Chikungunya wütet in Kuba: Mancherorts wanken Bewohner wie „Zombies“ durch die Straßen, geschwollen, erschöpft und von heftigen Gelenkschmerzen gezeichnet. Überfüllte Kliniken, fehlende Medikamente und unkontrollierte Mückenplagen verschärfen die Krise.

In der westkubanischen Provinz Matanzas breitet sich seit dem Sommer eine Epidemie des Chikungunya-Virus aus, die sich inzwischen zu einem landesweiten Gesundheitsproblem entwickelt hat. Besonders betroffen ist die Stadt Perico mit ihren rund 60.000 Einwohnern, wo nach Angaben zahlreicher Bewohner fast jede Familie mindestens einen Erkrankungsfall verzeichnet. Seit Juli ist das Virus, das durch die Agyptische Tigermücke (Aedes aegypti) übertragen wird, auf der Insel zurückgekehrt – nach mehr als zehnjähriger Abwesenheit – und trifft das Land in einer Phase tiefer wirtschaftlicher Krise und zunehmender Versorgungsengpässe.

Währende Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bis Ende September nur 34 laborbestätigte Chikungunya-Fälle in den Provinzen Guantánamo, Havanna, Matanzas, Pinar del Río und Santiago de Cuba meldete, spiegelt die Lebensrealität in Perico das Ausmaß der Krise wider: Bewohner berichten von wochenlangen Gelenkschmerzen, geschwollenen Gliedmaßen und einem Mangel an medizinischer Versorgung. „In meiner Straße hatten es fast alle“, sagt Pedro Arturo Revilla, der wie viele noch Wochen nach der Infektion unter Schmerzen leidet, gegenüber der spanischen Nachrichtenagentur EFE, Eine Nachbarin klagt über fehlende Insektenschutzmaßnahmen: „Hier wurde nicht ein einziges Mal richtig fumigiert. Bei so vielen Mücken und Kranken hätte längst gehandelt werden müssen.“

Das Wort Chikungunya stammt aus der Sprache der Makonde, einem Bantuvolk im Südosten Tansanias, und bedeutet „der gekrümmt Gehende“. Im Deutschen wird die Krankheit auch als „Gebeugter Mann“ bezeichnet, ein Name, der die charakteristischen Gelenkschmerzen und die oft gekrümmte Körperhaltung der Erkrankten beschreibt. Raúl González aus Perico, der an Multipler Sklerose leidet und selbst erkrankt war, scherzt trotz der ernsten Situation, man könnte eine neue Version von Michael Jacksons „Thriller“ drehen – „die Statisten würden kostenlos mitmachen, denn alle laufen wie Zombies durch die Straßen“.

Das Chikungunya-Virus hat sich zu Dengue und Oropouche gesellt, die ersten beiden werden durch die Aedes-Aegypti-Mücke übertragen, das dritte durch die Gnitze (spanisch jejene) winzige stechende Insekten, die zu den Mückenverwandten gehören und in tropischen Klimazonen wie in Kuba weit verbreitet sind – eine perfekten Kombination.

Die Behörden bestätigten, dass sich die Infektionskrankheiten Chikungunya, Dengue und Oropouche derzeit parallel ausbreiten. Nach offiziellen Angaben ist Chikungunya in acht, Dengue in zwölf Provinzen aktiv. Während die Gesundheitsbehörden den Mangel an Treibstoff als Grund für die ausbleibenden großflächigen Fumigationen nennen, betonen sie zugleich, dass ausreichend Insektizide vorhanden seien. Doch für viele Kubaner ist das kaum glaubwürdig.

„Hier gibt es keine Normalität“, sagt ein Betroffener aus Matanzas. „Die Straßen sind voller Müll, das Wasser läuft aus allen Rohren, und es wird nicht desinfiziert. Natürlich breiten sich die Mücken aus.“ Auch in der nahegelegenen Stadt Cárdenas berichten Bewohner von chaotischen Zuständen in den Kliniken. Viele Patienten würden gar nicht erst ärztliche Hilfe suchen, da es kaum Medikamente gibt und Ärzte lediglich auf Paracetamol und Ruhe verweisen. Ein Blister Paracetamol koste inzwischen bis zu 500 Pesos – fast ein Zehntel des durchschnittlichen Monatseinkommens.

Während die kubanische Regierung bemüht ist, die Lage herunterzuspielen, hat das US-amerikanische Seuchenkontrollzentrum CDC bereits eine Reisewarnung für Kuba ausgesprochen. Offizielle Zahlen zu den Infektionen gibt es nicht; lediglich drei Todesfälle durch Dengue wurden für dieses Jahr bestätigt.