Russland führt seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit unverminderter Härte fort, am Mittwoch wurden wieder viele Tote und Verletzte gemeldet, in Charkiw wurde ein Kindergarten getroffen. Der Krieg treibt weiter viele Menschen in die Flucht.

In Deutschland hat die Zahl ukrainischer Flüchtlinge zuletzt deutlich zugenommen. Das mag einerseits mit den gelockerten ukrainischen Ausreiseregeln für junge Männer zu tun haben. Der sächsische CDU-Innenminister Armin Schuster sieht aber noch einen anderen Grund: das verschärfte Aufenthaltsrecht für Ukrainer in Polen.

Wie das Bundesinnenministerium bestätigte, stieg die Zahl der eingereisten jungen Ukrainer im Alter von 18 bis 22 Jahren von 19 pro Woche Mitte August auf über tausend Mitte September an. Im Oktober wuchsen die Zahlen demnach noch weiter: Hier waren es zuletzt zwischen 1.400 und fast 1.800 pro Woche.

Den Angaben zufolge lebten Mitte Oktober rund 1,26 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland, die seit dem 24. Februar 2022 in Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf ihre Heimat eingereist sind. Ein Jahr zuvor lebten rund 1,18 Millionen ukrainische Kriegsflüchtlinge in der Bundesrepublik. 

Ukraine lockert Ausreiseregeln, mehr Flüchtlinge in Deutschland

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine durften Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren das Land nur mit einer Erlaubnis verlassen, um einer womöglichen Einziehung zur Armee nicht zu entgehen. Ende August lockerte die ukrainische Regierung aber ihre Ausreiseregelungen: Männer zwischen 18 und 22 Jahren dürfen nun wieder das Land verlassen.

Das Bundesinnenministerium geht bei den gestiegenen Einreise-Zahlen davon aus, „dass es sich um eine erste Phase erhöhter Migration nach dem Inkrafttreten der im Sommer seitens der von der Ukraine beschlossenen Regelung handelt“, wie eine Sprecherin betonte. Danach könne „die Zahl der schutzbegehrenden jungen Männer wieder abnehmen“.

Neuregelung der Sozialleistungen geplant, aber noch nicht umgesetzt

Einen Asylantrag müssen Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland und anderen Staaten der Europäischen Union nicht stellen, weil sie nach der sogenannten Massenzustrom-Richtlinie Aufnahme finden und damit auch sofort arbeiten dürfen. Eine Verlängerung des vorübergehenden Schutzes bis zum 4. März 2027 ist auf EU-Ebene bereits beschlossen. 

Union und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dass ukrainische Flüchtlinge, die nach dem 31. März 2025 nach Deutschland kommen, die geringeren Asylbewerberleistungen erhalten sollen – so wie in den ersten Wochen nach Kriegsbeginn. Im Mai 2022 hatte der Bundestag entschieden, ihnen den Zugang zum Bürgergeld zu gewähren, wenn sie ihren Lebensunterhalt durch Einkommen und Vermögen nicht selbst decken können. 

Das Vorhaben der Koalition befindet sich laut dem SPD-geführten Bundesarbeitsministerium aktuell noch in der regierungsinternen Abstimmung. Einen Referentenentwurf dazu, der die Regelung aus dem Koalitionsvertrag umsetzt, habe man bereits am 6. August vorgelegt. Für Ukrainerinnen und Ukrainer, die schon länger in Deutschland sind, ändert sich durch die geplante Änderung nichts. Kritik an der geplanten Änderung kam unter anderem vom Paritätischen Gesamtverband, der Rückschritte bei der Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter befürchtet.

Union verweist auf Verschärfungen für Ukrainer in Polen

Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) mahnte kürzlich eine rasche Umsetzung der geplanten Neuregelung für Ukrainer an. Er hält die Änderung für „besser gestern als morgen“ erforderlich. Schuster verwies darauf, dass Polen unlängst das Aufenthaltsrecht für Ukrainer verschärft habe. Künftig sollen sie Sozialleistungen wie Kindergeld nur noch dann erhalten, wenn sie in Polen arbeiten und Steuern zahlen. Daher bestehe Zeitdruck, auch die Leistungen in Deutschland anzupassen. 

Der CSU-Vorsitzende Markus Söder hatte kürzlich einen völlig neuen Umgang mit Schutzsuchenden aus der Ukraine gefordert. Es brauche „klare Regeln“, sagte er nach einer CSU-Vorstandssitzung. „Das heißt Stopp beim Thema Bürgergeld, das heißt aber auch: den Zugang und den Zuzug begrenzen.“ Die ukrainischen Männer wären aber „besser im eigenen Land“, um dieses zu verteidigen und zu schützen.

Zum Hören: Söder will Zuzug von Ukrainern begrenzen