Archivbild:Ein junges Mädchen, das mit einer Gruppe Jugendlicher unterwegs ist, klebt am 28.02.2019 in einem Park zwischen den U-Bahnhöfen Johannisthaler Chaussee und Britz-Süd Flugblätter an einen Laternenpfahl.(Quelle:dpa/C.Soeder)

Stand: 21.10.2025 08:19 Uhr

Dass Teenager vermisst werden, kommt vor – die meisten tauchen bald wieder auf. Nicht so die 15-jährige Rebecca aus Berlin-Neukölln. Die Schülerin verschwand 2019 spurlos aus dem Haus von Familienangehörigen. Was über den Fall bekannt ist.

Der Vermisstenfall Rebecca hielt die Hauptstadtregion 2019 in Atem. Insgesamt sollen im Nachgang bei der Mordkommission des Landeskriminalamtes über 3.000 Hinweise zum spurlosen Verschwinden der Schülerin eingegangen sein.

Polizei ermittelt im Fall Rebecca wegen eines Tötungsdelikts 20.10.2025, Brandenburg, Tauche: Einsatzkräfte der Polizei arbeiten auf einem Grundstück in Tauche (Landkreis Oder-Spree). (Quelle: Ivo Böhme/dpa)

Polizei sucht Rebeccas Leiche auf Grundstück von Großeltern des Schwagers

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Was man über die Umstände des Verschwindens weiß
 
Der 18. Februar 2019 ist der Tag, an dem Rebecca verschwindet. Die 15-Jährige muss erst um 9.50 Uhr zur Schule und hat nach Darstellung der Familie bei ihrer Schwester Jessica, ihrer kleinen Nichte und ihrem Schwager im Neuköllner Ortsteil Britz auf dem Sofa übernachtet.
 
Die Schwester geht an diesem Tag mit ihrer Tochter schon früh aus dem Haus. Rebeccas Schwager kommt in der Nacht von einer Firmenfeier nach Hause. Er schläft, als seine Frau das Haus verlässt – und zwar nach Angaben von Rebeccas Familie so lange, bis Rebeccas Mutter ihn anruft, weil sie sich Sorgen um ihre Tochter macht. Der Schwager schaut nach und beruhigt seine Schwiegermutter: Rebecca sei nicht mehr da. In der Schule kommt sie jedoch nie an. Ihre Kleider und ihr Rucksack sind weg. Als die Schülerin abends immer noch nicht zu Hause und erreichbar ist, melden Rebeccas Eltern sie bei der Polizei als vermisst. Auch Rebecas Smartphone ist und bleibt aus. Die Polizei kann später feststellen, dass sich das Handy des Mädchens zwischen sechs und acht Uhr morgens am Tag ihres Verschwindens ein letztes Mal in das Wlan des Hauses von Schwester und Schwager eingeloggt hatte.
 
Einige Gegenstände fehlten seit dem Verschwinden Rebeccas: Ein weißer Kapuzenpullover mit der Aufschrift „Rap Monster“, ein schwarz-weißer Sportschuh, eine beige-rosafarbene Handtasche, ein Rucksack und eine Fleecedecke.

Was es über die Suche nach dem Mädchen zu wissen gibt
 
Gleich nach dem Verschwinden Rebeccas suchen Familienangehörige mit Flugblättern und in den sozialen Netzwerken unter dem Hashtag #findbecci nach ihr. Ohne Erfolg. Auch die Polizei sucht die Umgebung erfolglos ab. In den folgenden Wochen suchen die Ermittler vor allem im Osten Brandenburgs wochenlang mit Hunderten Polizeibeamten, Mantrailer-Hunden, Booten und Tauchern in Wäldern und Seen nach Rebeccas Leiche. Ebenfalls ohne Erfolg.
 
Auch heute noch versucht die Polizei, den Fall aufzuklären und Hinweise auf den Verbleib des Mädchens zu finden. Bei den Ermittlern heißt es, solche Fälle könnten auch nach Jahren gelöst werden, wenn Hinweise oder Spuren auftauchen. Endgültig geschlossen werden die Akten nicht.
 
Durchsuchungen im Zusammenhang mit dem Vermisstenfall Rebecca gibt es im Laufe der Jahre immer wieder. So auch im Oktober 2025 im Raum Tauche (Oder-Spree).

Sämtliche Alternativgeschehen (…) können wir nach den Ermittlungen ausschließen. Für ein freiwilliges Verlassen der häuslichen Umgebung gibt es überhaupt keine Hinweise.

