
Am Montag hat die Terrororganisation Hamas weitere sterbliche Überreste eines Mannes an das Rote Kreuz übergeben. Nun stellte sich heraus: Die Leiche des Getöteten war bereits in Israel beigesetzt worden.
Die Übergabe sterblicher Überreste einer Hamas-Geisel sorgt in Israel für Entsetzen. Die Terrororganisation hatte am Montag den Sarg mit den sterblichen Überresten eines jungen Mannes an das Rote Kreuz im Gazastreifen überstellt. Daraufhin war auf israelischer Seite zunächst der Eindruck entstanden, damit sei gemäß der Waffenruhevereinbarung die 16. getötete Geisel übergeben worden. Allerdings stellte sich kurz danach heraus, dass dies keineswegs der Fall war.
Wie das Büro von Regierungschef Benjamin Netanjahu mitteilte, handelte es sich um die sterblichen Überreste eines Israelis, dessen Leiche schon beigesetzt wurde. Dieser Vorgang sei ein „eindeutiger Verstoß“ gegen die getroffene Vereinbarung. Die Regierung werde sich mit den Spitzen der Sicherheitsbehörden treffen, „um Israels Schritte als Reaktion auf die Verstöße zu besprechen“, hieß es weiter.
Familie: Abscheuliche Manipulation
Zuvor hatten israelische Medien gemeldet, dass es sich bei der am Montagabend übergebenen Leiche nicht um eine neue, noch vermisste Geisel handelt. Die sterblichen Überreste, die die Hamas am Montag ausgehändigt hatte, gehören israelischen Angaben zufolge Ofir Tzarfati. Am 7. Oktober 2023 war der damals 27-Jährige vom Nova-Festival verschleppt und später für tot erklärt worden. Teile seines Leichnams wurden im Herbst 2023 von der israelischen Armee im Gazastreifen geborgen und nach Israel gebracht.
Seine Familie bestätigte laut dem Forum der Geisel-Angehörigen zwar die jüngste Überführung sterblicher Überreste. Den Angaben zufolge waren bereits im März 2024 weitere sterbliche Überreste des Mannes nach Israel überführt worden. „Dies ist das dritte Mal, dass wir gezwungen wurden, Ofirs Grab zu öffnen“, teilte seine Familie mit. Sie sprach von einer „abscheulichen Manipulation, die das Abkommen sabotieren und die Bemühungen, alle Geiseln nach Hause zu bringen, zunichtemachen sollte“. Die Familie lebe mit einer Wunde, die sich immer wieder öffne.
Netanjahu spricht von „eindeutigen Verstoß“
Das Forum der Geisel-Familien forderte ein sofortiges Treffen mit Premier Benjamin Netanjahu. Angesichts des schweren Verstoßes der Hamas gegen die Vereinbarung gestern Abend dürfe die israelische Regierung dies nicht ignorieren und muss entschlossen gegen diese Verstöße vorgehen“, erklärte das Forum.
Wie die Nachrichtenseite ynet und die Times of Israel berichteten, erwägt Israel, seine im Gazastreifen kontrollierten Gebiete auszuweiten. Laut dem israelischen Sender Kan werden mögliche Maßnahmen aber nur in Abstimmung mit den USA unternommen. Demnach ist auch im Gespräch, die humanitäre Hilfe für die Bevölkerung im Gazastreifen zu verringern.
Finanzminister droht mit Festnahmen
Im Rahmen einer ersten Phase des von den USA vorangetriebenen Friedensplans hätten die Islamisten bereits vor zwei Wochen neben den letzten 20 überlebenden Geiseln auch alle 28 toten Geiseln an Israel übergeben müssen. Noch immer sind jedoch 13 tote Geiseln im Gazastreifen, darunter auch der Deutsch-Israeli Itay Chen. US-Präsident Donald Trump hatte am Samstag den Druck auf die Hamas erhöht, die verbleibenden toten Geiseln schnell zu übergeben.
Israel musste gemäß der Vereinbarung im Gegenzug rund 250 zu teils lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilte Häftlinge freilassen, darunter wegen Mordes und Beteiligung an Terroranschlägen Verurteilte. Palästinensischen Angaben zufolge kamen 88 von ihnen zurück ins Westjordanland. Israel musste zudem 1.700 im Gazastreifen festgenommene Palästinenser freilassen.
Der rechtsextreme israelische Finanzminister Bezalel Smotrich kündigte an, Netanjahu auffordern zu wollen, alle bislang im Rahmen des Deals freigelassenen und ins Westjordanland gebrachten palästinensischen Häftlinge wieder festnehmen zu lassen.
Hamas übergab bereits falsche Leichen
Die Hamas gibt an, dass es für sie schwierig sei, die Toten zu finden, weil sie unter den Trümmern bombardierter Gebäude und Tunnel verschüttet seien. Eine Sprecherin der israelischen Regierung warf den Islamisten vor, zu lügen. Israel wisse, dass die Hamas die sterblichen Überreste finden könne.
Die Hamas hatte bereits in der Vergangenheit anstelle von sterblichen Überresten der aus Israel Entführten palästinensische Leichen übergeben. Ob wissentlich oder versehentlich ist unklar. Vor zwei Wochen übergab sie zuletzt statt einer Geisel eine palästinensische Leiche.
Im Februar hatte die Terrororganisation im Rahmen eines Waffenruhe-Abkommens anstelle der Leiche der Geisel Schiri Bibas, die auch deutsche Staatsbürgerin war, den Leichnam einer Palästinenserin übergeben. Die Terrororganisation räumte später einen möglichen Irrtum ein und übergab schließlich die richtige Leiche.