Die Klaviere und die Bienen sind nur zwei der vielen Details, die diese Bibliothek und ihre neunzehn Zweigstellen zu etwas Besonderem machen. Die Bienenvölker kamen durch Vermittlung eines Imkers auf den Balkon des Kulturpalastes. Kunis und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben für sie einen Platz vor den Fenstern der Kinderbibliothek gewählt und Hochbeete angelegt. „Uns ist wichtig, dass Kinder sehen, wie eine Erdbeere wächst und wie eine Paprika aussieht. Und wenn dann der Imker kommt, dann ist man live dabei, hinter einer sicheren Scheibe.“

Bibliothek der Dinge verleiht Ukulele oder Teleskop

Zwischen 45.000 und 65.000 Besucher kommen pro Monat allein in die Zentralbibliothek in den Kulturpalast. Nicht nur, um eines der etwa 300.000 Medien dort auszuleihen: etwa Bücher aus der Belletristik- oder der Kinderbibliothek, Bildbände über Kunst, Noten aus der Musikabteilung, Schallplatten, Filmklassiker auf DVD oder die neuesten Brettspiele.

Vielleicht soll es aber gerade eine Ukulele sein, ein Dörrautomat – oder ein Teleskop? Möglich macht das seit vier Jahren die Bibliothek der Dinge. Entwickelt, im Rahmen der Carta Culture for Future, für mehr Nachhaltigkeit in Kultureinrichtungen.

Bibliotheken sind schon lange nachhaltig

Eine Bibliothek sei an sich nachhaltig, meint Marit Kunis: „Leihen statt kaufen. Das machen wir jetzt seit 150 Jahren.“ So lange gibt es die Städtischen Bibliotheken Dresden schon.

Leihen statt kaufen. Das machen wir jetzt seit 150 Jahren.

Marit Kunis, Leiterin der Städtischen Bibliotheken Dresden

Ein Ort für alle Menschen

Wichtig sei, diesen Gedanken weiterzuentwickeln in Richtung Bürgerwissenschaften, sagt Kunis, „wie vermittle ich das Wissen, wie leben wir zusammen?“ In der Dresdner Stadtbibliothek wird dieses Zusammenleben exemplarisch erprobt. Alle Generationen, alle sozialen Schichten haben hier die Möglichkeit, Zeit zu verbringen, ohne zwangsläufig Geld ausgeben zu müssen. „Wir haben auch Menschen hier, die kein Obdach haben oder die einsam sind.“ Die Bibliothek ist für sie ein Ort, an dem sie mit anderen in Kontakt treten können.

„Ich kann jemanden ansprechen, ich kann jemanden nach einem guten Buch fragen. Ich kann auch nur sitzen und beobachten oder aus dem Fenster gucken. Oder mich ans Klavier setzen und Töne hören und spielen,“ fasst es Kunis zusammen. Beim Blick in die belebten Bibliotheksräume, in denen eine freundliche, ruhige Atmosphäre herrscht, wird offensichtlich, wie gut das Konzept funktioniert.

Vielfältiges Angebot auch an der Peripherie

Viele Angebote wären noch zu nennen. Das Netz aus Ehrenamtlichen, die Bücher zu denen nach Hause bringen, die selbst nicht mehr in die Bibliotheken kommen können. Die Ausstellungen, Lesungen, Vorträge oder Spieleabende. Die Ferienkurse für Kinder und Jugendliche im Nähen oder Programmieren oder die Workshops zur Medienkompetenz. Selbst Tüten mit Saatgut für den eigenen Garten kann man hier tauschen.

Das alles gibt es nicht nur in der Zentralbibliothek, auch in den neunzehn Zweigstellen, von Gorbitz bis Langebrück. Denn die Stadtbibliothek möchte für alle da sein, sagt Kunis. Im Idealfall wie ein zweites zu Hause, „was ganz nah ist, wo ich maximal eine Viertelstunde zu Fuß unterwegs bin oder in die Straßenbahn einsteige, zwei Stationen fahre oder mich aufs Fahrrad schwinge“, so Kunis.

Diese kleinen Orte der Zuflucht möchte Kunis mit ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern verteidigen – auch gegenüber den Sparplänen der Stadt. Denn Zugang zu Kultur und Bildung zu ermöglichen, sei nicht nur eine Option, sondern die Pflicht einer Kommune, davon ist sie überzeugt. Die Auszeichnung der Städtischen Bibliotheken Dresden als Deutschlands Bibliothek des Jahres 2025 ist da ein wichtiges Signal.