Einen Tag nach der Bekanntgabe durch die
RSF-Miliz hat auch Sudans Militärherrscher Fattah al-Burhan den Rückzug
der Armee aus Al-Faschir bestätigt. „Wir haben den Abzug der Armee aus
Al-Faschir an einen sicheren Ort vereinbart“, sagte der
De-facto-Herrscher des Landes in einer Rede, die im sudanesischen Fernsehen
übertragen wurde. Die Armee werde „Rache nehmen“ und kämpfen,
„bis dieses Land gereinigt ist“, sagte Al-Burhan.

Am Sonntag hatte die mit Al-Burhan verfeindete
RSF-Miliz die Einnahme von Al-Faschir verkündet. Seit mehr als einem Jahr belagert die Miliz die Stadt bereits. Rund 260.000
Zivilistinnen und Zivilisten saßen in dieser Zeit ohne Zugang zu humanitärer Hilfe fest, die Hälfte von ihnen sind Kinder. Ein örtliches Widerstandskomitee teilte mit, RSF-Kämpfer
hätten bei ihrem Einmarsch zahlreiche Gräueltaten begangen. Seit Sonntag
hätten unschuldige Zivilisten „die schlimmsten Formen von Gewalt und
ethnischer Säuberung“ erlitten, hieß es weiter. UN-Generalsekretär
António Guterres sprach von einer „schrecklichen Eskalation des
Konflikts“ im Sudan.

Dauerhafte Spaltung des Sudans befürchtet

Der Konflikt war im April 2023 ausgebrochen. Seither kämpft die Armee von Militärherrscher Al-Burhan gegen die RSF-Miliz
seines früheren Stellvertreters Mohamed Hamdan Daglo. Während der Kämpfe sind seit April 2023 Zehntausende Menschen getötet worden, etwa zwölf
Millionen Menschen mussten aus ihren Heimatregionen in andere
Landesteile fliehen. In dem Land herrscht nach Einschätzung der UNO die
schwerste humanitäre Krise der Welt.

© Lea Dohle

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RSF-Kämpfer feierten ihren Vormarsch in einem
eroberten Militärstützpunkt an einem Flugfeld in Al-Faschir, wie in
mehreren Videos zu sehen war, die Sonntag online gestellt wurden.
In einem der Videos war der stellvertretende RSF-Anführer Abdulrahim
Dagalo zu sehen, der seine Leute aufforderte, nicht zu plündern und
Zivilisten in Ruhe zu lassen. Ein anderes Video zeigte aber RSF-Kämpfer,
die auf fliehende Menschen schossen und auf diese einprügelten. Einige
der Einwohner wurden rassistisch beschimpft. Die RSF-Miliz war aus der
arabischen Dschandschawid-Miliz entstanden, die schon während des
Konflikts in Darfur in den 2000er Jahren Gräueltaten gegen die
Bevölkerung verübt hatte.

Experten sehen Wendepunkt im Krieg

Al-Faschir war die letzte größere Stadt
in der Region Darfur, die sich nicht unter der Kontrolle der RSF-Miliz
befand. Expertinnen fürchten, nun sei ein Wendepunkt in dem Bürgerkrieg erreicht. Mit der Einnahme der
Stadt drohten schwere Gewalttaten, Tötungen, Folter und
Vergewaltigungen sowie ethnische Säuberungen wie in den zuvor
eingenommenen Teilen Darfurs. Die Miliz ist aus arabischen Reitermilizen hervorgegangen, denen, damals gemeinsam mit der sudanesischen Armee, ein Genozid an der
ethnisch-afrikanischen Bevölkerung in Darfur mit bis zu 300.000 Toten
vorgeworfen wird.

Laut der Hilfsorganisationen International
Rescue Committee (IRC) und Ärzte ohne Grenzen (MSF) sind in den letzten
Wochen Tausende Menschen aus Al-Faschir in die etwa 80 Kilometer
entfernte Ortschaft Tawila geflohen. Diese hätten sich den rund 400.000
Vertriebenen angeschlossen, die bereits dort leben. Die hohe Zahl an
Hilfsbedürftigen belaste die ohnehin begrenzten Ressourcen und
Dienstleistungen enorm. Angesichts der eskalierenden Kämpfe rufen UN,
IRC und MSF eindringlich zum Schutz der Zivilbevölkerung auf.

Größte humanitäre Krise weltweit

Während die Armee zwischenzeitlich die
Hauptstadt Khartum zurückerobern konnte, haben die RSF ihre Kontrolle
über die Region Darfur an der Grenze zum Tschad verfestigt. Die Paramilitärs haben dort
eine Parallelregierung eingerichtet, und auch ihre Führungsriege
um Dagalo soll sich dort aufhalten. Die
sudanesische Armee wirft den Vereinigten Arabischen Emiraten
vor, die RSF militärisch zu unterstützen, was diese bestreiten.
UN-Generalsekretär Guterres warnte, die ausländische
Einmischung und Waffenlieferungen untergrüben die Chancen auf
eine politische Lösung des Konflikts.

Belastbare Opferzahlen gibt es nicht. Nach
einer von den USA zitierten Schätzung könnten bis zu 150.000 Menschen
ums Leben gekommen sein. Mehr als zwölf Millionen Menschen
sind auf der Flucht. Mehr als 26 Millionen Menschen, etwa die Hälfte der
Bevölkerung, sind von Hunger bedroht.

Sudan

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