Bielefeld – Klare Kante gegen den Kanzler – und das aus der eigenen Regierung!

Rund 4000 Demonstranten haben am Freitagabend in Bielefeld gegen Bundeskanzler Friedrich Merz (69, CDU) protestiert. Unter dem Motto „Wir sind das Stadtbild!“ rief das Bielefelder Bündnis gegen Rechts zu einer Demo auf – aus Protest gegen Merz’ jüngste Aussagen zu Stadtbild und Migrationspolitik.

Für Aufsehen sorgte allerdings eine prominente Teilnehmerin: Wiebke Esdar (41), SPD-Bundestagsabgeordnete aus Bielefeld und Fraktions-Vize der SPD im Bundestag, lief in der ersten Reihe mit. Auf Fotos ist Esdar an der Spitze des Demozuges zu sehen – hinter Bannern mit der Aufschrift „Wir sind das Stadtbild – gegen Spaltung“ und Plakaten mit Slogans wie „Hirn & Herz statt Friedrich Merz“.

Esdar im Protest-Zug hinten links hinter dem roten Banner

Esdar im Protest-Zug hinten links hinter dem roten Banner

Foto: privat

Klaus Rees, Mitglied im Orga-Team des Bielefelder Bündnis gegen Rechts (welches die Demo veranstaltete), zu BILD: ,Ja, Wiebke Esdar ist mitgelaufen, war bei der Demonstration dabei. Sie war als interessierte Bürgerin dabei. Wir haben keine explizit eingeladen, auch keine Politiker. Alle waren eingeladen, zu kommen. Ich freue mich, dass Wiebke dabei war.“

Rees ist sich offenbar der Brisanz von Esdars Auftritt bewusst, sagte, sie sei schon ganz lange aktiv im Bündnis gegen Rechts, habe das Netzwerk mitinitiiert. „Bei dieser Demo hatte sie keine Funktion, hat nicht mitorganisiert.“

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Friedrich Merz hatte vergangene Woche im Zusammenhang mit illegaler Migration erklärt, dass man „im Stadtbild natürlich dieses Problem“ habe, weshalb Innenminister Alexander Dobrindt (55, CSU) verstärkt Rückführungen vorantreibe. Eine Aussage zur Integrations- und Sicherheitsdebatte – die auch bei SPD-Linken und Aktivisten Empörung auslöste.

Das Bündnis gegen Rechts in Bielefeld wertete die Worte des Kanzlers auf seinem Instagram-Account als „menschenfeindlich und diskriminierend“ und rief kurzfristig zur Demonstration auf. In einer Mitteilung heißt es:

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„Unser Stadtbild ist lebendig, weltoffen und vielfältig. Bei uns sind alle Menschen willkommen, die friedlich, respektvoll und gemeinsam unser Gemeinwesen gestalten wollen.“

Mitorganisator Klaus Rees bestätigt gegenüber BILD, dass sich die Demonstration gegen die Aussagen von Bundeskanzler Friedrich Merz gerichtet hat. Rees: ,,Der Herr Bundeskanzler hat uns mit seiner Stadtbild-Diskussion und unzureichender Differenzierung eine gute Vorlage gegeben. Das ist nicht das, was die Zivilgesellschaft in Bielefeld möchte: demokratisch und weltoffen leben.“

SPD-Spitzenfrau gegen den Kanzler

Brisant: Esdar protestiert damit gegen den eigenen Regierungschef – ein ungewöhnlicher Vorgang in einer ohnehin angespannten Koalition. Während Merz auf eine konsequentere Migrationspolitik drängt, stellen sich Teile seiner Koalition demonstrativ dagegen.

Damit droht neuer Stress zwischen den Koalitionspartnern!

Erst in dieser Woche hatten CDU- und SPD-Spitze einen mühsam gezimmerten Burgfrieden in der Sache geschlossen. Nachdem Merz zunächst mit seinem Verweis auf „die Töchter, die wüssten, was er meine“ nachgelegt hatte, war ihn SPD-Chef Klingbeil auf einer Gewerkschaftsveranstaltung angegangen. Er unterstellte dem Kanzler u. a. indirekt Rassismus. Daraufhin hatte sich Merz ausgerechnet bei einem Termin in London erklärt und seine Vorwürfe präzisiert.