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Der japanische Modehersteller Uniqlo expandiert nach Frankfurt und will sich mit funktionaler Unisex-Kleidung von Fast Fashion abheben.

Frankfurt – Es fühlt sich ein wenig so an, als sitze man bei einer UN-Vollversammlung: „Wir sind keine Fast Fashion. Wir sind zeitlose Demokratisierung“, sagt der 76-jährige Tadashi Yanai, als der japanische Selfmade-Milliardär über seine rasend schnell expandierende Modemarke Uniqlo spricht. Gäste und Medienschaffende aus Asien, Europa und Nordamerika sind an diesem Septemberabend zur Veranstaltung im Museum of Modern Art (Moma) in New York eingeladen und lauschen über Kopfhörer seinen Worten, die aus dem Japanischen übersetzt werden. Am Eingang sind Modelle der japanischen Marke ausgestellt, die für ihren schlichten und zugleich „stylish“ wirkenden Look gefeiert wird. Der Moma-Direktor bedankt sich, weil Uniqlo als Sponsor „Kultur für alle“ ermögliche und es so die Möglichkeit gebe, jeden Freitag kostenlos das Museum zu besuchen.

Uniqlo KampagneDie Cashmere-Kampagne ist ein Beispiel des schlichten Basic-Looks, der nicht auf saisonale Trends setzt. © Uniqlo

In den vergangenen Jahrzehnten hat es Tadashi Yanai geschafft, dass seine Holdinggesellschaft Fast Retailing, die er immer noch führt, zum drittgrößten Modehersteller weltweit aufgestiegen ist. Im Geschäftsjahr 2024/25 stieg der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 9,6 Prozent auf umgerechnet 19,2 Milliarden Euro, Wachstumstreiber ist dabei seine Modemarke. Allein das internationale Segment von Uniqlo trug dazu umgerechnet 10,8 Milliarden Euro bei.

Uniqlo-Gründer Tadashi Yanai (Mitte) mit Mitsuo Ohya (Toray), Tennisstar Roger Federer, Kreativ-Direktorin Clare Waight Keller, Ex-Vogue-Chefredakteurin Anna Wintour, Hollywoodstar Cate Blanchett und Künstler Kaws (v. li.) bei einer Veranstaltung im Moma in New York.Uniqlo-Gründer Tadashi Yanai (Mitte) mit Mitsuo Ohya (Toray), Roger Federer, Clare Waight Keller, Anna Wintour, Cate Blanchett und Kaws (v. li.). © Jason Sean Weiss/BFA.com

Angefangen hat alles 1949, als Tadashi Yanais Vater ein Geschäft für Herrenanzüge eröffnete. Er selbst aber verfolgte ein größeres Ziel: mit hochwertiger Massenware der teuren japanischen Mode etwas entgegenzusetzen. 1984 eröffnete er den ersten Uniqlo-Laden in Hiroshima.

Uniqlo-Läden von New York bis Frankfurt

Mehr als 2500 Läden betreibt Uniqlo mittlerweile weltweit: Das rote Logo der Marke ist nicht nur in Asien beliebt, sondern auch in Nordamerika. In New York hat sie einen zweistöckigen Flagship-Laden auf der berühmten Einkaufsmeile Fifth Avenue. Auch in Europa, Heimat der Konkurrenten wie dem Zara-Mutterkonzern Inditex und H&M, läuft die Expansion; 86 Geschäfte gibt es bereits: sechs allein in Berlin. Frankfurt bekommt seinen ersten Laden in bester Innenstadt-Lage in der Biebergasse am Donnerstag (16. Oktober). München folgt.

Großer Andrang bei Uniqlo-Eröffnung in Frankfurt – die FotosDie gehypte Modemarke „Uniqlo“ aus Japan eröffnet ihren ersten Laden in Frankfurt – mitsamt japanischer Trommelkunst. Der Andrang ist riesig.Fotostrecke ansehen

Es gibt viele Gründe für den Erfolg: Das prominent besetzte Podium in New York moderiert die renommierte Mode-Designerin Clare Waight Keller, die vergangenes Jahr als Uniqlo-Kreativdirektorin engagiert wurde. Zuvor war die Britin in der Haute Couture-Welt Zuhause und prägte den Stil von Marken wie Chloé und Givenchy. Die Modedesignerin entwarf auch das royale Hochzeitskleid für Meghan Markle. Neben Keller sitzen Hollywoodstar Cate Blanchett und Tennis-Größe Roger Federer. Sie plaudern darüber, warum sie die Modemarke und deren Werte so lieben: Immer wieder fallen die Worte: eine bessere Welt, Nachhaltigkeit, funktionelle, bequeme Basic-Kleidung, die anders als Konkurrenten nicht auf Trends, sondern auf zeitlose Designs setze, und lang halten soll („Lifewear“).

