Hildegard Scherer bemängelt die geringe Nähe beim Abendmahl. Warum sich die Kirche deshalb die ersten Christen zum Beispiel nehmen soll.
Die Liturgie der Eucharistiefeier hat nach Ansicht der Neutestamentlerin Hildegard Scherer einen zentralen Aspekt ihres ursprünglichen Charakters eingebüßt. „Persönliche Begegnung lässt sich in heutigen Eucharistiefeiern schwer abbilden“, sagte die Professorin an der Universität Duisburg-Essen im Gespräch mit kath.ch am Montag.
Den Verlust persönlicher Begegnung sieht die Theologin als Folge des kirchlichen Wachstums samt ihrer Strukturen. Doch gerade wenn Gemeinden schrumpfen, könne dies eine Chance sein, so Scherer. „Angesichts der schrumpfenden Besucherzahlen lässt sich fragen, ob vielleicht in den kleinen Ursprüngen auch ein Potenzial steckt, das heute wieder erfahrbar gemacht werden kann.“
Urchristen als Vorbild
Scherer erinnert daran, dass die Eucharistiefeier im Neuen Testament nicht nur ein religiöses Ritual, sondern auch Ausdruck von gelebter Nächstenliebe war. „Persönliche Begegnung ist ein Ernstfall von Nächstenliebe“, sagt sie. Diese Dimension des Miteinanders könne als Antwort auf das Bedürfnis nach Gemeinschaft, Anerkennung und gegenseitiger Stärkung heute neu entdeckt werden.
Die ersten Christen hätten ihre Mahlfeiern in Häusern oder kleinen Gruppen begangen, so Scherer. Dabei sei Gemeinschaft erlebbar gewesen – das gemeinsame Brotbrechen, das Gespräch, das Teilen des Lebens. „Paulus ist es enorm wichtig, dass in der Gestalt der Mahlfeier tatsächlich Gemeinschaft, nicht aber Ausgrenzung und Herabwürdigung erlebt wird“, betont sie.