Ab 2027 darf kein russisches Flüssigerdgas mehr in die EU kommen, darauf haben sich die Staaten verständigt. Wird es teurer für Verbraucher?
Schon ab 2027 darf kein Flüssigerdgas aus Russland mehr in die EU importiert werden. Das haben die EU-Staaten im Rahmen eines neuen Sanktionspakets gegen Moskau beschlossen. Wie genau soll das funktionieren und was hat das für Folgen für Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zu ? Fragen und Antworten.
Was bedeutet der Importstopp für Menschen in Deutschland?
Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft ist es noch schwer abzuschätzen, welche Preisauswirkungen der Importstopp für Endverbraucher haben wird. Dies hänge von einer Reihe von Faktoren ab, sagt Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae.
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- Einerseits könnte die erhöhte Nachfrage von europäischen Importeuren für nichtrussisches Gas die Preise am Weltmarkt ansteigen lassen.
- Andererseits seien bereits eine ganze Reihe neuer LNG-Exportprojekte in Planung und im Bau, zum Beispiel in den USA, aber auch Katar. „Damit wird dann das Angebot am Weltmarkt erhöht und negative Preiseffekte würden vermutlich ausbleiben.“
Timm Kehler, Vorstand des Verbands Gas- und Wasserstoffwirtschaft, sagte, es sei wichtig, dass verlässliche Ersatzstrategien geschaffen werden. Es brauche langfristige Lieferverträge, den Ausbau der LNG-Importinfrastruktur sowie die Beseitigung gesetzgeberische Vorgaben, etwa beim Import aus den USA. „Ohne solche Maßnahmen drohen Preissteigerungen und stärkere Marktvolatilität.“
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Eine Gasrechnung wird in einem privaten Haushalt vor einem Gaszähler gehalten (gestellte Szene). Der Städtetag hat in Bezug auf den drohenden Gasmangel und die Maßnahmenpläne der Kommunen Gespräche in Berlin geführt, über die nun berichtet wird. (zu dpa: «Was bedeutet das EU-Einfuhrverbot für russisches LNG?») Bernd Weißbrod/dpa Sind deutsche Unternehmen vom Importverbot betroffen?
Ja. Das bundeseigene deutsche Energieunternehmen Sefe ist von dem Einfuhrverbot betroffen. Auf Basis eines bestehenden, langfristigen Vertrags importiert es weiterhin Flüssigerdgas aus Russland in die EU. Das Unternehmen hieß früher Gazprom Germania, war eine Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom und wurde als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der Energiekrise in Deutschland verstaatlicht.
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Eine Sefe-Sprecherin sagt auf Anfrage: „Da der Zeitplan für das Importverbot nun definiert ist, können wir eine fundierte Bewertung der Auswirkungen vornehmen.“ Diese Analyse sei derzeit im Gange. Man habe aber das Portfolio in den vergangenen drei Jahren aktiv breiter gestreut, um auf ein mögliches Ende der russischen LNG-Importe vorbereitet zu sein.
Wie und wann soll die Einfuhr verboten werden?
Um Russlands Einnahmen aus dem Verkauf von Flüssigerdgas (LNG) zu reduzieren, gilt ab 2027 ein vollständiges Importverbot. Das ist ein Jahr früher als ursprünglich geplant.
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Im Juni hatte die EU-Kommission zunächst eine Verordnung vorgeschlagen, mit der alle russischen Gaseinfuhren ab 2028 verboten werden sollen. Die Verordnung wird derzeit von den EU-Ländern und dem Europaparlament verhandelt. Auch trotz der nun beschlossenen Sanktionen soll die Verordnung verabschiedet werden: Damit würde der Importstopp auch weiterhin gelten, wenn die Sanktionen einmal wieder aufgehoben werden sollten.
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Von Schleppern begleitet transportiert der LNG Tanker «Rias Baixas Knutsen» (r) eine Ladung LNG zum Energie-Terminal «Deutsche Ostsee». (zu dpa: «Was bedeutet das EU-Einfuhrverbot für russisches LNG?») Stefan Sauer/dpa Warum wird überhaupt noch Öl und Gas aus Russland nach Europa importiert?
Bis zu Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wurde die Energieversorgung in Deutschland und vielen anderen EU-Staaten trotz erster Sanktionen gegen das Land zum großen Teil mithilfe von günstigem Öl und Gas aus Russland sichergestellt. Die Umstellung der Energieversorgung kostet Zeit – vor allem, weil allzu heftige Auswirkungen auf die Verbraucherpreise für Energie vermieden werden sollen. Zwar erließ die EU weitgehende Einfuhrverbote für russische Energieträger wie Kohle und Öl, allerdings gibt es noch Ausnahmeregelungen. Klare Gas-Sanktionen gab es wegen der Abhängigkeiten bislang aber nicht.
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Auf einer Abdeckung einer Metallplatte im Fußweg steht das Wort «Gas». Unter dem Deckel befindet sich ein Absperrvorrichtung für einer Gasleitung. (zu dpa: «Was bedeutet das EU-Einfuhrverbot für russisches LNG?») Patrick Pleul/dpa Wie stark ist die EU derzeit noch von russischen Energielieferungen abhängig?
Laut einer Übersicht der Brüsseler Denkfabrik Bruegel kamen in den Monaten Juli bis September 4,7 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas über die Pipeline Turkstream in die EU. Sie verläuft von der südrussischen Küstenstadt Anapa durch das Schwarze Meer bis zum türkischen Ort Kıyıköy im europäischen Teil der Türkei. Außerdem importierte die EU rund 3,5 Milliarden Kubikmeter Flüssigerdgas aus Russland. Damit machte russisches Gas im dritten Quartal rund zehn Prozent aller Gasimporte in die EU aus.
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2024 hatten Gaslieferungen aus Russland noch rund 19 Prozent aller Importe ausgemacht. Insgesamt wurde im vergangenen Jahr nach Angaben der EU-Statistikbehörde Eurostat natürliches und verarbeitetes Gas im Wert von 15,6 Milliarden Euro aus Russland importiert. Zum Vergleich: Aus den USA kam Gas im Wert von 19,1 Milliarden Euro.
Verlässliche Aussagen darüber, wie viel russisches Gas konkret nach Deutschland gelangt, sind derzeit laut dem Verband Gas- und Wasserstoffwirtschaft nicht möglich. „Die Herkunft lässt sich auf nationaler Ebene kaum eindeutig bestimmen, da Gas – ob per Pipeline oder LNG – im europäischen Netz weitertransportiert und zwischen den Ländern gehandelt wird“, sagt Vorstand Kehler.