Markenbotschafterin von Uniqlo ist Hollywoodstar Cate Blanchett

Cate Blanchett ist die neue Markenbotschafterin. Die 56-Jährige passt perfekt zur Besseren-Welt-Botschaft, die Uniqlo vermitteln möchte: Die Oscarpreisträgerin setzt sich seit Jahren für Umwelt- und Menschenrechtsfragen ein. Zudem macht die vierfache Mutter immer wieder Schlagzeilen, weil sie Kleider auf roten Teppichen auch zweimal trägt. Roger Federer ist seit 2018 Markenbotschafter und trägt, wie der 44-Jährige erzählt, Uniqlo auch als Rentner. Denn auch das gehört zur Firmenphilosophie: Die Mode soll für alle Größen, jedes Geschlecht und jede Altersgruppe sein.

Marke setzt auf Nachhaltigkeit: Qualität wichtiger als Trends

Auch Genderfluidität und so der Unisex-Look spielen eine wichtige Rolle: „Diese Art von sehr festgefahrener Weiblichkeit und Männlichkeit ist bei Uniqlo-Designs kaum relevant. Frauen tragen übergroße Herrenblazer. Aber genauso haben wir viele männliche Kunden, die es lieben, kurze Damenjacken zu tragen. Dass dieses Konzept in diesem Ausmaß funktioniert, habe ich bei keiner anderen Marke gesehen“, betont Designerin Keller am nächsten Tag im Meatpacking-Viertel des New Yorker R&D Centers (Forschungs- und Entwicklungszentrums) von Uniqlo. Die nächsten Kollektionen sind streng geheim und deshalb für den Besuch der Pressevertreter:innen verdeckt worden.

Koji Yanai ist Sohn des Gründers und Senior-Vorstandsvorsitzender bei Fast Retailing. Koji Yanai wird nicht Nachfolger des Vaters. © Marc Patrick/BFA.com

Auf der Straße werde die Kreativ-Direktorin von zufriedenen Kund:innen angesprochen, das sei das größte Kompliment. Aber auch im Alltag begegnen einem Menschen, die von Uniqlo überzeugt sind: Egal ob im Fitnessstudio oder auf Social Media: Es wird von der „Langlebigkeit und Bequemlichkeit“ geschwärmt.

Was sagen Branchenkenner zu Uniqlo? Achim Berg, Gründer des Thinktanks FashionSIGHTs und lange McKinsey-Berater, sagt: „Uniqlo ist keine Fast Fashion, weil es eben weder fast noch Fashion ist: Sie sind weniger modisch, sondern die Qualität steht im Mittelpunkt. Die Preise sind nicht billig, aber eben noch moderat.“ Sie lägen zwischen H&M und Zara. Billig-Onlineanbieter wie Shein seien so keine Konkurrenz.

„Unfassbare Erfolgsgeschichte“

„Uniqlo ist eine unfassbare Erfolgsgeschichte. Im vierten Jahr verzeichnen sie Rekordzahlen. Aber sie sind nicht so erfolgreich, wie Tadashi Yanai das gerne hätte. Er hat schon mehrfach verkündet, dass er der größte Modehändler der Welt werden wird. Aber jetzt hat er gerade mal die Hälfte der Größe von Inditex. Ich fürchte, das wird nichts mehr“, sagt Berg. „Aber er hat durchaus Chancen, H&M, die gerade in einer Findungsphase sind, irgendwann zu überrunden.“

Die Marke passe auch zum Zeitgeist, weil Menschen seit der Pandemie auch bei Kleidung mehr auf Langlebigkeit setzten.

Berg betont, dass auch die technologischen Innovationen sehr beliebt seien. Bereits früh setzte Yanai auf Technologien: 2003 begann die Zusammenarbeit mit dem auf Fasern spezialisierten Chemiekonzern Toray, um Funktionswäsche zu entwickeln. So gibt es beispielsweise Kleidung mit „Heattech“ für den Winter. Das Material soll Schweiß aufnehmen und Wärme generieren.

