Brauner Nutria sitzt in einer Pfütze.

AUDIO: Invasive Arten in Schleswig-Holstein bedrohen Ökosysteme (1 Min)

Stand: 26.10.2025 06:00 Uhr

Ob Asiatische Hornisse, Waschbär, Nutria oder Marderhund: Invasive Arten fühlen sich in Schleswig-Holstein immer wohler. Doch ihre Ausbreitung gefährdet das Ökosystem und heimische Tierarten – und sogar Deiche.

von Paulina Drabinski

In Elmshorn (Kreis Pinneberg) an der Krückau wird das Problem besonders deutlich: An den Uferböschungen graben Nutrias tiefe Baue, sodass Teile der Deiche instabil werden, so René Hartwig vom Landesjagdverband Schleswig-Holstein. Die Nager fressen zudem große Mengen an Wasser- und Uferpflanzen, wodurch Lebensräume für Fische, Amphibien und andere heimische Arten verloren gehen.

Invasive Tierarten: Zahlen belegen die Ausbreitung

In Schleswig-Holstein breiten sich invasive Tierarten wie Waschbär, Marderhund und Nutria weiter stark aus. Das zeigen aktuelle Zahlen aus dem Jahresbericht zur biologischen Vielfalt des Landes Schleswig-Holstein. Besonders im Süden des Landes, etwa rund um Lübeck oder entlang der Elbe, verzeichnen Jägerinnen und Jäger deutliche Zuwächse.

Laut dem Bericht wurden im vergangenen Jagdjahr fast 12.000 Marderhunde erlegt – so viele wie noch nie. Beim Waschbären lag die Zahl bei knapp 3.000 Tieren, bei der Nutria bei rund 7.300. Damit hat sich die Zahl der erlegten Nutrias innerhalb von zwei Jahren mehr als verdoppelt.

Folgen für Natur und Infrastruktur

Der Landesjagdverband weist darauf hin, dass invasive Arten das ökologische Gleichgewicht verändern. Waschbären und Marderhunde fressen Gelege von Bodenbrütern und Amphibien und können Krankheiten übertragen, die auch für Menschen oder Haustiere relevant sind, darunter Borreliose, Staupe oder Rickettsiose.

Nutria verursachen Schäden an Deichen

Auch die Nutria sorgt für erhebliche ökologische und wirtschaftliche Schäden. Durch das Graben ihrer Baue werden Uferzonen instabil, was in sensiblen Gebieten und an Deichen zu Erosionsschäden führen kann. Dadurch sei auch die Stabilität von Hochwasserschutzanlagen gefährdet – besonders entlang des Nord-Ostsee-Kanals (Kreis Rendsburg-Eckernförde) und der Elbe.

Der NABU Schleswig-Holstein erinnert daran, dass die Tiere ursprünglich vom Menschen eingeschleppt wurden – häufig aus der Pelztierhaltung oder zur Jagd. Sie hätten sich an die hiesigen Lebensbedingungen angepasst und besiedeln nun dauerhaft weite Teile des Landes.

Herausforderungen für Jäger und Naturschutz

Die Bekämpfung der Tiere gestaltet sich aufwendig: Lebendfallen sind kostenintensiv und mit bürokratischem Aufwand verbunden. Der Landesjagdverband fühlt sich vom Land Schleswig-Holstein bei der Bekämpfung im Stich gelassen, fordert zusätzliche Unterstützung für die jagdliche Infrastruktur und gezielte Maßnahmen auf landeseigenen Flächen, darunter Naturschutzgebiete, Landesforsten und Gebiete der Stiftung Naturschutz. Ohne solche Maßnahmen könnten diese Gebiete als Rückzugsräume für invasive Arten dienen.

Ein Wildtierschützer mit einer Lebendfalle.

Bei einer Lebendfalle müssen die Tiere beim Einfangen nicht unnötig leiden.

Das Landwirtschaftsministerium widerspricht der Kritik und betont, die Jägerschaft werde im rechtlich möglichen Umfang unterstützt – etwa durch Beratung und Informationsangebote. Die Jagd sei ein wichtiger Bestandteil im Management invasiver Arten, so das Ministerium. Landesweite Programme zur Bekämpfung invasiver Arten gebe es jedoch nicht. Stattdessen setzen die Behörden auf gezielte Managementmaßnahmen wie Bejagung oder Zäunungen.

Auch der Mensch kann mithelfen

Aber auch das Verhalten der Menschen kann die Ausbreitung invasiver Arten beeinflussen, sagt Carsten Pusch vom Naturschutzbund Schleswig-Holstein. Tiere wie Waschbär und Nutria sollten nicht gefüttert werden, da sie sich dadurch an Menschen gewöhnen. Mülltonnen und Dachböden sollten gesichert, Zugänge wie Lüftungsschlitze und Rollladenkästen verschlossen werden. Sichtungen können dem Wildtier-Kataster Schleswig-Holstein gemeldet werden, um die Ausbreitung besser nachvollziehen zu können.

Eine asiatische Hornisse

Insgesamt sind bereits fünf Nester entdeckt worden. Die Tiere sind eine Gefahr für Honigbienen.

Brauner Nutria sitzt in einer Pfütze.

Die Kreisjägerschaft Pinneberg will die Nagetiere konsequenter bejagen. Naturschützer fordern individuelle Maßnahmen.

Ein Nutria sitzt auf einer Wiese

Die Jäger dürfen die sogenannten Nutrias inzwischen ganzjährig jagen. An der Westküste sind die Tiere auf dem Vormarsch.

Ein Waschbär blickt in die Kamera

Auch andere invasive Tierarten werden mehr. Der Artenschutzbericht für 2024 attestiert sonst einen guten Fortschritt im Land.