Zuletzt war es eher ruhig gewesen in der Berliner Spar- und Kulturpolitik. Aber das heißt nicht, dass sich die Probleme in Luft aufgelöst hätten. Im Gegenteil: Brandbriefe flattern herein. Jetzt wird es ernst. Bühnen fürchten um ihre Existenz, quer durch die Szene. Bis zur endgültigen Verabschiedung des Haushalts im Dezember wird es noch heftige Diskussionen geben. Denn es geht vielerorts um die Existenz.

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Da wäre das RambaZamba Theater. Die Bühne ist unterfinanziert und kämpft mit massiven Kostensteigerungen, wie so viele Betriebe. Sein Leiter Jacob Höhne schreibt: „Was auf dem Spiel steht, ist nicht nur eine einzelne Spielzeit, sondern das Fortbestehen eines einzigartigen, inklusiven Theatermodells.“ Im RambaZamba spielen Menschen mit Behinderung, seit über dreißig Jahren. Die gesamte Berliner Theaterszene setzt sich für dieses vorbildhafte Theater ein.

280.000 Euro weniger in 2027

Da wäre das Renaissance Theater. Herrliches Schmuckstück im Westen der Stadt mit großer Tradition, hundert Jahre alt. Intendant Guntbert Warns hat den Neustart geschafft, es wäre erschreckend, wenn in dieser herausgehobenen Charlottenburger Location die Lichter ausgingen. Auch Warns schlägt Alarm. Und das tut man nicht leichtfertig. Dem Renaissance Theater sollen rund 280.000 Euro gestrichen werden. Das betrifft das Jahr 2027. Der künstlerische Etat wäre damit halbiert. Weniger Neuproduktionen bedeuten weniger Einnahmen. Und ein schleichendes Ende.

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Auch das Gefängnistheater Aufbruch fürchtet um seinen Bestand: nur drei Beispiele von vielen. Sie sind signifikant. Das RambaZamba Theater ist in der Kulturbrauerei zu Hause, das Renaissance Theater in der Knesebeckstraße. Schon die Adressen verweisen auf die Vielfalt dieser Stadt. Beide Bühnen verbindet bei aller Unterschiedlichkeit eine besondere Nähe zum Publikum. Und Unterhaltung mit künstlerischer Qualität. Sie sind großstädtisch und Orte mit hoher Identifikation.

Ganz klar: Eine Metropole wie Berlin braucht kulturelle Leuchttürme. Doch stehen sie nicht allein in der Landschaft. Berlins Kultur, ob West oder Ost, hat sich stets durch Breite und Diversität ausgezeichnet. Dafür braucht es diese Bühnen. Sie brauchen Hilfe. Sie werden als Privattheater geführt – doch sie spielen eine bedeutende öffentliche Rolle.

Rüdiger Schaper Rüdiger Schaper schreibt seit 1999 für den Tagesspiegel. Er war siebzehn Jahre Ressortleiter Kultur und arbeitet jetzt als Kulturpolitischer Korrespondent.