Mick Fleetwood (Schlagzeug) von Fleetwood Mac in Sindelfingen am 24. Januar 1972. Foto: Archiv/Schmidt
Rund um die Vorstellung des Buches „Von Abba bis Zappa“ fühlt sich einer der Mitbegründer der Sindelfinger Initiative Bird-Laden verunglimpft – und bleibt der Buchtaufe fern.
Dem Stuttgarter Pop-Verbot anno 1970 haben es Böblingen und Sindelfingen zu verdanken, zu dem Schauplatz früher Rockkonzerte im Südwesten zu werden. Über diese popgeschichtliche Kuriosität hat der Publizist und Zeitzeuge Christoph Wagner kürzlich das Buch „Von Abba bis Zappa“ veröffentlicht. Doch einer der Zeitzeugen ist mit der Darstellung nicht ganz einverstanden. Als treibende Kraft von Bird-Laden sollte Jürgen Weber bei der sogenannten Buchtaufe in der Sindelfinger Musikschule jüngst auf der Bühne sitzen – blieb aber absichtlich fern.
Gemeinsam mit Roland Stolz und weiteren Mitstreitern stellte Weber in jungen Jahren schon große Konzerte auf die Beine. Die Popinitiative ging 1971 aus dem Arbeitskreis Alternative Veranstaltungen und dem Club Q hervor, mit dem Ziel, Rockgruppen direkt in England zu buchen und sie als Non-Profit-Konzertagentur an befreundete Initiativen rund um Stuttgart zu vermitteln. Die Liste der damals auftretenden Bands liest sich wie das Who-is-Who der Rockgeschichte: Fleetwood Mac oder Status Quo waren nur einige der großen Namen.
In dem Buch und in einem Artikel in unserer Zeitung bezeichnete Autor Christoph Wagner die Organisatoren der Konzerte als „völlig unbedarfte Grünschnäbel“. Diese Formulierung stößt Jürgen Weber sauer auf: „Das ist eine Herabwürdigung und grenzt für mich ganz knapp an eine Beleidigung“, sagt Weber. „Selbst bei unserem ersten Konzert mit MAN 23. März 1971 im Eichholzer Täle in Sindelfingen waren wir zwar Amateure im Veranstaltungswesen, das waren aber auch andere etablierte Konzertagenturen.“
Weber will Verdienste gewürdigt sehen
Heute, 54 Jahre später, will Weber seine damaligen Verdienste gewürdigt sehen, sagt: „Wir waren über die aktive Zeit hinweg immer die Nummer eins, wenn es um die Wichtigkeit der Veranstaltungen ging. Und wir waren immer innovativer, so mit der eigenen Programmzeitung Pop Next oder Konzert-T-Shirts, lange vor der Erfindung des Band-Merchandise.“ Tatsächlich waren es Weber und Mitstreiter vom Kulturellen Verein Sindelfingen, denen es 1976 gelang, die Rolling Stones ins Neckarstadion zu holen.
Hat da einer nur was in den falschen Hals bekommen? Autor Christoph Wagner sieht ein großes Missverständnis: „Jürgen Weber versteht den Terminus ‚Grünschnäbel’ völlig falsch.“ Er habe das Engagement der Gruppe Bird-Laden in keiner Weise herabwürdigen wollen, im Gegenteil: „Ich habe der Gruppe ein ganzes Kapitel in dem Buch gewidmet, dies ist als große Würdigung zu verstehen.“ Das Wort müsse im Kontext gelesen werden, Bird sei das englische Wort für Vogel, was ihn zu der Assoziation brachte.
Christoph Wagner bei der Buchtaufe Foto: Stefanie Schlecht
Tatsächlich arbeiteten Wagner und Weber für das Buch sogar zusammen, wie das mehrseitige Interview mit Jürgen Weber zeigt. Darin erinnert sich der Zeitzeuge ausführlich an die wilden – und erfolgreichen – Zeiten zurück. Überdies hat Wagner keine Mühen gescheut, Jürgen Weber ausfindig zu machen. Erst über Bird-Laden-Mitstreiter Roland Stolz sei der Kontakt zustande gekommen. Dieser kam übrigens zur Buchtaufe nach Sindelfingen – und störte sich kein bisschen an Wagners Formulierung.