
Stand: 21.10.2025 11:58 Uhr
Der Einsatz von KI-Tools ermöglicht maßgeschneidertes Lernen, fördert gleichzeitig Medienkompetenz und einen verantwortungsvollen Umgang mit Datenschutz. Gleichzeitig werden neue Prüfungsformate nötig.
Literaturunterricht einmal anders: Die Schülerinnen und Schüler des Englisch-Leistungskurses an der Otto-Brenner-Schule in Hannover plaudern mit einer Romanfigur, einer unglücklichen Dame aus dem 19. Jahrhundert. Künstliche Intelligenz (KI) macht’s möglich. Ihr Lehrer Gianni Triantis hat diese Lernformate selbst entwickelt. Für seinen Kurs hat er mithilfe von KI Zeitzeugen programmiert, die dann mit den Jugendlichen chatten. Dabei entstehe eine kreative Form der Sprachkommunikation, die den Kids die Möglichkeit biete, eine virtuelle Zeitreise zu unternehmen und sogenannte Perspektivenwechsel zu erleben.
Künstliche Intelligenz: Kein Ersatz für Bücher

Der Lehrer Gianni Triantis hat ein neues Konzept entwickelt, wie die Schüler mit KI im Unterricht oder in Hausarbeiten arbeiten können.
Das funktioniert, sagt sein Schüler Foster Wulf: „Wir sind quasi vor Ort in der Geschichte – und das hilft uns natürlich in der Analyse weiter, wenn wir direkt fragen können: Was hast du in dem Moment gefühlt oder gedacht oder warum hast du so gehandelt?“ Das alles natürlich auf Englisch, inklusive Vokabelvorschlägen – individuell abgestimmt auf das jeweilige sprachliche Niveau der Lernenden. Gianni Triantis hat die virtuelle Figur mit allen Infos aus der Literaturvorlage „gefüttert“, dazu den historischen Kontext. Die KI-generierte Protagonistin ist also für alle Fragen gerüstet – kein Ersatz für das Buch, eher eine perfekte Ergänzung. Und abwechslungsreicher als alles, was sie in ihren 13 Jahren Schule habe lernen müssen, sagt Schülerin Annika Hansen.
Schüler lernen sicheren Umgang mit KI
Triantis setzt die KI gezielt als Feedbackgeber für Schreibprozesse sowie zur kreativen Generierung von Texten, Bildern, Videos und Musik ein – mit dem Ziel der Sprachförderung, aber auch einer reflektierten Auseinandersetzung mit den Potenzialen und Grenzen von KI. Denn auch darum geht es: sein Unterricht ist eine Art Doppelpack: Englisch auf der einen, sicherer Umgang mit KI auf der anderen Seite.
Gleichzeitig wird Medienkompetenz geübt

Dank der KI können die Schüler mit literarischen Figuren chatten.
Denn die Jugendlichen lernen gleichzeitig aus erster Hand die Grenzen und Fehlerquellen der künstlichen Intelligenz. Sie üben den kritischen Umgang mit Quellen – wie man das früher auch tat, erklärt Triantis, nur dass sich die Quellen verändern, mit der Zeit gehen: Vor 30 Jahren habe man Bücher analysiert und hinterfragt, dann die Glaubwürdigkeit von Wikipedia, heute eben KI. Das sei auch eine Übung in Medienkompetenz, sagt der Lehrer. Und das seien Skills fürs Leben.
Neue Form von Leistungsnachweisen
Aber dafür werden neue Prüfungsformate notwendig – denn bei reiner Textarbeit ist inzwischen immer schwerer zu kontrollieren, ob die Lernenden wirklich eigenständig gearbeitet haben. Also weniger schriftliche Klausuren und Hausaufgaben, das Mündliche zählt mehr – das brauchen die Kids sowieso für ihre Zukunft, sagt Triantis: „Ich setze auf neue Formate. Die Oberstufenreform in Niedersachsen hat sowieso das große Ziel, mündliche Formate zu fördern: Eine Präsentation, ein Erklärvideo oder einen Podcast erstellen. Es ist eine neue Aufgabenkultur, die sich entwickelt.
KI: Keine Gefahr, sondern Chance
Die Meinungen zu KI im Unterricht seien durchaus immer noch gespalten, sagt Triantis, der selbst an der Leibnitz Universität in Hannover Lernkonzepte entwickelt und unterrichtet. „Es gibt auch Stimmen, die sagen, es ist eine große Gefahr, aber ich denke, man kommt nicht daran vorbei.“ Schule müsse es ausprobieren und anwenden – denn in der freien Wirtschaft werde die künstliche Intelligenz schon seit über 20 Jahren genutzt.
So wird Künstliche Intelligenz in Schulen verwendet
Künstliche Intelligenz im schulischen Gebrauch bezeichnet digitale Systeme, die selbstständig lernen, Informationen verarbeiten und Lösungen vorschlagen können. Sie unterstützt Lehrkräfte bei der Unterrichtsplanung, Diagnostik und individueller Förderung. Schülerinnen und Schüler profitieren von adaptiven Lernprogrammen, kreativen Anwendungen und Sprachtools.
Niedersachsen will den Einsatz von KI im Unterricht durch Pilotprojekte und Fortbildungen für Lehrkräfte noch weiter stärken. Ab 2025 startet ein Pilotprojekt mit einem KI-gestützten Lern-Chatbot, der Schüler ebenfalls individuell unterstützen und Lehrkräfte entlasten soll. Außerdem erhalten Lehrkräfte Schulungen, um mit den Technologien umzugehen. Die Kultusministerkonferenz hat bereits im Oktober 2024 eine Handlungsempfehlung herausgegeben, um Lehrkräfte zu ermutigen, die neue Technologie einzusetzen.

Mit Künstlicher Intelligenz werden Lehrkräfte entlastet und können sich so besser individuellen Problemen der Schüler*innen widmen.

Ein Pilotprojekt soll laut Kultusministerium dieses Jahr starten. KI war Thema auf einem Bildungskongress in Hannover.