Das hier ist ein Symbolbild mit unverfänglichen Comics: Doch auch Comics mit rechtsextremen Inhalten werden offensiv verteilt – von der rechtsextremen Szene.
Bild: dpa | picture alliance | Carsten Koall
Comics werden von der extremen Rechten immer öfter als Propagandamittel genutzt. Ein Comiczeichner und ein Bremer Professor erklären, wie die Szene vorgeht.
Rechtsextreme Ideologie verpackt in Bildern: Mit vermeintlich harmlosen Erzählungen und modernen Illustrationen sollen besonders junge Menschen angesprochen werden. Wer hinter diesen Produktionen steckt und welche Themen darin verhandelt werden, beleuchtet Comiczeichner Nils Oskamp am 24. Oktober auf dem Bremer Zine Festival. Wir haben vorab mit ihm und einem Bremer Medienwissenschaftler über Netzwerke, Inhalte und Ziele der rechten Comic-Szene gesprochen.
Wer steckt hinter rechtsextremen Comics?
„Wenn man sich die Szene anschaut fällt einem sofort der Hydra Verlag ins Auge“, sagt Oskamp, der sich gegen sich gegen rechte Strukturen in der Szene einsetzt. „Der Verleger von Hydra Comics war früher bei der JN, also den jungen Nationalsozialisten“, sagt er.
Nils Oskamp ist selbst Comiczeichner.
Bild: Maria Zarada
Neben dem Hydra Verlag gebe es aber noch zahlreiche weitere Quellen für solche Comics, die teilweise Kontakte bis tief in die rechtsextreme Szene haben. Oskamp nennt beispielsweise den Jungeuropa Verlag, der von einem Vertrauten des bekannten Rechtsextremen Götz Kubitschek geleitet wird. Die beiden Verlage teilen sich eine Adresse in Dresden. Auch die Zeichner selbst seien in der rechtsextremen Szene vernetzt: Einer habe beispielsweise auch einen völkischen Comic für den Wahlkampf des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke gezeichnet. Die AfD in Thüringen wird vom Landesverfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft, Höcke selbst war in der Vergangenheit unter anderem durch die Verwendung von NS-Parolen aufgefallen.
Worum geht es in solchen Comics?
Laut Christian Schwarzenegger, Professor für Kommunikations- und Medienwissenschaften an der Uni Bremen, um „Heimatverbundenheit, Geschichtsrevisionismus, Heteronormativität und die Ablehnung von allem, was progressiv ist.“ Heteronormativität bezeichnet die Annahme, dass alle Menschen heterosexuell sind, Frauen also Männer lieben und umgekehrt und das dies „normal“ sei. Schwarzenegger forscht unter anderem zu Medienstrategien der extremen Rechten.
Ein weiteres zentrales Thema sei Maskulinität: „Der Mann wird als gestählter Kämpfer für die Heimat dargestellt. Solche Diskurse findet man auch in der AfD, wenn beispielsweise Maximilian Krah sagt, dass echte Männer rechts seien“, meint der Professor. Ein sehr häufiges Motiv seien auch verzerrte Darstellungen der deutschen Geschichte. Sowohl Schwarzenegger als auch Oskamp nennen als Beispiel Comics über die Bombardierung Dresdens im zweiten Weltkrieg.
Das Bestreben ist es, die deutsche Geschichte von Schuld zu befreien, indem man die zivilen Opfer in den Fokus rückt.
Christian Schwarzenegger, Professor für Kommunikations- und Medienwissenschaften
An wen richten sich die Comics?
„Die Zielgruppe sind Jugendliche“, meint Oskamp. „Man bekommt über die Verlage einen ganzen Jugendbuchkosmos. Es gab 2017 sogar ein Ausmalbuch für kleine Kinder mit Bildern von einer bewachten Grenze und Abweisungen von Geflüchteten.“ Besonders aufmerksam macht Oskamp „Deutsche Geschichte für junge Leser“, erschienen im Verlag der jungen Freiheit. Das Buch sei voller Geschichtsrevisionismus und Holocaustrelativierungen und wende sich klar an ein junges Publikum.
Der Hydra Verlag inszeniert sich laut Schwarzenegger selbst als Widerstandskollektiv gegen einen übermächtigen Mainstream. „Sie stellen sich als die dar, die noch sagen, was sich andere nicht trauen. Für Heranwachsende ist diese Art von Abgrenzung sehr interessant.“ Die Hauptzielgruppe seien speziell junge Männer. „Die Comics geben eine Antwort auf die Frage, was es heißt, ein Mann zu sein. Körperliche Ertüchtigung, Muskelaufbau und männliche Dominanz werden propagiert.“ Die Rolle der Frau sei in diesen Erzählungen auf die häusliche Sphäre reduziert, während der Mann das Leben bestreitet und die Heimat verteidigt.
Wie werden solche Comics vertrieben?
Der Hydra Verlag betreibt einen Onlineversandhandel. Oskamp weist außerdem auf rechte Cartoons hin, die in Zeitungen wie der Jungen Freiheit abgedruckt werden oder Comics, die die AfD im Wahlkampf auf der Straße verteilt.
Im Endeffekt machen die aber keinen Gewinn mit ihren Produkten. Das sind Propagandatools der extremen Rechten, in die die Szene eher Geld investiert als wieder rausbekommt.
Nils Oskamp
Wie haben sich rechtsextreme Comics in den letzten Jahren entwickelt?
Für Schwarzenegger ist schwer festzustellen, ob sich die Zahl der Ausgaben erhöht hat. Gerade die schlechter gemachten Produkte, die einfach verteilt werden, könnten in ihrer reinen Zahl nicht erfasst werden. „Die Comics treten jedenfalls offener auf und die Qualität hat in den letzten Jahren zugenommen. Es sind mittlerweile Hochglanz-Produkte, die nicht sofort als ideologisches Produkt auffallen. Daran kann man zumindest sehen, dass dort mehr Geld bewegt wird.“
Quelle:
buten un binnen.
Dieses Thema im Programm:
buten un binnen, 24. Oktober 2025, 19.30 Uhr


