Russland nutzt offenbar das 1994 in der Ostsee gesunkene Wrack der MS „Estonia“ trotz oder wegen des dort geltenden Tauchverbots als Übungsgelände für Unterwasseroperationen und dem Verdacht nach auch als Versteck für Spionagetechnik. Das ist das Ergebnis einer größeren Recherche von „WDR“, „NDR“ und der „Süddeutschen Zeitung“, die sich auf Erkenntnisse der Nato stützt.
Mehrere Nato-Mitgliedsstaaten hätten Informationen, wonach sich noch vor wenigen Jahren technische Geräte am Wrack der versunkenen Fähre befunden haben. Mit diesen Geräten sei es möglich, Unterwasserdrohnen und Roboter hochpräzise zu navigieren. Westliche Sicherheitskreise vermuten laut den Berichten, russische Militäreinheiten seien dort entsprechend aktiv gewesen.
Abendlage Newsletter
![]()
Die wichtigsten Nachrichten des Tages — abends direkt in Ihr E-Mail-Postfach.
Bei der Nato bestehe zudem der Verdacht, Russland könne eine solche Sperrzone inmitten der Ostsee als Versteck für militärische Sensorik nutzen.
Damit, heißt es, könnten sogenannte Signaturen von Nato-Kriegsschiffen und U-Booten aufgezeichnet werden. Dabei handele es sich etwa um spezifische Schraubengeräusche und andere Merkmale.
Die Position des Wracks, das sich zwischen Schweden, Finnland und dem Baltikum befindet, halten Militärvertreter den Angaben nach wegen der Seewege für ideal, um heimlich solche Informationen zu beschaffen. Russland könne dort ungestört agieren, weil ein Tauchverbot besteht. Am Wrack ließen sich Geräte recht unauffällig anbringen.
Mehr auf Tagesspiegel.de „Dieses Ding ist ein Rätsel“ Video soll Russlands neue mysteriöse Ringflügeldrohne zeigen Wie Berlin auf Moskau schaute Erst in der Katastrophe begann das Umdenken Angst vor Putins „Spionage-App“ Russland will Bürger zu WhatsApp-Alternative zwingen
Die MS „Estonia“ war in der Nacht des 28. September 1994 bei einem Sturm über der Ostsee auf dem Weg von Tallinn nach Stockholm gesunken. 852 Menschen starben. Die genaue Unglücksursache ist bis heute nicht vollends geklärt. Es ist bis heute die schwerste Schiffskatastrophe der europäischen Nachkriegszeit.
Das Wrack, das etwa 35 Kilometer südöstlich der finnischen Insel Utö liegt, gilt offiziell als Grabstätte. Zwischen den Anrainerstaaten Schweden, Estland und Finnland gibt es ein Abkommen, das Tauchgänge rund um die „Estonia“ verbietet, um die Totenruhe nicht zu stören. (Tsp)