Das Thema Nachhaltigkeit immer wichtiger bei Uniqlo

Wie besonders ist das? Martina Gerbig, Forschungsmitarbeiterin bei Texoversum, der Fakultät Textiltechnik, an der Hochschule Reutlingen, sagt: Das Wording sei Marketing und an das moderne Leben angepasst. Denn: „Die Heatteach-Funktionskleidung besteht aus Fasern, die schon seit Jahrzehnten auf dem Markt sind und von vielen Textilunternehmen in unterschiedlichen Mischungen für ähnliche Produkte eingesetzt werden.“

Der Fokus von Uniqlo liegt nun auch immer mehr auf dem Thema Nachhaltigkeit. Kund:innen können gebrauchte Sachen in eine Box werfen: Ein Teil davon wird dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen gespendet, zudem werden alte Daunenjacken recycelt und wiederverwertet. Auch bietet die Marke in ihren Läden einen Reparaturservice für kaputte Kleidung an.

Gründersohn: „Glauben, dass beides gleichzeitig erreicht werden kann“

Koji Yanai ist Sohn des Gründers und Senior-Vorstandsvorsitzender bei Fast Retailing. Der 48-Jährige betont im Interview, er verstehe, dass das alles zu gut klingt, um für Massenmode wahr zu sein: „Manchmal denken die Leute, dass es unmöglich ist, ein Gleichgewicht zwischen erschwinglicher Qualität und Nachhaltigkeit zu finden, aber wir glauben, dass beides gleichzeitig erreicht werden kann.“

Produktionskette ist online einsehbar

Auch Kaschmir recyceln sie mittlerweile. Wie nachhaltig ist das alles? Martina Gerbig von der Hochschule Reutlingen sagt: „Die Kreislaufwirtschaft für Textilien – von der Kleidung über die Faserrückgewinnung bis zu einem textilen Produkt – steckt noch in den Kinderschuhen. Geeignete Verfahren sind vorhanden, jedoch nicht in der Breite etabliert.“ Die allermeisten Recyclingverfahren seien in Wirklichkeit ein Downcycling, das heißt, die Faserqualität leidet und damit auch die Produktqualität. Aber je nach Produkt sei eine geringere Qualität völlig ausreichend. Uniqlo zeige mit dem Recycling von Daunen einen guten Weg. Auch die Verwendung von recyceltem Polyester – in der Regel aus Kunststoffflaschen- gehe in die richtige Richtung und soll in Kürze durch EU-Vorschriften geregelt sein.

Anspruch auf bessere Welt

Positiv hervorzuheben ist, dass bei Uniqlo die Produktionskette (ohne Fasergewinnung) einfach auf der Homepage zu finden ist. Auch dies sei EU-Vorschriften geschuldet. Aber nicht jedes Unternehmen hat es so kundenfreundlich umgesetzt. Die nachhaltigste Kleidung sei die, die lange getragen und repariert werde. „Und aus unserer Sicht die, die in Deutschland oder zumindest in Europa gefertigt wird“, so Gerbig.

Fast Retailing lässt wie die Konkurrenz an Billiglohn-Standorten in China, Vietnam oder Bangladesch in „Partner-Fabriken“ produzieren. Wie ist das mit dem Anspruch einer „besseren Welt“ vereinbar? Der Sohn des Gründers Yanai sagt: „Wir schaffen viele Arbeitsplätze und legen Wert darauf, dass die Menschenrechte der Fabrikarbeiter:innen gewährleistet werden.“

Söhne von Uniqlo-Gründer werden nicht die Chef-Rolle übernehmen

Weder er noch sein drei Jahre älterer Bruder Kazumi Yanai werden die Chef-Rolle des Vaters in Zukunft übernehmen: „Als ich noch in der Junior High war, hat er uns klargemacht, dass, wenn er abtritt, ein Managementteam seine Position übernehmen wird. Dieses soll die Leidenschaft für das Unternehmen leben.“

Transparenzhinweis: Die Reise erfolgte auf Einladung von Uniqlo. Einfluss auf den Inhalt wurde nicht genommen. Dieser Hinweis stand korrekt in der Zeitung, ging beim Onlinestellen aber verloren. Wir haben ihn deshalb nachträglich ergänzt.