Weit entfernt von Serien- und In­dus­trie­produktion, feiern Kuhlmanns Arbeiten eben­­jene Verformungen, die beim Model­lie­ren des robusten Materials entstehen. Solch kleine Un­vollkommenheiten prägen auch die Kol­lek­tion „Lucid Dreams“ von 2024, die in der Galerie St. Vincents in Antwerpen ausgestellt wurde. Deren organisch geformte Leuchten verweisen auf eine wichtige In­spi­rationsquelle: die Natur. Bei Han­nah Kuhl­mann ist die allerdings stets eingebunden in ein künstlerisches Narrativ. Ihre „Lucid Dreams“ etwa laden die Betrachtenden ein zu einem Nickerchen mitten am Tag: In­dus­trie-Stahl trifft auf zarten Stoff, klare Kanten auf weiche Rüschen, Schleifen und überdimensionierte Blüten. So wird eine leicht surreale Zwischenwelt inszeniert, die Grenze zwischen Realität und Illusion verschwimmt. Kuhl­mann könnte ihrer Selbstbeschreibung also eigentlich noch „Geschich­ten­er­zäh­lerin“ hinzufügen. Oder „Traumfängerin“.

Hannah Kuhlmanns Liege „Bed Bug“

Die Liege „Bed Bug“ aus Stahlrohr und Vintage-Leder und „Lilly of the Valley“ – halb Tisch, halb Leuchte.

Eline WillaertPortrait von Hannah Kuhlmann

Hannah Kuhlmann präsentierte zuletzt die kontrastreiche Kol­lektion „Lucid Dreams“. Sie lässt in Köln poetische Unikate aus Stahl.

Neven Allgeier

Nazara Lázaro, Berlin/Barcelona

3D-Rendering ist nun wahrlich kein Tool der Zukunft mehr, aber wenn man erfährt,
dass Nazara Lázaros Möbel zuerst als digitales Objekt am Computer vollendet werden, ist man doch überrascht – vielleicht, weil ihre Möbel so eine organische, greifbare Anmutung haben. Lázaro hat in Ma­drid Interiordesign studiert und anschließend einige Jahre in Japan gelebt. Dort lernte sie, das Handwerk zu lieben, bemerkte aber, dass ihre eigenen Hände viel geschickter mit dem Computer umgehen können. Die Spani­e­rin, die zwischen Berlin und Barcelona pendelt, ist ein Ass im Ren­dern: Während der Pandemie wurde die US-Plattform Sight Unseen auf sie aufmerksam und setzte mit ihr die erste richtige Möbelkollektion um.

Wie bei einer Skulptur baut Lázaro einen Körper nach und nach auf – zuerst existiert er in der digitalen Realität und bekommt dann einen physischen Zwilling. Inspiration findet sie in der Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Kolleg:innen wie Charlotte Taylor und Oscar Piccolo, aber auch bei Gestal­te­r:innen der Vergangenheit wie César Manri­que, der Keramikerin Valentine Schle­gel – oder bei Joan Miró, dessen Namen auch ihr surrealistisch anmutender Kleiderständer trägt. Weil Lázaro aus Teneriffa kommt und das warme Wetter vermisst, zieht sie in Betracht, Berlin bald den Rücken zu kehren und ganz nach Barcelona zu ziehen, in Mirós sonnigen Geburtsort.

Nazara Lzaros „Steel Collection“ aus pulverbeschichtetem Stahl.

Hier entstand ihre „Steel Collection“ aus pulverbeschichtetem Stahl. Preis für das „Miró Coat Rack“ auf Anfrage.

Celine ParadisNazara Lzaro im Portrait

Ihre skulpturalen Möbel baut Nazara Lázaro zuerst virtuell. Die letzten Jahre hat sie in Berlin verbracht.

Veronika Janovec

Isabelle Graeff, Berlin

Statt an klassische Religionen glaubt Isabelle Graeff lieber an Quantenphysik – „wobei es natürlich Überschnei­dungen gibt“, wie die Künst­lerin und Designerin sagt. „Ich glaube an ein universales Bewusstsein, das alles durchdringt – Zufall gibt es für mich nicht.“ Nichtsdestotrotz oder auch gerade deshalb sind ihre „Portal“-Möbel ein Amalgam aus Kunst, Mathematik und Spiritualität. Sein verspiegeltes Äu­ßeres macht das in Sternenform gestaltete „Cabinet I“ aus der Kollektion fast unsichtbar, es verschmilzt mit seiner Umgebung, wirkt fast entmaterialisiert. Ganz im Gegensatz zum Inneren, das mit lackiertem Valchromat in Rot, Orange, Gelb oder Blau lockt.