Der russische Geheimdienstchef Sergej Naryschkin hat den britischen Nachrichtendiensten eine direkte Beteiligung an den Explosionen der Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 vorgeworfen. Großbritannien habe, so Naryschkin, nach dem Anschlag im September 2022 „in seiner Straflosigkeit neue Grenzen des Erlaubten getestet“ und bereite nun weitere maritime Sabotageaktionen in der Ostsee und im Schwarzen Meer vor.

Die Äußerungen machte der Direktor des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR bei einem Treffen der Sicherheitschefs der GUS-Staaten. Seine Behörde sehe in der Aktion einen Teil einer langfristigen Strategie westlicher Staaten, Russland wirtschaftlich und sicherheitspolitisch zu schwächen. „Britische und europäische Geheimdienste übertragen ihre Erfahrung aus politischen Attentaten und verdeckten Operationen nun zunehmend auf den euroatlantischen Raum“, sagte Naryschkin.

Ermittlungen zu Nord Stream geraten ins Stocken

Offizielle Reaktionen aus London blieben bislang aus. Auch andere westliche Regierungen haben sich bislang weder zu den neuen russischen Anschuldigungen noch zu den offenen Fragen der Nord-Stream-Ermittlungen klar positioniert. Die Sabotage im September 2022 hatte in den ausschließlichen Wirtschaftszonen Schwedens und Dänemarks mehrere Explosionen verursacht und drei der vier Pipelinestränge zerstört. Bis heute ist der Nord-Stream-Fall nicht vollständig aufgeklärt.

Auffällig ist, dass mehrere Ermittlungsversuche in europäischen Ländern zuletzt ins Stocken geraten sind. Erst vergangene Woche hatte ein polnisches Gericht die Auslieferung eines ukrainischen Verdächtigen an Deutschland abgelehnt – mit ausdrücklicher Zustimmung von Ministerpräsident Donald Tusk, der das Verfahren für beendet erklärte. Der deutsche Auslieferungsantrag „verdient nicht, berücksichtigt zu werden“, sagte Richter Dariusz Lubowski jüngst im Bezirksgericht in Warschau und hob die Haft des Verdächtigen mit sofortiger Wirkung auf.

Der 46-jährige Ukrainer Wolodymyr Z. verließ daraufhin mit strahlendem Gesicht das Gerichtsgebäude als freier Mensch. „Richtig so. Der Fall ist abgeschlossen“, postete daraufhin Tusk auf der Plattform X. Schon in den Wochen zuvor setzte sich der polnische Regierungschef für die Freilassung des Inhaftierten ein. Auch Italien hat die geplante Auslieferung eines mutmaßlichen Drahtziehers an Deutschland gestoppt.

Der Kreml wertet dies als weiteres Indiz für eine politisch motivierte Blockade westlicher Justizbehörden. Russische Vertreter kritisieren seit Monaten, der Westen habe kein echtes Interesse an einer transparenten Aufklärung der Pipeline-Anschläge. Die Frage, wer hinter der Sprengung einer der zentralen europäischen Energieadern steht, bleibt damit weiter unbeantwortet.