Gebäude des Oberlandesgerichts Düsseldorf, in dem üblicherweise Gerichtsprozesse mit erhöhten Sicherheitsvorkehrungen stattfinden.

Stand: 21.10.2025 06:20 Uhr

Terrororganisationen wie der IS und die Hamas erhalten Geld aus Deutschland. Über Social Media werben sie für Spenden. Den Geldgebern Terrorfinanzierung juristisch zu beweisen, ist jedoch kompliziert, wie BR-Recherchen zeigen.

Von Niklas Eckert, Joseph Röhmel, Sabina Wolf, BR

„Gib dein Vermögen für den Dschihad her“: So werben Islamisten in Syrien in einem Social-Media-Post. Sie wollen Geld von ihren Unterstützern in Deutschland, zum Beispiel zum Kauf von Waffen. In einem Social Media Post heißt es, eine AK74 koste 1.000 Euro, ein Magazin dafür 50 Euro.

Die ehemalige IS-Anhängerin Chloe berichtet im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk (BR), dass sich IS-Frauen in Syrien um Geld für den Terror gekümmert hätten: Man rekrutiere im Internet andere Frauen, die beim Spenden sammeln helfen sollen. „Die sind schon sehr motiviert bei der Sache, denke ich, sind nicht ungefährlich.“

Mutmaßliche IS-Unterstützerin aus München

BR-Recherchen für die ARD-Story „Deutsches Geld für den Terror“ zufolge gelang es radikalisierten IS-Frauen in den vergangenen Jahren, mit Hilfe finanzieller Unterstützung aus dem Ausland aus kurdischen Lagern in Nord-Syrien auszubrechen.

Als zentrale Figur gilt Ermittlern zufolge eine Frau aus München. Elif Ö. soll 2015 als 16-Jährige nach Syrien ausgereist sein und heute die Spendensammlung für IS-Frauen koordinieren.

Deutsche Gerichte verurteilten bereits Unterstützer, die in ihrem Auftrag Geld eingesammelt haben sollen. Mindestens 40.000 Euro sollen so zusammengekommen sein.

Elif Ö. hält sich Ermittlern zufolge noch immer in Syrien auf. Wie Elif Ö. selbst zu den Vorwürfen steht, bleibt unklar. Der BR hat versucht, mit ihr Kontakt aufzunehmen – über einen Telegram-Kanal, den unter anderem Sicherheitsbehörden ihr zuordnen. Die Betreiber des Kanals teilten mit, es gebe keinen Kontakt zu ihr.

Schwierige Rechtslage

Es ist nicht einfach, Menschen zu verurteilen, die Geld an Terrororganisationen spenden. Das zeigt ein Fall von sieben mutmaßlichen Terrorunterstützern.

Der Bundesanwaltschaft zufolge sollen die Männer Geld an den IS geschickt haben. Wegen Terrorfinanzierung war vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf aber kein Einziger angeklagt. Denn für ein Urteil nach dem Straftatbestand „Terrorismusfinanzierung“, muss nachgewiesen werden, dass die Spende für eine konkrete Straftat verwendet wird.

Aus Sicht des Terrorexperten Hans-Jakob Schindler von der Forschungsorganisation „Counter Extremism Project“ macht das die Arbeit der Ermittler in Deutschland maximal kompliziert: „Man muss praktisch beweisen, dass dieser Euro für eine Kalaschnikow, Sprengstoff oder die Vorbereitung eines Anschlags gedacht war. Das ist ein Level von Dummheit, das wenige Terrorfinanzierer erreichen.“

Im Düsseldorfer Fall stützte sich die Anklage deshalb unter anderem auf den Straftatbestand „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“. Dafür spielt es zwar keine Rolle, wofür genau die Terrororganisation das Geld verwendet. Allerdings hat der Paragraf einen anderen Nachteil: Anders als bei Terrorfinanzierung muss für die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung nachgewiesen sein, dass das Geld auch wirklich bei der Terrororganisation angekommen ist, die Spende also erfolgreich war.

Neue Pläne der Bundesregierung

Das Bundesjustizministerium plant nun, bereits den Versuch von Terrorfinanzierung unter Strafe zu stellen. Im Juli veröffentlichte es einen entsprechenden Gesetzentwurf. Wann es zu einer tatsächlichen Änderung kommt und wie die dann ausgestaltet wird, ist noch völlig offen.

Experte Hans-Jakob Schindler würde die Unterscheidung zwischen Terrorunterstützung und Terrorfinanzierung ganz auflösen und empfiehlt einen Blick in die USA: „Das amerikanische Recht sagt: ‚Mir ist relativ egal, wofür du Geld spendest.‘ Du kannst auch einen Kaugummi an die Terrororganisation spenden, die bei uns auf der Terrorismusliste steht. Wenn du einen Kaugummi schickst, bist du Terrorismusfinanzierer. Das Strafmaß beginnt dann bei zehn Jahren.“

Das Düsseldorfer Verfahren gegen die sieben Angeklagten führte am Ende zu drei Verurteilungen. Der Senat des Oberlandesgerichts war davon überzeugt, dass sogar alle sieben Angeklagten „Anhänger des Islamischen Staates sind und dessen Ziele befürworten“, so der Vorsitzende Richter Jan van Lessen bei der Urteilsverkündung am 9. April dieses Jahres.

Der Fall „Gaza Now“

Bleibt die Frage: Wie genau gelangt das Geld eigentlich zu Terroristen? Klassische Banküberweisungen spielen eine untergeordnete Rolle. Oft nutzen Terrorunterstützer das sogenannte Hawala, ein Überweisungssystem jenseits des offiziellen Bankensystems.

Krypto-Experte Jonathan Levin vom US-Unternehmen Chainalysis bestätigt, dass zunehmend auch digitale Zahlungsmittel genutzt werden. Das zeigt der Fall des aus Linz stammenden österreichischen Aktivisten Mustafa A. Jahrelang sammelte er mit Aufrufen in seinem Telegram-Kanal „Gaza Now“ Spenden ein. Dazu postete er QR-Codes zu Krypto-Wallets.

Chainalysis zufolge kamen so mehrere Millionen Dollar zusammen. Ein Teil der Gelder floss nach Erkenntnissen von Ermittlern an die Hamas. Der Beschuldigte bestritt im Telefonat mit dem BR Ende September die Vorwürfe. Die Ermittlungen dauern an, inzwischen sitzt der Mann in Untersuchungshaft. Die USA und Großbritannien hatten ihn bereits im März 2024 auf ihre Sanktionslisten gesetzt.

Die TV-Dokumentation dazu finden Sie in der ARD-Mediathek: Deutsches Geld für den Terror.