Arbeiten im Ruhestand soll sich ab 1. Januar 2026 mehr lohnen. Mit der neuen, so genannten Aktivrente dürfen Menschen im Rentenalter bis zu 2.000 Euro im Monat, also 24.000 Euro im Jahr, steuerfrei dazuverdienen. Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf bereits beschlossen, nun ist der Bundestag am Zug.
Der Arbeitsmarktforscher Enzo Weber hält die sogenannte Aktivrente für ein gutes Signal, „aber man muss sehen, die Aktivrente wird ziemlich teuer für das, was sie erreichen kann“, sagte der Leiter des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg gegenüber dem BR Fernsehen. „Denn diese Steuerfreiheit, die werden vor allem die gerne mitnehmen, die ohnehin weitergearbeitet hätten.“
Wer kann von der Aktivrente proftieren?
Die Regierung will mit der Aktivrente vor allem ältere Beschäftigte motivieren, freiwillig länger zu arbeiten. Hintergrund ist der zunehmende Fachkräftemangel – vor allem in Bereichen wie Pflege, Bildung oder Handwerk. Auch für die Sozialversicherung ist das Modell attraktiv: Wer länger arbeitet, zahlt weiter Beiträge.
Doch die Regelung gilt nur für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte – nicht für Selbstständige, Beamte oder Freiberufler. Das sorgt für Kritik. Begünstigt werden von einer Aktivrente, laut Arbeitsmarktforscher Enzo Weber, zudem vor allem Gutverdiener.
Wie funktioniert die Aktivrente konkret?
Wer das gesetzliche Renteneintrittsalter erreicht hat und weiter in einem Angestelltenverhältnis arbeitet, kann bis zu 2.000 Euro brutto monatlich steuerfrei verdienen. Diese Steuerfreiheit gilt direkt bei der Gehaltsabrechnung – man muss also nichts über die Steuererklärung regeln.
Aktivrente: Was passiert mit dem Einkommen über 2.000 Euro?
Für Einkommen über 2.000 Euro gilt wieder die normale Steuerpflicht. Das steuerfreie Einkommen wird aber nicht auf den Steuersatz der übrigen Einkünfte angerechnet. Sie unterliegen damit nicht dem so genannten Progressionsvorbehalt.
Auch wenn keine Steuern fällig werden, müssen weiterhin Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt werden. Die Hälfte übernimmt der Arbeitgeber, zum Beispiel auch die Beiträge für die Rentenversicherung. „Dadurch entsteht noch ein weiterer erhöhter Anspruch für die Rente durch die sogenannten Renten- oder auch Entgeltpunkte“, erklärt Martin Klotz, Altersvorsorge-Experte beim Geldratgeber Finanztip, „weil der Arbeitgeber weiterhin für mich Beiträge abführt und das steigert dann in der Zukunft meine Rente.“
Ein Beispiel: Bei 2.000 Euro brutto Zusatzverdienst bleiben einem Arbeitnehmer – in Steuerklasse I (ein oder zwei Kinder senken den Pflegeversicherungsbeitrag) im Ruhestand derzeit um die 1.500 Euro netto. Mit der Aktivrente könnten es – steuerlich begünstigt – rund 300 Euro mehr sein. Unterm Strich etwa 3.600 Euro jährlich.
Rentenanspruch alleine reicht nicht
Bayern1-Hörer Armin aus Rottendorf in Unterfranken – Jahrgang 1964, also ein klassischer Boomer – wollte wissen: „Kann ich die Aktivrente schon mit 65 nutzen? Ich hätte dann 49 Arbeitsjahre hinter mir. Oder gilt das erst mit dem gesetzlichen Renteneintrittsalter von 67?“ Tatsächlich kann Armin in diesem Falle die steuerlichen Vorteile der Aktivrente nicht für sich nutzen.
„Denn die Idee der Bundesregierung ist, und so wie es gerade im Entwurf steht, dass man das erst kann, wenn man die eigene Regelaltersgrenze erreicht hat“, erklärt Altersvorsorge-Experte Klotz, „und die liegt beim Jahrgang 1964 bei 67 Jahren. Erst ab diesem Moment bin ich berechtigt, das zu nutzen.“
So klappt’s mit der Aktivrente auch für Selbständige
Wie bereits erwähnt können Freiberufler, Beamte oder Geringverdiener von den steuerlichen Vorteilen der Aktivrente nicht profitieren. Peter, Bayern1-Hörer aus Gottfrieding in Niederbayern und selbständig, will wissen: „Ich gehe in zwei Jahren in Rente. Wenn ich mein Gewerbe abmelde und bei einem Betrieb angestellt arbeite, darf ich dann auch die 2.000 Euro steuerfrei verdienen?“ Das geht tatsächlich.
Wichtig ist bei der Aktivrente nur, dass man angestellt ist. Ob die Rentnerinnen und Rentner vorher Beamte oder Selbständige waren, spielt keine Rolle. „Das können Selbstständige auf jeden Fall nutzen, das ist ein guter Trick“, sagt Experte Martin Klotz. „Denn es kommt nur darauf an, was ich dann nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze tue. Ich kann angestellt weiterarbeiten und dann kann ich auch in den Genuss dieser 2.000 Euro kommen, die ich steuerfrei beziehen kann.“
Aktivrente – wann wird sie beschlossen?
Noch in diesem Jahr wird im Bundestag über die Aktivrente beraten, bevor das Gesetz Anfang 2026 in Kraft treten soll. Mehrere Verbände fordern, dass auch Selbstständige und Freiberuflerinnen und Freiberufler in die Regelung aufgenommen werden. Das würde die Aktivrente deutlich gerechter machen – ist aber wegen der zusätzlichen Kosten derzeit eher unwahrscheinlich.
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