Die Jugendmusikschule Ditzingen brachte Prominenz hervor: DJ Robin, Thomas D, Ex-Ministerpräsident Günther Oettinger. Der spielt zum Geburtstag sogar ein Ständchen.
Eigentlich, so berichtet es der CDU-Politiker und ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger, habe er als Kind nur Fußball spielen wollten. Blöd nur, dass sein Vater vor rund 70 Jahren Gründungsmitglied der Ditzinger Jugendmusikschule war – und die Mutter ihn, als er fünf Jahre alt war, vor die Entscheidung stellte, mit welchem Instrument er denn nun in die Musikerkarriere einsteigen wolle. Die Wahl des kleinen Oettingers fiel auf Rhythmik. „Ich war mit Rhythmik nur mäßig begabt “, erinnert sich der Politiker.
Von seiner Zeit an der Ditzinger Jugendmusikschule berichtet der 72-Jährige am Samstagabend in der Stadthalle, weil die Einrichtung einen großen Geburtstag feiert: 70 Jahre alt wird die Schule, die seit Beginn an ehrenamtlich geführt wird und seit jeher maßgeblich dazu beigetragen hat, dass Ditzingen auch Musikstadt ist. Zehn Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs hatte man sich hier für die Gründung der Musikschule entschieden. „Das war eine Entscheidung“, fasst es Bürgermeister Michael Makurath zusammen – nach vorne blickend, zukunftsgewandt. Aber man hatte eine Vision: Jedem Kind eine Chance zu bieten, Musik zu lernen.
Günther Oettinger beweist sich am Klavier
Und zu diesen Kindern gehörte einst eben auch: Günther Oettinger. Nach der Rhythmik machte er weiter mit der Blockflöte, dann Gitarre, und schließlich mit sieben Jahren Klavierunterricht bei seiner weißrussischen Lehrerin, wie er sich erinnert. Das hat gewirkt: „Wo immer ich bin, bei Freunden, im Hotel, ich gehe immer gerne ans Klavier“, erzählt Oettinger. Dass er das Klavierspielen nicht gänzlich verlernt hat, beweist er prompt – für eine Strophe des Volksliedes „Die Gedanken sind frei“ setzt er sich an den Flügel, vielleicht 20 Sekunden, dann gibt’s Applaus für den Ex-Ministerpräsidenten. Nicht umsonst hat er dieses Lied gewählt, das wird schnell klar. Dessen Botschaft wirkt in unsicheren Zeiten und dem Vormarsch rechtsextremer Parteien umso mehr.
Zwar nicht in Person, aber in Gedanken sind derweil auch einige andere prominente Alumni zu Gegend, um ihrer ehemaligen Musikschule zum Geburtstag zu gratulieren. Sie haben Videobotschaften eingeschickt, die beim Jubiläumskonzert abgespielt werden. Thomas D, Mitglied der Stuttgarter Hip-Hop-Gruppe Die Fantastischen Vier etwa. Der hatte einst Saxofon an der Jugendmusikschule lernen wollen. „Das hat mäßig geklappt“, sagt der Sänger in seinem Videogruß. „Aber hey, es hat trotzdem gereicht für eine Popstar-Karriere.“
DJ Robin und Fantastische-Vier-Sänger Thomas D gratulieren
Der Ditzinger DJ Robin, der besonders durch seinen kontroversen Ballermann-Hit „Layla“ bundesweit bekannt geworden ist, schickt seine Videobotschaft scheinbar direkt aus Mallorca. Mit plätscherndem Pool im Hintergrund erinnert er sich an seine Zeit an der Jugendmusikschule: „Ich war vor circa 20 Jahren auch mit am Start und habe Trompete gelernt, Noten lesen gelernt, war in der Rhythmusgruppe und ich bin gottfroh, dass es die Jugendmusikschule jetzt immer noch gibt.“
Kein Geburtstag ohne Geburtstagstorte. Foto: Simon Granville
Gratuliert wurde außerdem von Alumni wie Matthias Klink, Sänger an der Stuttgarter Staatsoper, Sängerin Brigitta Borchers, Kontrabassist und Labelinhaber Stefan Berger und der Stuttgarter Drag-Queen Vava Vilde.
Jugendmusikschule will in die Breite wirken
Ist die Jugendmusikschule also eine besondere Kaderschmiede für prominente Musiker? Manfred Frank, der die Schule seit 2001 leitet, vermutet eher glückliche Einzelfälle. „Vermutlich sind Musikschulen, die Begabtenförderung extremer fokussieren als wir, hier erfolgreicher“, sagt er. „Trotzdem ist es schön, dass auch aus einer Schule, die durchaus in die Breite wirken will, solche Menschen hervorgehen.“
In Zukunft will sich die Musikschule, das wird beim Jubiläumsabend immer wieder erwähnt, noch mehr öffnen, nicht mehr nur für Kinder, sondern auch Erwachsenen einen Zugang zu Musik gewähren. „Die JMS ist ein wichtiges Zentrum, das Familien nachhaltig in Kontakt bringt und Gesellschaft bildet“, sagt Frank. Musik, Noten, die sind überall auf der Welt gleich, sagt dann Günther Oettinger noch abschließend – in London, Shanghai, und Ditzingen.