Der Doktober ist da und für eine Woche wird Leipzig wieder zum Mekka der Dokumentar- und Animationsfilmwelt. Dabei sah es Anfang des Jahres so aus, als müsse das Festival in diesem Jahr deutliche Einschnitte ins Programm vornehmen. Der sächsische Doppelhaushalt sah eine Kürzung der Mittel um mehr als 20 Prozent vor. Das Festival protestierte und der Sächsische Landtag nahm die Kürzungen schließlich Ende Juni zurück. Doch eine institutionelle Förderung auf dem Niveau von 2024, wie sie jetzt vorgesehen ist, bedeutet immer noch einen tiefen Einschnitt.
Zudem wurden die Fördermittel für Inklusion komplett gestrichen. Mit einem erfolgreichen Crowdfunding können nun immerhin für drei Filme erweiterte Untertitel erstellt werden, so dass auch Hörgeschädigte das Angebot wahrnehmen können. Drei Filme erhalten außerdem Audiodeskriptionen für Blinde und Sehbehinderte, auch durch die finanzielle Unterstützung von Festivalpartnern. Das sind zwar deutlich weniger barrierefreie Filme als in den vergangenen Jahren, aber das Festival kann das Programm immerhin am Leben halten und hoffentlich in den kommenden Jahren mit Drittmitteln wieder ausbauen.
Das Programm der 68. Ausgabe bleibt von den Kürzungen der Fördermittel weitgehend verschont. Neben dem Wettbewerb für Animation und Dokumentarfilm widmet sich die Retrospektive in diesem Jahr kritischen Filmen aus den USA: »Un-American Activities« zeigt Filme, die in Leipzig zu DDR-Zeiten gezeigt, diskutiert und ausgezeichnet wurden. Werke des legendären Filmrebells Emile de Antonio, US-Filme aus den sechziger bis achtziger Jahren und Arbeiten amerikanischer Filmkollektive. In Zusammenarbeit mit dem Luru-Kino in der Spinnerei läuft die Filmreihe bereits vor dem Festival und darüber hinaus.
Auch die Hommage Dokumentarfilm widmet sich einer US-amerikanischen Filmemacherin: Lee Anne Schmitt ist bekannt für ihre 16-mm-Essayfilme. Ihre Themen: Ideologie, historische Brüche in den USA, Macht von Großkonzernen, Umwelt und Gleichberechtigung. Das Festival zeigt vier ihrer Langfilme und vier Kurzfilme. Außerdem wird es eine Meisterklasse zu Lee Anne Schmitts Werken und Wirken geben.
Eröffnet wird das Festival am 27. Oktober wie gewohnt im Cinestar – allerdings nicht im Kino 8, das im Sommer zum IMAX-Saal umgebaut wurde und nur noch die Hälfte der Sitzplätze fasst. Daher wird der Eröffnungsfilm in diesem Jahr parallel in zwei Sälen präsentiert. Gezeigt wird »Writing Life: Annie Ernaux through the Eyes of High School Students« von Claire Simon. In dem Dokumentarfilm beschäftigen sich französische Jugendliche im Schulunterricht mit dem Werk der renommierten Schriftstellerin. Festivalleiter Christoph Terhechte sagt: »Claire Simons Film zeigt auf einfache und dadurch so eindringliche Art, welchen Einfluss Werke der Kultur nicht nur auf die Weiterentwicklung unseres Geistes, sondern auch unseres Wertesystems und unseres politischen Bewusstseins haben können.« Und das schließt das Dok Leipzig ein, denn schon Richard Weizsäcker mahnte: »Kultur ist kein Luxus, den wir uns leisten oder nach Belieben streichen können, sondern der geistige Boden, der unsere innere Überlebensfähigkeit sichert.«
> 68. Internationales Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm: 27.10.–3.11., Cinestar, Luru-Kino in der Spinnerei, Passage-Kinos, Schaubühne Lindenfels u. a., www.dok-leipzig.de
> Rezensionen, Rezensionen, Rezensionen und Einblicke ins Festival liefern unsere Autorinnen und Autoren auf: www.dokblog.kreuzeronline.de