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Die EU plant neue Regeln gegen Wucher-Mieten. Das Thema ist beim Gipfel oben auf der Agenda. Was ändert sich beim Wohnen? Unser Paragrafen-Check für Sie!
Brüssel – Die Miete frisst das halbe Gehalt auf, eine Eigentumswohnung können sich nur noch Gutverdiener leisten – und bei Besichtigungen stehen hunderte Interessenten Schlange. Nach jahrelangem Wegschauen hat die Europäische Union (EU) die Wohnungskrise endlich als Topthema entdeckt. Wir zeigen Ihnen, was sich für Mieter und Käufer ändern könnte und welche Maßnahmen wirklich helfen.
Protest gegen zu teures Wohnen: In Berlin demonstrieren tausende Menschen gegen Mieten-Wucher. Das Problem gibt es europaweit. Die EU plant jetzt Maßnahmen. © Paul Zinken/dpa
Am Donnerstag (23. Oktober 2025) startet in Brüssel der EU-Gipfel. Die Staatschefs wie der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) verhandeln dann über die Hilfen im Ukraine-Krieg. Daneben hat sich aber auch der Kampf gegen den Mietwucher in europäischen Städten ganz weit nach oben auf die Agenda geschoben. Doch was plant die EU-Kommission ganz konkret, um das Thema in den Griff zu bekommen?
Auf einen Blick: So kämpft die EU gegen Mieten-Wucher – unser Paragrafencheck für Sie
- Was ändert sich? Die EU plant neue Regeln gegen Airbnb-Missbrauch, schnellere Baugenehmigungen und mehr Geld für sozialen Wohnungsbau
- Wer ist betroffen? Alle Mieter, Wohnungssuchende, Immobilienkäufer und Airbnb-Nutzer in der EU
- Ab wann gilt es? Erste Vorschläge sollen im Dezember 2025 kommen, konkrete Gesetze frühestens 2026
- Das Wichtigste für Sie: Beobachten Sie die Entwicklungen – die geplanten Maßnahmen könnten Ihren Wohnungsmarkt vor Ort spürbar verändern.
Die Kernfrage: Warum gibt es die neuen EU-Regeln zu den Mieten überhaupt?
„In vielen Mitgliedstaaten ist Wohnen zu einem zunehmend sozialen und wirtschaftlichen Problem geworden, auch für Bürger mit mittlerem Einkommen und die jüngeren Generationen“, schrieb EU-Ratspräsident Antonio Costa in seiner Einladung zum zweitägigen EU-Gipfel in Brüssel an die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union (EU). Deshalb habe er sich jetzt entschieden, das Mieten-Thema auf die Tagesordnung zu setzen.
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Costa sorgt damit für eine Premiere. Wohnen und Mieten war für die EU bislang eher weniger ein Thema. Doch das soll sich ändern, denn Europa ist zu einem großen Wohnraumkrisenherd geworden. In der Kommission von Ursula von der Leyen (CDU) gibt es seit einem knappen Jahr erstmalig mit Dan Jørgensen einen eigenen Kommissar für Wohnen. Zuletzt hatte er bereits einige Vorschläge auf den Tisch gelegt. Doch was ändert sich dadurch für Sie? Hier der schnelle Überblick: Was bedeutet das konkret für meinen Geldbeutel?
Was bedeutet das konkret für meinen Geldbeutel?
- Für Mieter: Wenn die geplanten Airbnb-Beschränkungen greifen, könnten mehr Wohnungen auf den normalen Mietmarkt zurückkehren – das würde den Preisdruck mindern. Gleichzeitig sollen Mieterrechte gestärkt werden, schreibt die FAZ.
- Für Käufer: Schnellere Baugenehmigungen (geplant: maximal 60 Tage) könnten das Angebot erhöhen und Preise stabilisieren. Allerdings: Bis neue Wohnungen fertig sind, vergehen Jahre.
- Für Vermieter: Ein geplanter Steuerbonus soll Anreize schaffen, Wohnungen an junge Menschen und Familien zu vermieten.
Die Zahlen sind jedenfalls dramatisch: In Deutschland sind die Wohnkosten in zehn Jahren um 51 Prozent gestiegen, wie das Portal Europa-Region berichtet. In anderen EU-Ländern ist es noch schlimmer – in Ungarn um unfassbare 237,5 Prozent. Gleichzeitig haben rechte Parteien das Thema für sich entdeckt und machen Zuwanderung für den Wohnungsmangel verantwortlich. Die EU reagiert nun, weil sie erkannt hat: „Europa kann sich diese Krise nicht leisten“, schrieb EU-Wohnungskommissar Dan Jørgensen Anfang der Woche in einem Gastbeitrag für t-online.de.
Wo lauern die Fallstricke?
Die EU-Pläne gegen die Wohnungskrise klingen aus Mieter-Sicht vielversprechend, doch Vorsicht ist geboten. Die meisten Maßnahmen befinden sich noch in der Planungsphase – konkrete Verbesserungen werden Sie frühestens 2026 spüren. Zudem kann die EU nur Rahmen vorgeben, während die tatsächlichen Regeln weiterhin von Städten und Ländern gemacht werden. In München oder Hamburg könnte sich daher mehr ändern als in kleineren Orten. Ein weiteres Problem: Vermieter könnten versuchen, die neuen Airbnb-Beschränkungen zu umgehen, indem sie auf andere Plattformen ausweichen oder ihre Angebote verschleiern, berichtete die Morgenpost. Paradoxerweise bergen mehr EU-Regeln auch das Risiko zusätzlicher Bürokratie, was Bauprojekte verlangsamen, statt beschleunigen könnte.
Trotzdem ist der Handlungsdruck für die EU groß. Denn die Wohnungskrise ist zum politischen Sprengstoff geworden. Rechte Parteien von Geert Wilders in den Niederlanden bis zur Chega in Portugal haben das Thema erfolgreich besetzt und machen Zuwanderung dafür verantwortlich, wie das Luxemburger Tageblatt berichtet. Kommende Woche stehen in den Niederlanden die Wahlen an. Dort kommt das Bemühen der EU ein wenig zu spät.
Denn die Brüsseler Bürokratie reagierte bislang auf die Wohnungskrise mit typischen Reflexen: Ein eigener Wohnungskommissar wurde geschaffen, Pläne und Ausschüsse entstehen und brauchen noch Monate und Jahre bis zur Umsetzung von konkreten Maßnahmen. Während jahrelang über „Veggie-Burger-Verbote“ diskutiert wurde, ignorierten die Abgeordneten ein Thema, das fast alle 450 Millionen EU-Bürger betrifft. Die nächsten Monate werden also zeigen, ob die EU über symbolische Gesten hinauskommt. (Quellen: Bild, FAZ, t-online, Europa-Region, Tageblatt, Morgenpost) (jek)