Andere sind bei „Germany’s Next Topmodel“ viel weiter gekommen, aber Felix Flad bleibt auch lange nach der Show im Kopf. Was macht er heute und wie schaut er auf das TV-Format?

Ein trüber Montagmittag im Stuttgarter Westen. Felix Flads pinke Haare und Bart wirken wie ein Leuchtsignal im Alltagsgrau. Auch für einen kleinen Jungen, vier oder fünf Jahre alt, der begeistert an die Scheibe des Café Netzer klopft und Felix fröhlich zuwinkt. Gefragt, ob ihm das öfter passiere, antwortet der 28-Jährige: „Ich werde schon oft angesprochen. Ich bin ja auch schwer zu verwechseln.“

Felix Flad fällt auf. Und bleibt im Kopf: Andere Kandidaten des Männerwettbewerbs von Heidi Klums „Germany’s Next Topmodel“ (GNTM), die viel länger an dem TV-Format teilnahmen als der Stuttgarter, hat man längst vergessen, aber Felix’ spezieller Look – pinker Bart, pinke Haare, 1,92 Meter groß – sorgt zuverlässig dafür, dass der Stuttgarter auch Monate später noch auf Schritt und Tritt erkannt wird.

Bei GNTM wurden Felix Flads Haare und der Bart braun. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Aufgewachsen ist Felix Flad in Pliezhausen bei Tübingen. Dort ging er zur Schule und machte Abitur, als er seine Ausbildung zum Mediengestalter anfing, zog er in die Landeshauptstadt. Sieben Jahre wohnte er in Botnang, vor kurzem ist er in den Stuttgarter Osten gezogen. Der 28-Jährige arbeitet als VFX Artist, das heißt, er setzt visuelle Effekte für Filme und Serien um. Baden-Württemberg und gerade Stuttgart hat sich in den letzten Jahren zum Standort vieler VFX- und Animationsstudios entwickelt. „Wir machen Explosionen, Monster und alles mögliche für verschiedene Serien und Filme“, erklärt er. Die visuellen Effekte, die bei Accenture Song VFX im Stuttgarter Westen entstehen, sind zum Beispiel in der Netflix-Serie „Stranger Things“ zu sehen, aber auch in „Star Trek: Discovery“ oder der DC-Comicverfilmung „Watchmen“. Vor kurzem bekam das Studio einen Emmy für seine Arbeit an der Miniserie „The Penguin“.

Freunde drängten Felix, zum GNTM-Casting zu gehen

Wenn man einen solchen Traumjob hat, auf den so viele junge Kreative vergeblich hinarbeiten, warum bewirbt man sich dann bei GNTM? „Meine Freunde wollten mich unbedingt anmelden“, sagt der junge Mann. „Ich war erst skeptisch und unsicher, ob ich mich so in die Öffentlichkeit begeben will.“ Doch schließlich entschloss er sich, zum Casting zu gehen.

Dort punktete der Stuttgarter mit seinem ungewöhnlichen Look. Felix experimentierte schon immer gerne mit verschiedenen Haarfarben. Seine Haare waren erst blau, bevor er vor drei Jahren auf Pink umswitchte. „Pink macht mich glücklich.“ Auch Heidi Klum war von der expressiven Farbe angetan: „Ich liebe die pinken Haare“, sagte sie, als Felix in einer Gruppe junger Männer über den Laufsteg lief.