Warum vom Tod des Mädchens ausgegangen wird
 
Schon wenige Tage nach Rebeccas Verschwinden ermittelt eine Mordkommission des Landeskriminalamtes im Fall der Schülerin. Die Begründung: Es gebe seit mehreren Tagen keine Hinweise für den Aufenthaltsort des Mädchens – eine Straftat könne nicht ausgeschlossen werden. Dass Rebecca weggelaufen sein könnte, schließt auch ihre Mutter gegenüber dem rbb aus. Die Eltern hoffen zu diesem Zeitpunkt, dass die Tochter noch lebt, sie irgendwohin verschleppt wurde.
 
Seit dem 1. März 2019 gehen die Ermittler nach eigenen Angaben davon aus, dass die 15-Jährige das Opfer eines Tötungsdelikts wurde. Noch 2020 stellte die Staatsanwaltschaft fest: „Wir gehen weiterhin davon aus, dass Rebecca das Haus der Schwester und des Schwagers nicht lebend verlassen hat. Sämtliche Alternativgeschehen (…) können wir nach den Ermittlungen ausschließen. Für ein freiwilliges Verlassen der häuslichen Umgebung gibt es überhaupt keine Hinweise.“ Ausgeschlossen werden könne auch eine Entführung aus dem Haus oder auf dem Weg zur Schule. Die Polizei geht nach wie vor von einem Mordfall aus — und Mord verjährt nicht. Auch in Vermisstenfällen werden die Akten nicht endgültig geschlossen.
 
Sebastian Büchner von der Berliner Staatsanwaltschaft sagte dazu am 17. Februar 2023 im rbb, dass die Erfahrung die Ermittler gelehrt habe, „dass durchaus auch später immer noch Hinweise kommen können. Dass auch später noch Leute ihr Schweigen brechen, die doch etwas gewusst haben. Und auch einfach, dass irgendwelche Gegenstände noch gefunden werden, die sich dann auf einmal als eine neue und ergiebige Spur ergeben.“

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Wer der Tat verdächtigt wird
 
Unter Verdacht gerät der damals 27-jährige Schwager des Mädchens. Gegen ihn hält die Kriminalpolizei mehrere Indizien für ausschlaggebend [berlin.de]. Die Polizei nimmt den Schwager im März 2019 zwei Mal fest und lässt ihn jedes Mal wieder frei. Er bestreitet, etwas mit dem Verschwinden der Jugendlichen zu tun zu haben. Auch im Jahr 2023 wird das Haus des Schwagers in Britz erneut durchsucht.
 
Der Verdächtige und seine Anwältin äußerten sich in den vergangenen Jahren nicht zum Verbleib Rebeccas, auch auf Anfragen der dpa gibt es keine Antwort. Unmittelbar nach der Freilassung ihres Mandanten erhob die Verteidigerin allerdings schwere Vorwürfe gegen die Ermittlungsbehörden und auch die Medien. Der Mann würde dadurch vorverurteilt. Sie berief sich auf die Unschuldsvermutung.
 
Die Anwältin kritisierte auch, die Ermittlungen verliefen einseitig, weil sich die Behörden früh auf ihren Mandanten als Täter fokussiert hätten und nicht nach anderen Hinweisen auf den Verbleib des Mädchens suchten.
 
Rebeccas Familie hält den Schwager für unschuldig.

Was wir nicht wissen
 
Die Frage danach, was am 18. Februar 2019 genau passiert ist, bleibt unbeantwortet. Ebenfalls, ob die Jugendliche noch am Leben ist. Es gibt wortwörtlich keine Spur von Rebecca. Auch nicht von ihrem Handy und ihren anderen noch immer vermissten Gegenständen.

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Unklar ist auch, ob das Mädchen nicht doch irgendwohin verschleppt worden sein könnte. Ganz ausschließen können die Ermittler auch das nicht. Wenn Rebecca tot sein sollte, fehlt jeder Hinweis auf ihre Leiche.
 
Ungeklärt bleibt, welches Tatmotiv der Schwager haben sollte. Genau wie die Frage, warum er am Tag des Verschwindens und am Tag danach mit seinem Wagen auf der Autobahn unterwegs war. Der Familie von Rebecca soll er diese Fahrten plausibel erklärt haben. Von Fahrten als Drogenkurier war dabei nach Medienberichten die Rede. Bei der Polizei soll er dazu jedoch keine Aussagen gemacht haben.

Die Anwältin des Schwagers hatte Vorwürfe erhoben, die Ermittler hätten sich von Anfang an nur auf ihren Mandanten als Täter und somit auf ein totes Mädchen fokussiert und somit einseitig gesucht. Ob das so ist, lässt sich nicht beantworten.
 
Unklar ist auch, warum die Polizei mit einem retuschierten Bild nach der vermissten Rebecca gesucht hat. Das Mädchen war auf dem Foto stark geschminkt und daher nur schwer zu erkennen.

Sendung: Fritz, 17.02.2023, 15:30 Uhr

Rundfunk Berlin-Brandenburg