterschätzen: „Der unternehmerische Aufwand ist für Buchhändler enorm hoch, jeder von uns muss sich für den Erfolg sehr strecken. Wir sind hier in Köln auf einer Scholle – Köln ist zum Glück immer noch eine Buchhandlungsstadt. Aber ob das auch in Zukunft so bleibt, wird die gesamtdeutsche Lage mitentscheiden.“