Wenn er zurückschaut, empfindet Felix Flad seine Zeit bei Heidi Klums Modelshow als „sehr positiv und angenehm“. Dass Krawall, Krach und Zickereien, sollte es einmal zu wenig davon geben, von den GNTM-Machern auch gerne inszeniert werden, wie der Show von ehemaligen Teilnehmerinnen vorgeworfen wurde, hat er selbst nicht erfahren. „Natürlich kann man Pech haben und durch den Schnitt in eine gewisse Rolle gedrängt werden – aber die Macher haben auch nur einen gewissen Spielraum. Sie können nur mit dem arbeiten, was man ihnen gibt.“ Er habe die Erfahrung gemacht, dass man als Kandidat „schon mit steuern kann, wie man gezeigt wird.“ Bestimmt habe es sich auch positiv ausgewirkt, dass er als 27-Jähriger mehr Selbstbewusstsein und Lebenserfahrung mitbrachte als ganz junge Teilnehmerinnen und Teilnehmer. „Ich mag Extremerfahrungen. Schlafmangel, Stress, krasse Fotoshootings – das alles hätte ich eher spannend gefunden. Aber so war es gar nicht. Die Atmosphäre war deutlich entspannter, als ich es mir vorgestellt hatte.“ Kein Vergleich zu einem Survival-Urlaub in Panama, den Felix Flad auch schon gemacht hat.

„Wie ist Heidi Klum?“

Die Frage, die ihm danach alle stellten – „Wie ist Heidi Klum?“ –, kann Felix Flad nie so beantworten, dass das Gegenüber zufrieden wäre. „Ich muss immer sagen: Ich kenne von ihr auch nicht mehr, als man im Fernsehen sieht. Alle Interaktionen, die ich mit ihr hatte, hat man auch in der Sendung gesehen.“

Beim Umstyling, für viele die Lieblingsfolge der kompletten Show, verschwand Felix’ Markenzeichen, Haare und Bart wurden braun. Am Ende wurde dem Stuttgarter ein missglückter Gang über den Catwalk zum Verhängnis, nach Folge vier war Schluss. „Das konnte ich gut nachvollziehen, mein Lauf war nicht gut und deshalb hat sich die Entscheidung für mich fair angefühlt.“ Zurück in Stuttgart ist er nicht sofort in die Drogerie gegangen, um sich pinke Tönung zu besorgen. „Ich habe die Haare und den Bart eine Zeitlang braun gelassen. Das war wie inkognito unterwegs zu sein, viele haben mich gar nicht erkannt.“

Mit Modeln hat er jetzt kaum noch was am Hut, „aber das war auch nie das Ziel“. Ein, zwei Mal hätten ihn Fotografen für Probeshootings angefragt, „das nehme ich gern mit, aber damit ist es auch gut“.

Felix Flad springt mit dem Fallschirm aus Flugzeugen

Wichtiger ist dem 28-Jährigen seine Kunst. Seine bunten, knalligen Acrylbilder beschreibt Felix selbst als „geometrisch/psychedelisch“. Im Café Tulip am Wartberg hingen bis vor Kurzem seine Werke. Außerdem hat er ein Hobby, das bei vielen kalten Angstschweiß auslösen würde: Fallschirmspringen. An den Wochenenden springt er in Dropzones bei Calw, Boxberg oder Osterburken aus Flugzeugen. „Am Anfang sitzt du im Flugzeug und willst dich am liebsten übergeben. Aber wenn du dich überwunden hast, ist da pure Euphorie“, erklärt Felix den Reiz. „Ich versuche, möglichst viele Erfahrungen im Leben mitzunehmen – das ist eine davon.“

Auf Instagram veröffentlichte der 28-Jährige kürzlich negative Kommentare, die ihn auf TikTok erreichen. „Da sieht man, wie negatives Engagement funktioniert.“ Ganz anders seien nämlich die Erfahrungen im echten Leben. „Die Begegnungen sind zu 99 Prozent positiv. Meistens hat man ein nettes Gespräch, manche möchten ein Selfie. Das kommt schon so ein, zwei Mal am Tag vor.“ Nur einmal wurde ihm das bisher zu viel, im Sommer auf dem Southside Festival, „da wollten so viele Leute Fotos machen.“ Ein bisschen sei das, wie zu viel Kuchen essen: „Ein einzelnes Stück ist lecker, zu viel tut einem nicht gut.“