Verschiedene Akteure in der Hansestadt bekräftigen, die notwendigen Strukturen für die Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff aufzubauen. International allerdings kommt die Schaffung eines Wasserstoffmarktes nicht schnell genug voran.
Nach dem Volksentscheid zur „Klimaneutralität“ bis zum Jahr 2040 will Hamburg seine Anstrengungen zum Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft verstärken. Das betonten die Teilnehmer eines Fachgespräches am Standort des früheren Vattenfall-Kohlekraftwerks Moorburg. Dort wollen die Hamburger Energiewerke eine industrielle Wasserstoff-Elektrolyse mit zunächst 100 Megawatt Leistung aufbauen, die in den Folgejahren auf bis zu 800 Megawatt erweitert werden könnte. Mit 100 Megawatt Leistung können die Hamburger Energiewerke etwa 10.000 Tonnen Wasserstoff im Jahr erzeugen, der größte Teil davon wird voraussichtlich in der Fernwärmeversorgung des Unternehmens verwendet werden.
„Die Hamburger Wasserstoffstrategie ist ein großes Vorbild für die gesamte Bundesrepublik Deutschland“, sagte Heiko Reese, Mitglied des Vorstands der Gewerkschaft IG Metall. „Hier können Akteure sehen und erleben, wie Wasserstoff als Teil der Lösung der industriellen Transformation genutzt wird.“
Hamburgs Wirtschaftssenatorin und SPD-Landeschefin Melanie Leonhard sagte, Hamburg habe „alles, was einen guten Wasserstoffstandort auszeichnet“: Hafen, Flughafen, Energiewerke und Energienetze in städtischer Hand, „eine progressiv ausgerichtete Grundstoffindustrie und entsprechende Unterstützung aus der Bevölkerung“.
Derzeit baut das Unternehmen Hamburger Energienetze im und am Hafen ein eigenes Wasserstoffnetz auf, das mit dem künftigen deutschen „Wasserstoff-Kernnetz“ verbunden wird. Hamburgs Wirtschaft soll Wasserstoff selbst erzeugen und nutzen, künftig über den größten deutschen Seehafen aber vor allem auch große Mengen davon importieren. Dabei geht es vor allem um „grünen“ Wasserstoff, der per Elektrolyse mithilfe von Ökostrom erzeugt wird. Das kann in Deutschland selbst geschehen, an Land oder auch in Offshore-Windparks auf der Nordsee.
Die größten Mengen an „grünem“ Wasserstoff werden künftig allerdings aus Wind- und sonnenreichen Staaten und Regionen wie etwa aus Saudi-Arabien, Australien, Nordafrika oder Kanada kommen. Unter anderem arbeiten Hamburger Unternehmen wie MB Energy daran, solchen Wasserstoff – auch gebunden in Form von Ammoniak – in relevanten Mengen zu importieren.
Der Bundesrechnungshof indes stellte dieser Tage fest, dass die bisherigen Bemühungen des Bundes für den internationalen Einkauf von „grünem“ Wasserstoff nicht ausreichen, um die Ziele der nationalen Wasserstoffstrategie zu erreichen. Bislang ist am Weltmarkt kaum grüner Wasserstoff verfügbar. Eine Reihe von Unternehmen wie etwa der weltgrößte Stahlkonzern ArcelorMittal haben deshalb Projekte aufgegeben oder zurückgestellt, Wasserstoff in ihren Herstellungsprozessen einzusetzen. Betroffen davon sind auch Standorte von Stahlwerken in Hamburg und in Bremen. Auch der weltweit führende Flugzeugbau-Konzern Airbus nennt inzwischen kein Zieldatum mehr für die Markteinführung von Flugzeugen mit Wasserstoffantrieb. Airbus betreibt in Hamburg die weltweit drittgrößte Werft für den Bau von Passagierflugzeugen.
Olaf Preuß ist Wirtschaftsreporter von WELT und WELT AM SONNTAG für Hamburg und Norddeutschland. Er berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten über die deutsche und internationale Energiewirtschaft.